Fast scheint, was Johannes Kardinal Bona lediglich informationshalber in seinen Rerum liturgicarum duo libri am Ende des fünften Kapitels mitteilte, dem konzilsgeschädigten Deutschkirchler eine warnende Prophezeiung und prophetische Warnung zu sein:
Die Wechselhaftigkeit der menschlichen Angelegenheit bringt es mit sich, dass die Volkssprachen Veränderungen unterworfen sind, entweder weil sie durch den Umgang mit anderen Nationen verdorben werden, oder weil Provinzen in die Oberherrschaft von Ausländern übergehen, welche dort ihre eigenen Gesetze, Sitten und Sprache einführen.
Die alte Sprache der Gallier, welche sie zu benutzen pflegten, bevor jenes Reich als Provinz von den Römern eingezogen wurde, ist gänzlich vernichtet. So gaben auch die Spanier ihre eigene Redeweise auf, als sie der Herrschaft der Römer unterworfen wurden. Dass die alten Franken, die ein Königreich in Gallien errichteten, die germanische Sprache sprachen, zeigt Beatus Rhenanus im zweiten Buch über Germanische Angelegenheiten anhand einer sehr alten Evangeliumshandschrift, welche er, wie er sagt, in Freisingen gesehen hatte; sie war ins Fränkische übersetzt, was dasselbe war wie Deutsch. Die von den Römern unterworfenen nördlichen Regionen lernten auch, Latein zu sprechen; solange bis selbst die lateinische Sprache unterging und aus ihrer Verderbtheit in Italien, Gallien und Spanien die heutigen Volkssprachen entstanden sind.
Dass aber die Religion gegen derartige Veränderungen unerschütterlich bleibe, hat die Rechtgläubige Kirche immer und überall das alte Idiom im Gottesdienst beibehalten, weil Würde und Erhabenheit der heiligen Angelegenheiten es verlangte, dass nichts an ihnen verändert wird, und nichts Irriges oder Unreines in sie einschleiche: was sich leicht ereignet, wenn sie aus der alten Sprache, welche von den Aposteln und apostolischen Vätern überliefert wurde, in eine andere zeitgenössische oder von der ursprünglichen verschiedene übersetzt würde.
Denn wenn die griechische und lateinische Sprache früher nicht bewahrt worden wären, und bis zu uns lebendig erhalten wegen der Notwendigkeit ihres Gebrauchs in den heiligen Verrichtungen, wären uns die Beschlüsse der alten Konzilien, die Verordnungen der alten Päpste, und die gelehrten Schriften der heiligen Väter und anderer, die in Griechisch oder Latein aufgezeichnet sind, schon unnütz geworden, weil wir sie weder lesen noch verstehen könnten, wie wir auch nicht die altertümlichen spanischen Schriftzeichen, die auf Münzen erhalten sind, entziffern oder wissen, was Poenulus zu Plautus sagte, weil die punische Sprache, die sie sprachen, inzwischen unterging. […]
Weil also die Erfahrung lehrte, dass die Volkssprachen sich fast jedes einzelne Jahrhundert verändern, würde, wenn die Messe in lebendigen Sprachen gefeiert würde, sie denselben Veränderungen unterworfen sein, nicht ohne schweren Schaden für die geschuldete Verehrung und mit offensichtlicher Gefahr der Entstellung. […]
Weshalb sehr weise von der Kirche festgelegt wurde, dass in der Sprache, in der die Messe zuerst eingerichtet wurde, sie immer gefeiert werde, wenn sie auch dem Volk unbekannt sei.
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