Mittwoch, 31. Juli 2019

Von kleinen und anderen Änderungen

Die paulinische Wende hat an den Gebeten des Ignatius-Tag kleine Änderungen verursacht. Und dann kam die Deutschkirche …
Im Einzelnen:
Postkonzilar ändert sich die zweite Zeile des Tagesgebets zu „beátum Ignátium in Ecclésia tua suscitásti“
Alt
Gott, der du um die größere Ehre deines Namens zu verbreiten die streitende Kirche durch den seligen Ignatz mit einer neuen Reservetruppe gestärkt hast; gewähre, dass die mit seiner Hilfe und ihn nachahmend auf der Erde kämpfen, auch mit ihm in den Himmeln gekrönt zu werden verdienen.
Neu
Gott, der du um die größere Ehre deines Namens zu verbreiten in deiner Kirche den seligen Ignatz ermuntert hast; gewähre, dass die mit seiner Hilfe und ihn nachahmend auf der Erde kämpfen, auch mit ihm in den Himmeln gekrönt zu werden verdienen.
Deutsches Messbuch
Allmächtiger, ewiger Gott, du hast den heiligen Ignatius von Loyola berufen, in der Nachfolge Christi zur größeren Ehre deines Namens zu wirken. Lass uns nach seinem Beispiel und mit seiner Hilfe auf Erden den guten Kampf bestehen, damit wir auch im Himmel den Siegeskranz empfangen.
Vergleich
  • Gott ⇒ Allmächtiger, ewiger Gott
  • in deiner Kirche erweckt ⇒ berufen
  • verbreiten ⇒ in der Nachfolge Christi zu wirken
  • die Kämpfenden ⇒ lass uns den guten Kampf bestehen
  • mit ihm gekrönt zu werden verdienen ⇒ den Siegeskranz empfangen
Postkonziliar ändert sich der Anfang des Gabengebets zu „Pláceant, Dómine Deus, oblatiónes in celebratióne beáti Ignátii tibi delátæ“
Alt
Beistehen mögen, Herr Gott, unseren Gaben die gütigen Fürbitten des heiligen Ignatz, dass die hochheiligen Mysterien, in denen du die Quelle aller Heiligkeit eingerichtet hast, auch uns in Wahrheit heiligen.
Neu
Gefallen mögen, Herr Gott, die in der Feier des seligen Ignatz beigebrachten Gaben, und gewähre, dass die hochheiligen Mysterien, in denen du die Quelle aller Heiligkeit eingerichtet hast, auch uns in Wahrheit heiligen.
Deutsches Messbuch
Herr, nimm die Gaben an, die wir am Fest des heiligen Ignatius darbringen. Heilige uns in der Wahrheit durch dieses Opfer, das du zum Quell aller Heiligung bestimmt hast.
Vergleich
  • Herr Gott ⇒ Herr
  • gefallen mögen ⇒ nimm an
  • herbeigebracht ⇒ dargebracht
  • gewähre, dass die hochheiligen Mysterien uns heiligen ⇒ heilige uns durch dieses Opfer
Postkonziliar wird beim Schlussgebet „eius intercessione“ ersatzlos gestrichen.
Übersetzung
Das Opfer des Lobes, Herr, das wir als Danksagung für den Heiligen Ignatz dargebracht haben, führe uns auf seine Vermittlung zum immerwährenden Lob deiner Majestät.
Deutsches Messbuch
Herr, unser Gott wir haben das Opfer des Lobes dargebracht und danken dir, dass du deiner Kirche den heiligen Ignatius geschenkt hast. Das heilige Sakrament stärke uns, damit wir alles zu deiner größeren Ehre tun und zum ewigen Lob deiner Herrlichkeit gelangen.
Vergleich
  • Herr ⇒ Herr, unser Gott
  • als Danksagung für den Heiligen Ignatz ⇒ wir danken dir, dass du deiner Kirche den heiligen Ignatius geschenkt hast
  • führe ⇒ Das heilige Sakrament stärke uns, damit wir alles zu deiner größeren Ehre tun und … gelangen

Von der ignatzischen Reservetruppe mit prunkvollen Messen und Ewiger Anbetung kämpfen lernen

