Freitag, 30. Oktober 2015

Parallelen?

In der gespannten Erwartung einer möglichen postsynodalen Exhortation und angesichts der Frage, ob sie dem Schlussbericht der Bischöfe folgt oder ob der gegenwärtige Papst das Gespenst der Synode beschwört, kann man im Netz lesen:
Der Papst erwies sich bald als sehr autokratisch und rigoristisch, auch gegenüber seinem Senat, den Kardinälen und der Kurie als ganzes. Insbesondere elf Kardinäle rückten daher von ihm ab. Sie monierten, dass der Gewählte sich als unfähig („incapax“) und geisteskrank erwiesen habe.
Im August erklärten sie ihn daher für abgesetzt. Die Kirchenspaltung unterschied sich fundamental von früheren Fällen: In diesen waren es meist Könige und Kaiser gewesen, die im Streit mit dem Papst willfährige Gegenpäpste eingesetzt hatten. Das Abendländische Schisma dagegen war in der Mitte der Kirche entstanden.
[mit erheblichen Auslassungen zitiert aus der Wikipedia]


Vergleichen wir einmal:
  • „Der Papst führt ein autokratisches Regiment“ (sagt z.B. Martin Mosebach, vgl. hier)
  • Das Verhältnis zur Kurie hat er u.a. in seiner letzten Weihnachtsansprache mit der 15-kuriale-Krankheiten-Liste dokumentiert.
  • Das Buch der elf Kardinäle ist zwar ausdrücklich nicht gegen den Papst gerichtet, und wieviele Kardinäle letztendlich den als „Kardinals-Aufstand“ bezeichneten zum Synodenauftakt überreichten Brief unterzeichnet haben, ist nicht genau bekannt, aber …
  • „Verrückt und fast unzurechnungsfähig“ sind Vokabeln, die durchaus fallen, wenn man die Zeit betrachtet, als Pater Jorge Mario Bergoglio innerhalb des Jesuitenordens in „Ungnade gefallen und exiliert“ worden war (s. hier).
Hoffen wir also, dass es sich um zufällige Ähnlichkeiten zwischen Urban VI. und dem gegenwärtigen Papst und nicht um Parallelen handelt, die sich etwa fortsetzen könnten, und bitten mit dem Psalmisten
Herr, erfülle nicht die Wünsche der Gottlosen! Lass ihre schlimmen Vorhaben nicht gelingen, sie würden sonst zu hochmütig werden.







Samstag, 24. Oktober 2015

Schönborn: Gewerbsmäßiger Diebstahl keine Sünde

Der Wiener Erzbischof erläutert die Neue Deutschkirchliche Moral:
Schönborn bezweifelte in dem Interview, dass Berufseinbrecher dauernd in schwerer Sünde leben. Der am Anfang stehende Ladendiebstahl müsse zwar so benannt werden. Doch im Laufe der Zeit könnten sich «objektive Notwendigkeiten» ergeben, die gewerbsmäßigen Diebstahl nicht mehr automatisch sündhaft machten. Dazu zählen nach seinen Worten etwa die Sorge für den Lebensunterhalt oder auch der Fall, in dem zum Wohl der Familie ein zweites Auto beschafft werden müsse.
Da sag lieber jemand was dazu, dem vor Staunen nicht der Mund offenstehen bleibt …

Mittwoch, 21. Oktober 2015

Synode: Katechismus gefährdet Glaubwürdigkeit der Kirche

Angesichts der vielerorts gemunkelten beunruhigen Nachrichten scheinen die Berichte der Sprachzirkel zum diese Woche diskutierten umstrittenen dritten Teil des Instrumentum laboris ja relativ katholisch.

