Aus dem Synodenbeitrag des Lebensrealität-Dogmatikers Bode sticht das
Zitat
Können wir junge Paare, die - nicht nur in Deutschland - in aller Regel zunächst in einer nicht ehelichen Gemeinschaft zusammenleben, wirklich für die Ehe gewinnen, wenn wir ihnen als Erstes vorhalten: Ihr lebt in schwerer Sünde?
hervor.
Man kann fragen, von welcher Lebensrealität Bode da ausgeht, denn möglicherweise ist das Erste, das man Menschen, die man für eine an der Beziehung zu Gott orientierten Lebensweise gewinnen will, eher die Liebe Gottes und die Gottesebenbildlichkeit des Menschen, d.h. die durch den Heiligen Geist vermittelte Gnade, wie Gott selbstlos lieben zu können, vermittelt.
Aber Schwamm drüber; nehmen wir die Frage des Bischofs einmal an und betrachten, ob man als Erstes die Realität der Sünde ansprechen darf. Da helfen uns möglicherweise die jeweils Ersten Worte, die in Evangelien von Jesus überliefert sind.
Matthäus: Johannes der Täufer predigte mit harschen Worten, die Bischof Bode möglicherweise stark abstoßen würden, zum
Beispiel
Ihr Schlangenbrut, wer hat euch denn gelehrt, dass ihr dem kommenden Gericht entrinnen könnt?
und bietet den Sündern als Heilmittel die Taufe der Umkehr an.
Was tut nun Jesus angesichts der Realität der Sünde? Leugnet oder verschweigt er sie, so dass Bode sich auf Jesu Beispiel berufen könnte? Ganz im Gegenteil, er nimmt die Wirklichkeit der Sünde soweit an, dass er selbst die Taufe begehrt, ob er gleich ohne Sünde war. Johannes wäre da eher auf Bodes Seite, denn er will Jesus mangels erkannter Umkehrnotwendigkeit die Taufe verweigern. Und was
antwortet der Herr?
Lass es nur zu! Denn nur so können wir die Gerechtigkeit ganz erfüllen.
Lass, Bischof Bode, den Ruf zur Umkehr zu!
Markus: Der Klassiker, schlicht und einfach das ganze Evangelium und die notwendige Folge für den Einzelnen daraus in einen
Satz gepackt:
Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium!
Das Evangelium: Das Reich Gottes ist nahe, mit dem
Hintergedanken:
Dieses Gebot, auf das ich dich heute verpflichte, geht nicht über deine Kraft und ist nicht fern von dir.
Es ist nicht im Himmel, sodass du sagen müsstest: Wer steigt für uns in den Himmel hinauf, holt es herunter und verkündet es uns, damit wir es halten können?
Es ist auch nicht jenseits des Meeres, sodass du sagen müsstest: Wer fährt für uns über das Meer, holt es herüber und verkündet es uns, damit wir es halten können?
Nein, das Wort ist ganz nah bei dir, es ist in deinem Mund und in deinem Herzen, du kannst es halten.
Die Konsequenz: Kehrt um, besinnt euch, kommt zur Vernunft, tut Buße, leistet Genugtuung für den Schaden, den ihr mit eurem verkorksten Lebenswandel angerichtet habt
Soll man also, wie Bode fragt, Sünder als Erstes zur Umkehr rufen? Jesus zumindest hat’s so gemacht.
Lukas: Bei der Rückkehr von der Pilgerreise nach Jerusalem suchten seine Eltern den verschwundenen zwölfjährigen Jesus „bei Verwandten und Bekannten“ – man möchte sagen: in der Lebensrealität ihrer Zeit. Gefunden haben sie ihn dort aber nicht. Denn Jesus, möchte man Herrn Bode zurufen, Jesus lässt sich finden, wo man es spontan erwarten kann, oder in des Herren eigenen
Worten:
Warum habt ihr mich [in eurer Lebensrealität] gesucht? Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meinem Vater gehört?
Johannes: Schlägt im Prinzip in die gleiche Kerbe: sucht Jesus und findet ihn, wo er ist,
nämlich:
Was wollt ihr? Sie [die Jünger des Johannes, die auf Jesus als das Lamm Gottes hingewiesen wurden] sagten zu ihm: Rabbi - das heißt übersetzt: Meister -, wo wohnst du?
Er antwortete: Kommt und seht!
Nicht zufällig fügt die Heilige Mutter Kirche an dem Ort, wo Jesus wirklich zu finden ist, zwischen dem „Seht das Lamm Gottes, das hinwegnimmt die Sünde der Welt“ und dem „Kommt und seht, wie gut der Herr ist“ das „Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach, aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund“ ein: die Erkenntnis der eigenen Erlösungsbedürftigkeit (also Sündhaftigkeit) ist der erste Schritt zur Umkehr, der uns für die Gnade Gottes öffnet.
Sollen wir also, wie Bode fragt, jungen Paaren „als Erstes vorhalten: Ihr lebt in schwerer Sünde“? Ja aber sicher, weil wir mit Größe der eigenen Sünde auch die Übergröße der Gnade Gottes erkennen, und gerade die Barmherzigkeit ist es doch, zu der gute Hirten die ihnen anvertraute Herde führen sollen.