In alter Zeit richtete die Kirche ihre Gläubigen am Fest des Hl. Ignatz durch folgende Gebete aus:
Oratio
Deus, qui ad maiorem tui nominis gloriam propagandam, novo per beatum Ignatium subsidio militantem Ecclesiam roborasti: concede; ut, eius auxilio et imitatione certantes in terra, coronari cum ipso mereamur in caelis
Übersetzung
Gott, der du um die größere Ehre deines Namens zu verbreiten die streitende Kirche durch den seligen Ignatz mit einer neuen Reservetruppe gestärkt hast; gewähre, dass die mit seiner Hilfe und ihn nachahmend auf der Erde kämpfen, auch mit ihm in den Himmeln gekrönt zu werden verdienen.
[Zur Erinnerung: [omnia] ad maiorem Dei gloriam – [alles] zur größeren Ehre Gottes ist der Wahlspruch der von Ignatz von Loyola gegründeten Gesellschaft Jesu, die im Gebet als „neue Reservetruppe“ angesprochen ist. Sie waren mit der gegenreformatorischen Propaganda (das Wort ist im Gebet aufgegriffen) beauftragt und kämpften gegen protestantische Häresien.]

Secreta
Adsint, Domine Deus, oblationibus nostris sancti Ignatii benigna suffragia: ut sacrosancta mysteria, in quibus omnis sanctitatis fontem constituisti, nos quoque in veritate sanctificent
Übersetzung
Beistehen mögen, Herr Gott, unseren Gaben die gütigen Fürbitten des heiligen Ignatz, damit die hochheiligen Mysterien, in denen du die Quelle aller Heiligkeit eingerichtet hast, auch uns in Wahrheit heiligen.
[Wesentlicher Unterschied zum protestantischen Gottesdienst ist die Vergegenwärtigung des Kreuzesopfers in der Heiligen Messe, mit der Realpräsenz von Leib, Blut, Seele und Gottheit unseres Herrn Jesus Christus im Allerheiligsten. Daher „setzten sich die Jesuiten dafür ein, den katholischen Glauben durch prunkvolle Zeremonien zu zelebrieren, förderten in diesem Kontext auch die barocke Baukunst.“ (aus der Wikipedia)]

Post communionem
Laudis hostia, Domine, quam pro sancto Ignatio gratias agentes obtulimus: ad perpetuam nos maiestatis tuae laudationem, eius intercessione, perducat.
Übersetzung
Das Opfer des Lobes, Herr, das wir als Danksagung für den Heiligen Ignatz dargebracht haben, führe uns auf seine Vermittlung zum immerwährenden Lob deiner Majestät.
[Das immerwährende Lob ist nicht nur das, was die triumphierende Kirche im Himmel macht, sondern auch das Ewige Gebet vor dem ausgesetzten Allerheiligsten – eine original katholische® Gebetsform, die ebenfalls im Zuge der Gegenreformation eine starke Betonung erfahren hat.]

Dienstag, 30. Juli 2019

Wozu dann überhaupt beten?

Nachdem verstanden wurde, warum es nicht nötig ist, beim Beten viele Worte zu machen wie die Heiden, fährt Augustinus (in Über die Bergpredigt, 2,14) fort:
Aber es kann andersrum gefragt werden, was dieses Gebet [das Vater Unser] nützt, wenn Gott schon weiß, was uns nötig ist [Mt 6,8]: doch nur, dass die Ausrichtung dieses Gebets unser Herz erheitert und reinigt und fähiger macht zur Aufnahme der göttlichen Gaben, die uns geistlich eingeflößt werden. Denn nicht um die Gunstbuhlerei der Gebete erhört uns Gott, sondern er ist immer bereit, uns sein Licht zu geben – nicht das sichtbare, sondern das übersinnliche und geistliche: aber wir sind nicht immer bereit es zu empfangen, werden zu anderem geneigt, von der Begierde nach zeitlichen Dingen verdunkelt.
Es soll im Gebet also eine Umkehr des Herzens zu dem stattfinden, der immer zu geben bereit ist, wenn wir nehmen was er gegeben hat, und durch diese Umkehr eine Reinigung des inneren Auges, wenn was zeitlich begehrt wird ausgeschlossen ist, damit der Blick des einfältigen Herzens das einfältige Licht tragen kann, göttlich ohne jeden Untergang oder Wechsel strahlend; und nicht allein es tragen, sondern auch in ihm bleiben, und nicht bloß ohne Unlust, sondern auch mit unbeschreiblicher Freude, wodurch wahrhaft und aufrichtig das selige Leben vollendet wird.