Hie und da gibt es einige Stolpersteine, z.B. bei Italicus A
apprezzandosi il fatto di un impegno matrimoniale civile rispetto alla semplice convivenza e tenendo conto del valore propedeutico delle leggi che lo prevedono.
(die Zivielehe soll wertgeschätzt werden, weil sie [immerhin] mehr Verbindlichkeit als bloßes Zusammenleben zeigt)
aber im Großen und Ganzen scheinen die Bischöfe ihre Arbeit gut gemacht zu haben. Jetzt bleiben nur noch das Redaktionskomitee und der Papst zu fürchten ;-)

Etwas seltsam erscheint mir eine Passage bei Gallicus A
Par ailleurs, nous savons qu'il existe tant d'autres familles qui s'estiment souvent elles-mêmes éloignées de cet idéal, et d'autres qui ne pensent même pas qu'il soit peu ou prou fait pour elles ! Familles divisées, familles recomposées, familles monoparentales, familles sans mariage même civil : nous ne pouvons pas les tenir à l'écart, nous ne voulons pas penser que leur chemin ne les rapproche pas du Dieu qui aime et attire à Lui tous les hommes. Nous croyons qu'en elles vit l'Esprit du Seigneur qui inspire bien des comportements de leur vie.

Man möchte andere [als ideale] Familien, die sich von katholischen Familienbild weit entfernt fühlen oder das gar nicht als Ideal für sich annehmen, wie geteilte Familien, Patchwork-Familien, Alleinerziehende, Familien ohne standesamtliche Trauung nicht allein lassen. [Soweit okay.]. "Wir wollen aber nicht denken, dass sie ihr Weg nicht zu Gott führt, der alle Menschen liebt und zu sich zieht. Wir glauben, dass in ihnen der Geist des Herrn lebt, der das Verhalten ihres Weges gut inspiriert."
Scheint ein bißchen so, als ob sich bei Gallicus A „Ideal“ auf „egal“ reimt. Natürlich liebt Gott alle und will sie an sich ziehen, aber viele sind berufen und wenige auserwählt (wie das Gleichnis vom Hochzeitsmahl, bei dem der Gast ohne entsprechendes Gewand hochkant rausgeworfen wird, verdeutlicht), und es ist eigentlich Aufgabe der Kirche, den Gläubigen den engen Weg zum Heil zu zeigen statt die Sündern auf dem breiten Weg ins Verderben zu begleiten. Aber das wird ja zur Genüge in den anderen Sprachzirkelberichte ausgeführt …

Zwei harte Klopfer sind allerdings die Kirchenlehre-Allergiker in Anglicus D, nämlich erstens
Members spent quite a bit of time talking about the beauty and comprehensiveness of No. 84 of Familiaris Consortio. Some suggested that FC 84 ought to be put directly into the text. One father spoke about the power of the keys and the Holy Father’s ability to change things. He said that the Pope can, in effect, twist the hands of God. Others responded that the power of the keys does not give the Church the ability to change Revelation and the faith of the Church.

Als man sich einig war, wie gut und schön FC 84 (zivil wiederverheirate Geschiedene können zu den Sakramenten zugelassen werden, wenn sie sich vornehmen, wie Geschwister zusammenzuleben) ist, wollten einige die Passage direkt ins Synodendokument übernehmen. Ein Synodenvater sprach aber über die Schlüsselgewalt und des Papstes Möglichkeit, die Dinge zu ändern. Er sagte der Papst könne, im Grunde, die Hände Gottes verdrehen. Andere antworteten, die Schlüsselgewalt gebe der Kirche nicht die Möglichkeit, die Offenbarung und den Glauben der Kirche zu ändern.
und zweitens
Some suggested that the wording of the Catechism of the Catholic Church No. 2357-2359 should be used. Others saw that option as possibly damaging the credibility of the Church in Western Europe and North America.

Einige schlugen vor, die zu den Homosexuellen einschlägigen Passagen des Katechismus in das Synodendokument zu übernehen. Andere sahen dadurch die Glaubwürdigkeit der Kirche in Westeuropa und Nordamerika gefährdet.
Naja.

Was zum Schmunzeln haben die auch noch dabei:
Considerable discussion took place about what is missing from the text in general.
9 … babysitters should get at least some brief attention because they can be very helpful to parents who need to work outside the home.


