Und in einer gründlichen Untersuchung verwirft er zunächst allerhand gängige Herleitungen:
- Dass der Name von hebräischen Wort Missah, das in Dtn 16,10 im Zusammenhang mit einem Opfer gebraucht wird, stamme. Dort heißt es: „Und mache das Fest der Wochen für den Herrn, deinen Gott, je nach Freigebigkeit deiner Hand, die gibt, je nachdem wie der Herr dein Gott dich segnet.“ Das Missah („je nach“) würde dann aber (wenn der Name des unblutigen Opfers so alt und hebräisch wäre), argumentiert Bona, doch wohl auch von den Griechen und Syrern, welche die anderen hebräischen Wörter (Amen, Halleluja, Sabaoth, Hosanna, Satan, Sabbat, Pascha …) beibehalten, gebraucht werden, was nicht der Fall ist.
- Andere vermuten einen Ursprung im griechichen Myesis (das Einweihen in die Mysterien), welches nachklassisch Myisis gesprochen wurde, aus welchem unter Anpassung der Wortendung an die lateinischen Gewohnheiten das „Missa“ entstanden sein soll. Dies hält Bona für einen seiner gelehrten Kollegen unwürdigen Schnellschuss. Wenn dem so wäre, müsste das Wort doch im Griechisch-Barbarisch-Wörterbuch des Jan van Meurs erwähnt sein, was nicht der Fall ist.
- Ein Autor will Missa vom „Messe“ [Warenschau] der nordischen Völker ableiten, weil sich in beiden Fällen viele Menschen versammeln. Es verhält sich aber genau andersrum [wie im nächsten Kapitel ausführlicher dargelegt].
- Missa
muss nun also eine echt lateinische Vokabel sein. Genauer gesagt eine
Verschleifung von „Missio“, wie an Beispielen belegt wird.
Um welcher Art Missio handelt es sich aber?
Einige meinen die Beschickung mit Lebensmitteln, welche Reiche zur Agape (Armenspeisung) leisten, die freuermals im Anschluss an das unblutige Opfer stattfand. [Folgen einige historisch interessante Abschweifungen zur Ausgestaltung der Agape-Feiern.] Aber erstens ist die Agape eine von der Messe verschiedene Veranstaltung, zweitens wurden erstere wegen Auswüchsen [Es wurden auch Getränke gereicht.] schließlich eingestellt. - Anderen
gefällt es, Missa zu transmissio (Übermittlung) zu stellen, durch welche
das Volk durch den Dienst des Priesters Gebete und Opfergaben an Gott
übermittelt. Neben vielen anderen wird „Dr. Thomas“ [von Aquin] zitiert
mit: „An Ende der Messe entlässt der Diakon das Volk mit den Worten „Ite,
Missa est“, nämlich das Opfer an Gott durch den Engel, dass es nämlich von
Gott angenommen sei.“ In diesem Zusammenhang würde das „Ite, Missa est“
verstanden als: „Geht, es wurde erfolgreich übermittelt“. Im gleichen Sinn
leiten andere ab: Wie Christus zuerst von Gott dem Vater unseres Heiles
wegen gesandt wurde, um sich am Kreuz zu opfern, so senden wir aus dem
gleichen Grund das Opfer zurück.
[Also mir gefällt diese Denkweise :-D] - Andere
schließlich, deren „Urteil sehr wahr zu sein“ Kardinal Bona „nicht
bezweifelt“, verstehen es schließlich als Dimissio (Entlassung) des
Volkes, als Erlaubnis, sich wieder den eigenen Angelegenheiten zuzuwenden,
nachdem es seiner Sonntagspflicht genügt hat, wie das auch (argumentiert
der Erzbischof Avitus von Wien) in weltlichen Pflichtversammlungen gesagt
zu werden pflegte. [Belegstellen aus Schriftstellern wie Cicero und
Suetonius, die Avitus nicht angab, trägt Bona nach.]
Die Entlassung war, erinnert Bona weiter, in der alten Kirche doppelt: nach Evangelium/Predigt wurden die Taufbewerber und Büßer nach draußen geschickt (was man die Missio der Katechumenen nannte), nach der Kommunion die Getauften entlassen (was die Missa der Gläubigen hieß).
Einer der vielen angeführten Belegstellen: im Sakramentenbuch von Gregor dem Großen ist für die Karfreitagsfeier (bei der genau keine Wandlung stattfindet) vorgeschrieben: „Dann kommuniziert er [der Zelebrant] und der gesamte Klerus [die am Gründonnerstag „vorgeheiligten“ Gestalten] und es geschieht die Missa“ – offensichtlich ist die Entlassung der Gläubigen gemeint.
Oder: in Klöstern wurde am Sonntag im Anschluss an die Konventmesse gleich die für vor dem Mittagessen vorgesehene Hore angeschlossen, was beschrieben wurde als: Sonntags gibt es nur eine Messe (also Entlassung, weil nach der Messe keine erfolgte, sondern erst nach der anschließenden Mittagshore).
Vergeblich – schließt Bona das erste Kapitel ab – versuchte Genebrard, das Wort „Messe“ auf weniger matte, wenigstens ein bisschen ehrfürchtigere Wurzeln zurückzuführen, denn schließlich lehrt Plato, dass aus dem Namen die Eigenheiten einer Sache abzuleiten seien, so dass – sagt er – es etwas unglücklich ist, dass das Erhabenste Opfer nach seinem geringsten Teil oder Umstand benannt sein soll.
Aber [sagt Bona mit vielen gelehrten Worten zum Abschluss] so isses nunmal.
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