Montag, 29. Juli 2019

Nahender Jahrestag des Vorläufers von Amoris laetitia

Aus der Konstitution „Romani Pontificis“:
Weil den in ihrem Unglauben bleibenden Arabern mehrere Frauen erlaubt sind, welche sie auch aus den geringsten Gründen verstoßen, soll es von jetzt an so gehalten werden, dass jenen, welchen die Taufe empfangen, erlaubt sei, mit jener Frau weiterzuleben, welche zusammen mit ihrem Mann getauft wurde;
und weil es oftmals vorgekommen ist, dass jene nicht die erste Frau war, weshalb sowohl Sakramentenspender wie Bischöfe durch schwerste Bedenken gequält wurden, weil sie meinten, dieses sei nicht die wahre Ehe;
weil es aber sehr hart ist, diese von den Frauen zu trennen, mit denen zusammen jene Araber die Taufe empfangen haben,
besonders weil es äußerst schwer wäre, die erste Ehefrau wiederzufinden,
siehe erklären Wir, der Lage besagter Araber mit väterlicher Liebe gütig abhelfen und jenen Bischöfen und Spendern von solchbeschaffenen Bedenken befreien wollend, aus eigenem Antrieb und aus Unserer sicheren Kenntnis und Fülle Apostolischer Macht:
dass die Araber, wie oben gesagt, die getauft wurden und zukünftig getauft werden, mit der Frau, die mit ihnen getauft wurde oder getauft werden wird, zusammenbleiben dürfen, gleichsam als ihrer rechtmäßigen Frau, nachdem sie die anderen entlassen haben, und die Ehe derart zwischen ihnen rechtmäßig besteht.
Hl. Pius V., am 02. August 1571