Die Gruppe hat sich auch noch weitere wichtige Gedanken gemacht, z.B. darüber, was im Arbeitspapier überhaupt nicht angesprochen wurde. Unter Punkt 9 der Liste werden Babysitter aufgeführt, die wenigstens ein bißchen Aufmerksamkeit bekommen sollten, weil sie sehr hilfreich für Eltern, die außer Haus arbeiten müssen, sein können.
Da sag noch einer, die katholische Familienlehre sei nicht allumfassen …

Andere haben sich thematisch etwas beschränkt. Italicus C hat sich mit seinen Kommentaren auf das erste Kapitel des dritten Teils konzentriert, Gallicus C hat sich auf drei Punkte konzentriert (von den 47 vorgelegten?? – Kann man nicht wirklich beurteilen, weil der Bericht unglaublich weitschweifig aber von geringer Substanz ist.), Gallicus B (unter Kardinal Sarah) hat eigentlich alles behandelt, ist aber nicht mehr zu dem Teil mit den Schwulen gekommen - wegen Zeitproblemen [Aha :-)].

Die beiden spanischen Berichte habe ich mangels Sprachkenntnis nicht gelesen. Dies als Einschränkung wenn ich sage, der Bericht der deutschen Sprachgruppe ist – einzigartig.
  • Zunächst macht man andere Synodenväter runter („Mit großer Betroffenheit und Trauer haben wir die öffentlichen Äußerungen einzelner Synodenväter zu Personen, Inhalt und Verlauf der Synode wahrgenommen. Dies widerspricht dem Geist des Zusammengehens, dem Geist der Synode und ihren elementaren Regeln.“)
  • Man entschuldigt sich bei den Sündern dafür, die kirchliche Lehre hochgehalten zu haben. [Das muss sich auf eine ferne Vergangenheit beziehen – unter den deutschen Synodenteilnehmern käme niemand auf diese Idee.]
  • Die Sakramentalität der Ehe (selbst unter Katholiken) wird infrage gestellt.
  • Es werden keine pastoralen Wege (wie in den anderen Gruppen) besprochen, sondern Forderungen an das „politische Gemeinwesen“ („Zugang zu Wohnung und Arbeit, die Ermöglichung von Bildung und Kinderbetreuung sowie ein fairer Familienleistungsausgleich in der Steuergesetzgebung“) formuliert.
    Während die anderen Gruppen die Sendung der Familien als Subjekt der Evangelisierung thematisieren, heißt es in Germanicus:
    Alle Christen sind aufgerufen, sich im Feld der politischen Gestaltung des gesellschaftlichen Zusammenlebens zu engagieren und so zu helfen, dass Familien besser leben und sich entfalten können.
  • Zur Frage des Kommunionsempfangs sollen die Betroffenen selbst entscheiden, wie sie’s halten wollen.
Es scheint insgesamt wenige Gemeinsamkeiten zwischen den Überlegungen der katholischen und des deutschen Sprachzirkels zu geben. Ein kleines bißchen besorgniserregend ist das schon.


Montag, 19. Oktober 2015

Leviten-Lesung für den Papst

Frau Dr. Cernea, Präsidentin der Vereinigung katholischer Ärzte in Rumänien, sprach vor der Synode in kurzen und klaren Worten. Hochwürden Zulsdorf hat den Text; hier nur einige Zitate:
Mein Vater war ein christlicher führender Politiker, der von den Kommunisten 17 Jahre weggesperrt wurde. Meine Eltern waren verlobt, aber die Hochzeit fand erst 17 Jahre später statt. Meine Mutter wartete all die Jahre auf meinen Vater, obwohl sie nicht mal wusste, ob er noch lebte. Sie waren heldenhaft treu zu Gott und ihrer Verlobung. Das ist ein Beispiel, dass Gottes Gnade schreckliche soziale Umstände und materielle Armut überwinden kann.
Wir als katholische Ärzte, die Leben und Familie verteidigen, sehen dies in erster Linie als geistlichen Kampf. Materielle Armut und Konsumsucht sind nicht die wichtigsten Ursachen der Familienkrise.
Die Sendung der Kirche ist es, Seelen zu retten. Das Böse in dieser Welt kommt von Sünde. Nicht von ungleicher Einkommensverteilung oder Klimawandel. Die Lösung ist: Evangelisierung. Umkehr.
Unsere Kirche wurde während der Sowjetbesatzung unterdrückt. Aber keiner unserer 12 Bischöfe hinterging die Gemeinschaft mit dem Heiligen Vater. Unsere Kirche überlebte dank der Entschiedenheit unserer Bischöfe und ihrem Beispiel im Wiederstand trotz Gefängnis und Terror. Unsere Bischöfe baten die Gemeinschaft, nicht der Welt zu folgen, nicht mit den Kommunisten zusammenzuarbeiten.
Was wir jetzt brauchen ist, dass Rom der Welt sagt:“ Bereut eure Sünden und kehrt um zu Gott, denn das Himmelreich ist nahe“.
Klingt irgendwie sehr anders als aktuelle päpstliche Rundschreiben – riecht eher nach einem sehr alten Buch. Hoffentlich nehmen sich die Synodenväter die Kopfwaschung zu Herzen.