St. Martha

Tagesgebet
Omnípotens sempitérne Deus, cuius Fílius in domo beátæ Marthæ dignátus est hospitári, da, quǽsumus, ut, eiúsdem intercessióne, Christo in frátribus nostris fidéliter ministrántes, in æde cælésti a te récipi mereámur.
Übersetzung
Allmächtiger ewiger Gott, dessen Sohn geruht hat, im Haus der seligen Martha zu verweilen, gib, bitten wir, dass wir auf ihre Vermittlung - Christus in unseren Brüdern treu dienend - in das himmlische Gemach von dir aufgenommen zu werden verdienen.
Deutsches Messbuch
Allmächtiger, ewiger Gott, die heilige Marta durfte deinen Sohn in ihr Haus aufnehmen und bewirten. Auf ihre Fürsprache hin mache uns bereit, in unseren Mitmenschen Christus zu dienen, damit wir einst bei dir Aufnahme finden.
Anmerkung
  1. Original ist Jesus das handelnde Subjekt, deutschkirchlich Martha.
  2. Original ist das Einkehren oder Verweilen nur ein Aufhänger (zur Bitte um die Aufnahme in den Himmel), während deutschkirchlich „aufnehmen und bewirten dürfen“ die Hauptsache zu sein scheint.
  3. Original ist das den-Brüdern-Dienen eine Ist-Zustand-Beschreibung, deutschkirchlich etwas, wozu bereit gemacht zu werden wir erst erbeten müssen.
  4. Dass die Brüder zu Mitmenschen werden, ist wahrscheinlich der Geschlechtergerechtigkeit geschuldet.
  5. „Wir bitten“, das Erbetene zu „verdienen“ entfallen deutschkirchlich.
  6. Soll „einst bei dir“ eine Entsprechung zu „in das himmlische Gemach von dir“ sein?
Gabengebet
In beáta Martha te, Dómine, mirábilem prædicántes, maiestátem tuam supplíciter exorámus, ut, sicut eius tibi gratum éxstitit caritátis obséquium, sic nostræ servitútis accépta reddántur offícia.
Übersetzung
In der seligen Martha dich, Herr, als wunderbar rühmend, flehen wir deine Majestät demütig an, dass die Pflichterfüllungen unserer Knechtsschaft so annehmbar gemacht werden wie ihre Liebeshuldigung dir willkommen war.
Deutsches Messbuch
Wir preisen dich, Herr, denn du bist groß in deinen Heiligen. Du hattest Wohlgefallen am Dienst der heiligen Martha; so lass auch unseren Dienst dir gefallen.
Anmerkung
  1. Ich bin nicht sicher, dass wir (wie das Messbuch zu verstehen scheint) die Größe Gottes, wie sie sich in den Heiligen zeigt, rühmen [denn dann würde ich das „in beata Martha“ zwischen te und mirabilem erwarten], sondern wir rühmen in (oder mit) Martha, die Jesus vor der Erweckung des Lazarus als Messias und Sohn Gottes bekennt (Joh 11,27), Gott als den, der Wunder vollbringt (vgl. z.B. Ex 15,11).
  2. Bekanntlich wird das „bitten wir“ vom Messbuch regelmäßig weggelassen. Dass aber auch ein „wir flehen deine Majestät demütig an“ einfach unter den Tisch fällt, scheint mir ein echtes Haltungsproblem (Nackenstarre wie in Apg 7,51) zu sein.
  3. Was kann so ein knackiger Imperativ „lass gefallen“ statt „[möge] annehmbar gemacht werden“ nicht alles an Dynamik in einen Dialog auf Augenhöhe bringen!
  4. Lustig, was das Deutsche Messbuch alles unter „Dienst“ zusammenfasst: „Pflichterfüllung unserer Knechtsschaft“ ebenso wie „Liebeshuldigung“. Welch prosaische (Un)Geist weht (oder stockt?) dort?!
  5. Dann ist das Deutschkirchliche „so“ eine Schlussfolgerung, etwa wie in „gefälligst“, während original ein Vergleich (so angenehm wie der Dienst Marthas) steht.
Schlussgebet
Córporis et Sánguinis Unigéniti tui sacra percéptio, Dómine, ab ómnibus nos cadúcis rebus avértat, ut, exémplo beátæ Marthæ, valeámus tibi et sincéra in terris caritáte profícere, et tui perpétua in cælis visióne gaudére.
Übersetzung
Der heilige Empfang von Leib und Blut deines Einziggezeugten, Herr, möge uns von allen vergänglichen Dingen abwenden, damit wir, nach dem Beispiel der seligen Martha, wert werden, sowohl dir auf Erden mit aufrichtiger Liebe zu nützen als auch uns in den Himmeln deines immerwährenden Anblicks zu erfreuen.
Deutsches Messbuch
Herr, unser Gott, der Empfang des Leibes und Blutes Christi lenke unseren Sinn auf das eine Notwendige. Gib, dass wir in aufrichtiger Liebe unsere Lebensaufgabe erfüllen und einst Ruhe finden in der seligen Schau deiner Herrlichkeit.
Anmerkungen
  1. Wenn man (wie üblich) dem „Herr“ ein erläutendes „unser Gott“ zugesellen muss, bleibt naklar kein Platz für ein „heilig“ vor Empfang und „dein Einziggezeugter“ wird kurz „Christus“.
  2. Das Original möchte „uns“ von „allen vergänglichen Dingen“ abwenden, die Fälschung möchte nur „unseren Sinn“ umlenken, und zwar „auf das eine Notwendige“, was zwar passend aus Lk 10,42 kopiert ist, aber im Gebet nicht vorkommt.
  3. Das „Wert werden“ entfällt. Hat was von „bitten wir“ und einen Hauch von Erinnerung an unsere Sündhaftigkeit – alles Tabus in der Deutschkirche. „Gib“ ist da doch klarer – schließlich soll der „Herr, unser Gott“ auch mitkriegen, was von ihm erwartet wird.
  4. Wenn der Dichter das „dir auf Erden zu nützen/dienen“ mit „unsere Lebensaufgabe erfüllen“ ersetzt, verwirrt er mich etwas – ist denn nicht nur eines Notwendig, und das ist zu Füßen Jesu zu sitzen?! Wozu wird das so umständlich als „unsere Lebensaufgabe“ umschrieben?
  5. „In den Himmeln“ = „einst“?
  6. „immerwährender“ Anblick = „selige“ Schau?
  7. „deines“ = „deiner Herrlichkeit“?
  8. „sich erfreuen“ = „Ruhe finden“ – Das ist jetzt echt erstaunlich, weil wir doch schon auf Erden „unsere Lebensaufgabe“ zu Füßen Jesu auf sein Wort zu hören „erfüllen“ – wenn wir dabei keine „Ruhe finden“, hilft wahrscheinlich auch die selige Schau nicht mehr.