Freitag, 16. Oktober 2015

Erste Worte

Aus dem Synodenbeitrag des Lebensrealität-Dogmatikers Bode sticht das Zitat
Können wir junge Paare, die - nicht nur in Deutschland - in aller Regel zunächst in einer nicht ehelichen Gemeinschaft zusammenleben, wirklich für die Ehe gewinnen, wenn wir ihnen als Erstes vorhalten: Ihr lebt in schwerer Sünde?
hervor.

Man kann fragen, von welcher Lebensrealität Bode da ausgeht, denn möglicherweise ist das Erste, das man Menschen, die man für eine an der Beziehung zu Gott orientierten Lebensweise gewinnen will, eher die Liebe Gottes und die Gottesebenbildlichkeit des Menschen, d.h. die durch den Heiligen Geist vermittelte Gnade, wie Gott selbstlos lieben zu können, vermittelt.

Aber Schwamm drüber; nehmen wir die Frage des Bischofs einmal an und betrachten, ob man als Erstes die Realität der Sünde ansprechen darf. Da helfen uns möglicherweise die jeweils Ersten Worte, die in Evangelien von Jesus überliefert sind.

Matthäus:
Johannes der Täufer predigte mit harschen Worten, die Bischof Bode möglicherweise stark abstoßen würden, zum Beispiel
Ihr Schlangenbrut, wer hat euch denn gelehrt, dass ihr dem kommenden Gericht entrinnen könnt?
und bietet den Sündern als Heilmittel die Taufe der Umkehr an.

Was tut nun Jesus angesichts der Realität der Sünde? Leugnet oder verschweigt er sie, so dass Bode sich auf Jesu Beispiel berufen könnte? Ganz im Gegenteil, er nimmt die Wirklichkeit der Sünde soweit an, dass er selbst die Taufe begehrt, ob er gleich ohne Sünde war. Johannes wäre da eher auf Bodes Seite, denn er will Jesus mangels erkannter Umkehrnotwendigkeit die Taufe verweigern. Und was antwortet der Herr?
Lass es nur zu! Denn nur so können wir die Gerechtigkeit ganz erfüllen.
Lass, Bischof Bode, den Ruf zur Umkehr zu!

Markus: Der Klassiker, schlicht und einfach das ganze Evangelium und die notwendige Folge für den Einzelnen daraus in einen Satz gepackt:
Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium!
Das Evangelium: Das Reich Gottes ist nahe, mit dem Hintergedanken:
Dieses Gebot, auf das ich dich heute verpflichte, geht nicht über deine Kraft und ist nicht fern von dir.
Es ist nicht im Himmel, sodass du sagen müsstest: Wer steigt für uns in den Himmel hinauf, holt es herunter und verkündet es uns, damit wir es halten können?
Es ist auch nicht jenseits des Meeres, sodass du sagen müsstest: Wer fährt für uns über das Meer, holt es herüber und verkündet es uns, damit wir es halten können?
Nein, das Wort ist ganz nah bei dir, es ist in deinem Mund und in deinem Herzen, du kannst es halten.
Die Konsequenz: Kehrt um, besinnt euch, kommt zur Vernunft, tut Buße, leistet Genugtuung für den Schaden, den ihr mit eurem verkorksten Lebenswandel angerichtet habt

Soll man also, wie Bode fragt, Sünder als Erstes zur Umkehr rufen? Jesus zumindest hat’s so gemacht.