Sonntag, 28. Juli 2019

Ps 48 - ein Detail

Ps 48,3
Jarkkethei Zaphon
Wörterbuch
Jarkah = „Flanke, Seite“, im Dual [der hier vorliegt] aber „Inneres, Innerstes, (schmale) Hinterseite (eines Gebäudes), hinterster / entferntester Teil“
Zaphon = Norden
Ältere Übersetzungen
King James Bible: „mount Zion, on the sides of the north“ – Berg Zion, an den Nordabhängen
Vulgata: „mons Sion; latera aquilonis“ – Berg Zion; die Abhänge des Nordens
Beliebter Einwand: die Burg lag aber nicht an der Nordseite des Berges Zion

Zeitgenössische Übersetzungen
Luther 2017: „der Berg Zion fern im Norden“
Elberfelder: „der Berg Zion, im äußersten Norden“
EÜ 2016: „Der Berg Zion liegt weit im Norden“
Möglicher Erläuterung
Jerusalem liegt ziemlich zwischen dem Nordreich und dem Südreich, also im äußersten Norden von Juda (wo man die „Söhne Korachs“, denen der Psalm zugeschrieben wird, demnach verorten müsste – was ich gerade nirgends geschrieben finde)
Weitere zeitgenössische Übersetzungen
Nova Vulgata: „Mons Sion, extrema aquilonis“ – Berg Zion, die Gipfel* des Nordens
*extrema heißt natürlich auch äußerste Enden, Grenzen, die Letzten, Äußersten usw.
Eine Übersetzung (Bible des Semeur) merkt an
les extrémités du Çafôn, ce qui peut se comprendre de manière géographique : du côté du nord, ou religieuse : le Çafôn étant une montagne sacrée où, selon la religion phénicienne, Baal résidait.
Man kann den Asudruck geographisch auffassen (die Nordseite) oder religiös (die Gipfel des Nordens, wobei dies ein Eigenname eines [nach phönizischer Religion] heiligen Gebirges, das Baal bewohnt, ist).
und überträgt dann freischwebend
montagne de Sion, tu es la demeure de Dieu
Berg Zion, du bist der Wohnort Gottes
Alternative Deutung
Stellen wir aus den Wörterbucheinträgen zusammen: „schmale Hinterseite des Nordens“ und vergleichen mit der Lageangabe der Burg Zion „Burg Zion lag auf einem schmalen steilen Bergkamm südlich des späteren Tempelberges“ – also von der Nordenseite [von wo die anrückenden Truppen, die im Psalm genannt werden, sich der Burg nähern müssen] aus gesehen auf der schmalen Hinterseite des Berges.

Freitag, 26. Juli 2019

Eltern der Gottesmutter Maria (3/3)

Fortsetzung von hier

Teil 3) Schlussgebet

1. Am St.-Anna-Fest
Caelestibus sacramentis vegetati, quaesumus, Domine Deus noster: ut, intercessione beatae Annae, quam Genetricis Filii tui matrem esse voluisti, ad aeternam salutem pervenire mereamur.
Durch die himmlischen Sakramente belebt, bitten wir, Herr unser Gott, dass wir auf Vermittlung der seligen Anna, die du Mutter der Gebärerin deines Sohnen sein hast lassen, verdienen, zum ewigen Heil zu gelangen.
Dies scheint mir ein Standard-Gebet nach der Kommunion zu sein [Bezug zum Sakrament - (Bezug zum Tag) - Bitte um Wirkung des Sakraments], dass auch bezüglich der Charakerisierung von Anna nicht über die gehabten Gebete hinausgeht.

2. Am St.-Joachim-Fest
Quáesumus, omnipotens Deus: ut per haec sacramenta, quae sumpsimus, intercedentibus meritis et precibus beati Ioachim patris Genetricis dilecti Filii tui Domini nostri Iesu Christi, tuae gratiae in praesenti et aeternae gloriae in futuro participes esse mereamur.
Wir bitten dich, allmächtiger Gott, dass wir durch diese Sakramente, die wir empfangen haben, auf Vermittlung der Verdienste und Gebete des seligen Joachims, Vater der Gebärerin deines geliebten Sohnes unseres Herren Jesus Christus, verdienen, Teilhaber deiner Gnade in der Gegenwart und der ewigen Herrlichkeit in Zukunft zu sein.
Hier bestätigt sich definitiv der in Teil 2 geäußerte Verdacht, der Autor der Gebete zum Joachimstag habe einen Hang zu großen Worten. Dies abgezogen bleibt ebenfalls ein Standard-Gebet nach der Kommunion.

3. Heute (Eltern der Gottesmutter Maria)
Deus, qui Unigénitum tuum ex homínibus nasci voluísti, ut hómines ex te mirábili mystério renasceréntur, quǽsumus, ut, quos filiórum pane satiásti, adoptiónis spíritu benignitáte tua sanctífices.
Gott, der du wolltest, dass dein Einziggezeugter von Menschen geboren werde, damit Menschen von dir durch das wunderbare Mysterium wiedergeboren würden – wir bitten dich, dass du jene, die du mit dem Brot der Söhne gesättigst hast, im Geist der Anwahl* durch deine Güte heiligst.
[* Anwahl ist ein Stück-für-Stück Neologismus für Ad-option oder Annahme an Kindes Statt]
  • Das Geburt-Thema aus dem Tagesgebet (Teil 1) wird hier aufgegriffen, um den „wunderbaren Tausch“ (das ewige Wort ist aus Menschen geboren ⇄ Menschen sind aus Gott wiedergeboren) anzusprechen.
  • Sprachlich gibt es eine Anspielung auf die Verkündigung (Lk 1,35: quod nascetur ex te = was aus dir geboren werden wird [in der Einheitsübersetzung: „das Kind“]), um zur Verehrung der Eltern der Gottesgebärerin an das Fiat Mariens zu erinnern(?).
  • Ist das „mirábili mystério renasceréntur“ eine Anspielung auf das [in der Reform großteils verlorene] Gebet beim Vermischen von Wasser und Wein: „Gott, du hast den Menschen in seiner Würde wunderbar erschaffen und noch wunderbarer erneuert (mirabilius reformasti)“? Dann hätten wir neben der Anspielung auf die Geburt Jesu im incarnati des Tagesgebets hier eine Referenz auf die Erlösung durch Leiden, Tod, Auferstehung und Himmelfahrt unseres Herrn Jesus Christus bzw. auf die Taufe, welche die Erlösung „individuell“ macht.
  • Das passt zum filiorum pane (Mt 15,26 bzw. Mk 7,27: Brot der Kinder [nehmen], was in der Einheitsheitsübersetzung „das Brot den Kindern [wegnehmen]“ wird). Hier ist das Allerheiligste als Brot der Kinder (Katholiken im Stand der Gnade) angesprochen, dass nicht den Hunden (eigentlich gemeint: Heiden, halt den anderen) zukommt. Scheint an das Lob der Taufe im renascetur anzuknüpfen, die uns zuerst zu Kindern machte.
  • Der Geist der Anwahl ist aus Röm 8,15 („einen Geist der Anwahl als Kinder habt ihr empfangen, in dem wir rufen: Abba, Vater!“), und der Zusammenhang mit dem Festtag könnte sein, dass Jesus den Fleisch nach aus den Israeliten stammt (Röm 9,5), wobei Paulus aber darauf besteht, dass nicht alle Nachkommen Abrahams Kinder Gottes sind, sondern halt die Getauften: „Nicht die Kinder des Fleisches sind Kinder Gottes, sondern die Kinder der Verheißung werden als Nachkommenschaft gerechnet.“ (Röm 9,8), womit auch der Kreis zum erstaunlichen Auftauchen von Abrahams Verheißung im Gabengebet geschlossen ist.
  • Im Geist der Anwahl werden wir geheiligt, wenn wir mit Ausdauer mitleiden, um auch Miterben Christi zu werden (vgl. die Verse zwischen Röm 8,15 und Röm 9,5).
Hübsches Gebet, auch wenn der Bezug zum Festtag nicht übermäßig offensichtlich ist.