Lukas: Bei der Rückkehr von der Pilgerreise nach Jerusalem suchten seine Eltern den verschwundenen zwölfjährigen Jesus „bei Verwandten und Bekannten“ – man möchte sagen: in der Lebensrealität ihrer Zeit. Gefunden haben sie ihn dort aber nicht. Denn Jesus, möchte man Herrn Bode zurufen, Jesus lässt sich finden, wo man es spontan erwarten kann, oder in des Herren eigenen Worten:
Warum habt ihr mich [in eurer Lebensrealität] gesucht? Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meinem Vater gehört?
Johannes: Schlägt im Prinzip in die gleiche Kerbe: sucht Jesus und findet ihn, wo er ist, nämlich:
Was wollt ihr? Sie [die Jünger des Johannes, die auf Jesus als das Lamm Gottes hingewiesen wurden] sagten zu ihm: Rabbi - das heißt übersetzt: Meister -, wo wohnst du?
Er antwortete: Kommt und seht!

Nicht zufällig fügt die Heilige Mutter Kirche an dem Ort, wo Jesus wirklich zu finden ist, zwischen dem „Seht das Lamm Gottes, das hinwegnimmt die Sünde der Welt“ und dem „Kommt und seht, wie gut der Herr ist“ das „Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach, aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund“ ein: die Erkenntnis der eigenen Erlösungsbedürftigkeit (also Sündhaftigkeit) ist der erste Schritt zur Umkehr, der uns für die Gnade Gottes öffnet.


Sollen wir also, wie Bode fragt, jungen Paaren „als Erstes vorhalten: Ihr lebt in schwerer Sünde“? Ja aber sicher, weil wir mit Größe der eigenen Sünde auch die Übergröße der Gnade Gottes erkennen, und gerade die Barmherzigkeit ist es doch, zu der gute Hirten die ihnen anvertraute Herde führen sollen.

Mittwoch, 14. Oktober 2015

Der Bibel-Geist geht um

Jene Katholiken, die was auf sich halten (vgl. Jer 17,5), beschwören gern den Geist des Konzils, um damit zu begründen, was gegen die geschriebenen Texte des Zweiten Vatikanums geht.

Den Ansatz scheint die deutsche Sprachgruppe bei der Synode auch auf die Heilige Schrift anwenden zu wollen, oder wie soll ich den Abschnitt aus dem zweiten Bericht
Es sollte jeder Eindruck vermieden werden, dass die Heilige Schrift nur als Zitationsquelle für dogmatische, juristische oder ethische Überzeugungen gebraucht wird. Das Gesetz des Neuen Bundes ist das Werk des Heiligen Geistes im Herzen der Gläubigen (vgl. Katechismus der katholischen Kirche Nr. 1965-1966). Das geschriebene Wort ist zu integrieren in das lebendige Wort, das im Heiligen Geist in den Herzen der Menschen wohnt.
verstehen?

Wird da der „Glaubenssinn“ eines Volkes, das mit Gott im Grunde weniger am Hut hat als mit seinen Pöstchen im Gemeindeleben, als neuer Offenbarungsort neben Schrift und Tradition (und Lebenswirklichkeit) etabliert, oder wieder* eine „Pädagogik Jesu“ berufen, deren Aussagen diametral dem entgegenstehen, was der Herr tatsächlich gesagt hat?

(* Genügend Beispiele für den Gegensatz zwischen Deutschkirchlichen Bischofsauslassungen und Herrenworten wurden in früheren Posts gegeben.)


Als ich den ersten Bericht der deutschen Sprachgruppe (direkt nach dem Vorschlag einer schwedischen Bischöfin, die Kirche könnte inklusiver sein, wenn sie das Christliche entfernte, vgl. http://kath.net/news/52364) gelesen hatte, fürchtete ich schon, kath.net wäre ein Satiremagazin geworden. Mittlerweile aber gewinne ich den Eindruck, die Deutschkirchlichen Bischöfe sind dem Glaubensinn der Dialogisierer („Was Jesus da sagt, passt nicht zu meinem Leben; da muss er sich geirrt haben“) folgend zur Überzeugung gekommen, relevante Kirche sei nur ohne Bibel zu machen.
Denn wie heißt es schon im Buche Daniel
Da kamen alle Bischöfe Deutschlands herbei; aber sie waren nicht imstande, die Schrift zu lesen oder dem Volke zu sagen, was sie bedeutete.