4. Im Deutschen Messbuch
Gott und Vater, dein ewiger Sohn wurde als Mensch aus Davids Stamm geboren, damit wir Menschen im Geheimnis der Taufe aus dir wieder geboren werden. Heilige uns durch den Geist, der uns zu deinen Kindern macht, und nähre uns stets an deinem Tisch.
  • Es scheint im Deutschen Messbuch eine große Vorsicht vor der Anrede des Allmächtigen durch ein einziges Wort zu geben. Hier wird nun dem Gott ein und Vater zugesellt, weil als nächstes vom Sohn die Rede ist.
  • Es ist zwar löblich, den Einziggezeugten im Gegensatz zum Menschen in seiner Gottheit als ewigen Sohn ansprechen zu wollen; die üblichen Wendungen wären aber eher „ewiges Wort“ oder „einziggezeugter Sohn“ – wenn denn einziggezeugt eine gängigere Vokabel wäre.
  • Der Stamm Davids wurde dazugedichtet, und es gibt eine Vermutung über die Beweggründe. Zwar übersetzt das Glaubensbekenntnis problemlos „natus ex Maria Virgine“ mit „geboren von der Jungfrau Maria“, obwohl ex = aus. Der Wille des Gebetsüberträgers muss aber darauf gerichtet gewesen sein, das „aus“ wörtlich wiederzugeben, und wenn dazu ein Stamm Davids eingeschoben werden muss.
  • Das „wir Menschen“ statt „Menschen“ ist keine sinnneutrale Ergänzung, denn die Deutsches-Messbuch-Version spricht alle Menschen an, während tatsächlich nur ein Teil getauft ist.
  • Das „im Geheimnis der Taufe“ wird wohl ergänzt, weil man sich nicht darauf verlassen will, dass „aus Gott wiedergeboren“ verstanden wird. [Würde ich auch nicht, wenn man es auseinander schreibt. Das scheint nicht mal nach der Rechtschreibreform korrekt zu sein.] Es wird dann weniger erstaunlich, wenn man bemerkt, dass das Gespräch mit Nikodemus (Joh 3,1-13), in dem die Wiedergeburt aus Wasser und Heiligem Geist erläutert wird, trotz des „reicher bereiteten Tischs des Gotteswortes“ [Sacrosanctum Concilium - Konstitution über die heilige Liturgie Nr. 51] im Reformlektionar anscheinend gar nicht mehr vorgesehen ist. [In alter Zeit kamen Formen von renasci (wiedergeboren werden) im Missale auch nur an drei Stellen vor: zwei Mal während der Taufwasserweihe in der Osternacht, aber eben auch am Fest Kreuzauffindung (seinerzeit am 3. Mai) bei der Verlesung des Evangeliums aus dem 3. Kapitel des Johannesevangeliums.]
  • Statt von denen, die Gott mit dem Brot der Söhne gesättigt hat, ist (naklar, möchte man fast ausrufen) von Uns die Rede.
  • Und während dies im lateinischen Gebet die Anknüpfung an die vorangegangen Kommunion ist, rutsch der Gedanke deutschkirchlich in die Bitte, parallel zur Bitte um Heiligung.
  • Der biblische Bezug zum Brot der Söhne wurde getilgt, dafür ist von einem Tisch geredet. Wenn wenigstens vom Altar gesprochen würde!
  • In der beim Gabengebet bemerkten Gier möchten Wir gerne „stets“ genährt werden.
  • Dafür fällt die Notwendigkeit für die Güte Gottes weg. Schließlich dialogisieren wir hier auf Augenhöhe, nicht wahr.

Eltern der Gottesmutter Maria (2/3)

Fortsetzung von hier

Teil 2) Gabengebet

1. Am St.-Anna-Fest
Sacrificiis praesentibus, quaesumus, Domine, placatus intende: ut per intercessionem beatae Annae, quae Genetricis Filii tui Domini nostri Iesu Christi mater exstitit, et devotioni nostrae proficiant, et saluti.
Auf die gegenwärtigen Gaben, bitten wir, Herr, blicke versöhnt, dass sie durch Vermittlung der seligen Anna, welche Mutter der Gebärerin deines Sohnes unseres Herrn Jesus Christus war, sowohl unsere Hingabe voranbringen, als auch [unser] Heil.
Die Vermittlung der Heiligen zwischen uns Sündern bzw. unseren unwürdigen Gaben, dass insgesamt ein wohlgefälliges Opfer dargebracht wird, war schon beim Jakobsfest im alten Messbuch Thema gewesen.
Hübsch finde ich hier, dass hier um die Stärkung der Hingabe gebetet wird. Ob das an der aufopfernden Fürsorge einer Mutter anknüpft, so dass Mutter der Mutter = Hingabe ergibt?

2. Am St.-Joachim-Fest
Suscipe, clementissime Deus, sacrificium in honorem sancti Patriarchae Ioachim, patris Mariae Virginis, maiestati tuae oblatum: ut, ipso cum coniuge sua et beatissima prole intercedente, perfectam consequi mereamur remissionem peccatorum et gloriam sempiternam.
Empfange, gnädigster Gott, das zur Ehre des heiligen Erzvaters Joachim, Vater der Jungfrau Maria, deiner Majestät dargebrachte Opfer, damit wir – wenn er mit seiner Gemahlin und dem seligsten Kind vermittelt – verdienen, vollständige Vergebung der Sünden zu erreichen und die ewige Herrlichkeit.
Hier wird das Bild eines Erzvaters mit Frau und seligem Kind gezeichnet und Joachim (abweichend von den anderen Gebeten, aber parallel zur Benennung des Hl. Josef als „Bräutigam der Jungfrau Maria“) als „Vater der Jungfrau Maria“ angesprochen.
Die vereinigte Fürsprache dieser (um eine Generation verschobenen) Heiligen Familie scheint so mächtig, dass davon gleich das Große Ziel erhofft wird: vollständige („perfekte“) Sündenvergebung und nicht nur „Heil“, sondern gleich „ewige Herrlichkeit“.
Vielleicht zeigt sich aber lediglich eine Neigung zu starken Worten, schließlich wird der „Majestät“ des „gnädigsten Gottes“ geopfert, wo manchmal ein schlichtes „dir“ und „Herr“ ausreichen muss.