Klar und wahr

Die Wortschatzerweiterung, die ich durch schließliches Nachschlagen der in der Synodenberichtserstattung ständig wiederkehrenden Vokabeln nefarious (schändlich) und preposterous (absurd, lächerlich) erfahren habe, ließ mich selbst bei Anlage eines strengen Gradualismus wenig Gutes erwarten.

Ein Lichtblick ist allerdings der Beitrag von Kardinal Sarah, der in wenige Worten klar strukturiert daran erinnert, was eigentlich Aufgabe der Bischofssynode angesichts der relevanten Bedrohungen (jenseits des Kommunionsempfangs für „Randgruppen einiger reicher Kirchen“) ist.

Auch muss ich die Rednergabe von Kardinal Dolan (Synodenbeitrag) und die Wörtprägekunst von Erzbischof Fisher von Syney (Stellungnahme, unteres Drittel der Seite) bewundern, die Manches von der Wahrheit und Klarheit, die im gegenwärtigen Pontifikat so schmerzlich vermisst werden, enthalten.

Es keimt etwas Hoffnung, dass das Schlimmste noch abgeschwächt werden kann ...

Freitag, 2. Oktober 2015

Lebenspraxis nicht übergehen

In einem Kommentar der Neuen Zürcher Zeitung zur bevorstehenden Synode heißt es:
Kardinal Burke repräsentiert diejenigen, die davon ausgehen, dass die Kirche quasi per göttliche Offenbarung über die Wahrheit in Ehe- und Familienfragen verfügt. Diese Lehre ist dann Grundlage für die Praxis. Andere wie Kasper, der rund zehn Jahre Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart war, nehmen die Erfahrungen von Menschen in den Blick, die sich als Ehepartner und Eltern um ein Leben im Glauben bemühen. Hier ist der Weg umgekehrt, von der Praxis zu einer Lehre, in der sich auch diese Erfahrungen niederschlagen. Genährt wird diese Haltung von der Überzeugung, dass die Kirche die Lebenspraxis ihrer Mitglieder nicht einfach übergehen kann.
Unter Vernachlässigung der Frage, inwieweit „quasi per göttliche Offenbarung“ vermittelte Wahrheit für die Kirche eine Rolle spielt, kurz ein Blick darauf, wie Jesus die Lebenspraxis des Apostelkollegiums „nicht einfach übergeht“:

Joh 6:
7 Philippus antwortete ihm: Brot für zweihundert Denare reicht nicht aus, wenn jeder von ihnen auch nur ein kleines Stück bekommen soll.
8 Einer seiner Jünger, Andreas, der Bruder des Simon Petrus, sagte zu ihm:
9 Hier ist ein kleiner Junge, der hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische; doch was ist das für so viele!
10 Jesus sagte: Lasst die Leute sich setzen!
Das „Ideal“, die vielen Hungrigen, die Jesus folgen, zu nähren, scheint an der Lebenswirklichkeit der Jünger zu scheitern. Genauso scheitert halt das „Ideal“ der Unauflöslichkeit der Ehe an der Lebenspraxis der Kirchenmitglieder. Und wie Jesus damals nach dem Rat der Apostel die Leute weggeschickt hat, damit sie sich was zu essen kaufen (Mt 14,15), sollte die Synode das Konzept von Ehe erweitern, damit die Kirchenmitglieder sich unbelasteter wiederverheiraten können. Schon klar.

Überhaupt ist die Offenheit Jesu für eine Praxis unabhängig von der „quasi per göttliche Offenbarung“ vermittelten Lehre gut dokumentiert, z.B.
Lk 9,55 Da wandte er sich um und wies sie zurecht.
Mt 16,23 Jesus aber wandte sich um und sagte zu Petrus: Weg mit dir, Satan, geh mir aus den Augen! Du willst mich zu Fall bringen; denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen.
Lk 22,38 Da sagten sie: Herr, hier sind zwei Schwerter. Er erwiderte: Genug davon!
Hier mal ein Hinweis an die Anpasser zur angemessene Reaktion auf eigene Lebenspraxis unter dem Blick Jesu:
Lk 22,62 Und er ging hinaus und weinte bitterlich.