3. Heute (Eltern der Gottesmutter Maria)
Súscipe, quǽsumus, Dómine, múnera nostræ devotiónis, et præsta, ut eiúsdem benedictiónis, quam Abrahæ et eius sémini promisísti, mereámur esse partícipes.
Empfange, bitten wir, Herr, die Gaben unserer Hingabe, und gewähre, dass wir verdienen, Teilhaber jenes Segens zu sein, den du Abraham und seinen Nachkommen versprochen hast.
Hier wurden zwei sehr sprachstarke, bildreiche Gebete eingestampft und ein sehr knappes, karg an Lobspruch oder Bezug zu den Tagesheiligen, erhalten. Ich verspüre gedämpfte Begeisterung.
Ich erkenne die Hingabe aus dem Anna-Gebet wieder, allerdings ist die Hingabe jetzt schon vorhanden und bringt die Gaben – und ist nicht das, was als Ergebnis von Opfer und Heiligenfürsprache in uns wächst.
Der „Erzvater“ aus dem Joachim-Gebet hat beim Reformautor wohl andere Assoziationen geweckt (als sie im Gebet zum Joachimstag aufleuchteten) – aber die besondere Beziehung zwischen Abraham und seiner Verheißung einerseits und Mariens Eltern andererseits entgeht mir.
Das Reformgebet scheint mir einen Verlust darzustellen. Soweit der Ansatz aus dem Tagesgebet, den „Gott unserer Väter“ bis zu Abraham zurückzuverorten, verfolgt wurde, scheint mir das minderangezeigt.

4. Im Deutschen Messbuch
Herr, unser Gott, nimm in diesen Gaben uns selber an und erfülle uns mit dem Segen, den du Abraham und seinen Nachkommen zugesagt hast.
Neben den Standardersetzungen
Herr ⇒ Herr, unserer Gott
bitten wir ⇒ 🙊
gewinnen wir als Neueinträge im Hippikirch-Wörterbuch
die Gaben unserer Hingabe ⇒ in diesen Gaben uns selber
gewähre, dass wir verdienen, Teilhaber zu sein an X ⇒ erfülle uns mit X
Es entsteht der Eindruck, jemand habe den bereits übersetzten Text editiert, ohne die lateinische Vorlage zu kennen, weil er Hingabe wie in „ich gebe mein Leben hin“ versteht, was devotio nicht heißt, das eher „Ergebenheit, Frömmigkeit“ oder auch „Weihe“ oder „Hochachtung“ heißt, was alles gute Voraussetzungen sind, Gaben darzubringen, aber irgendwie nicht so richtig „in diesen Gaben uns selber“ ergibt.
Und dann zeigt sich das Deutsche Messbuch ziemlich gierig. Teilzuhaben wird so verstanden, dass „unser“ Teil jedenfalls genug sein muss, um uns zu „erfüllen“.
Das lateinische Gebet zielt darauf, Gott möge uns würdig machen am Segen teilzuhaben, das deutsche, Gott möge den Segen reichlich fließen zu lassen, ohne dass sonst eine Veränderung mit „uns“ vorgeht.
Das „gewähre“ ist der Bitte angemessen, bei der dem Angesprochenen die Entscheidung über Gewährung oder Versagung bleibt – das Deutsche Messbuch bevorzugt den direkten Befehl.
Insgesamt zeigt das Deutsche Messbuch eine seltsamere Haltung vor dem „Herrn, unserem Gott“ als der Reformtext erzwingt. Kein Wunder, dass das Wort „Hingabe“ (das einen Anklang von Demut hat) wegeditiert werden musste.

Fortsetzung hier

Hl. Joachim und hl. Anna - Eltern der Gottesmutter Maria (1/3)

Der Schott erläutert: „Das neue Römische Missale feiert die Erinnerung an beide [Elternteile Mariens] gemeinsam am 26. Juli (früher: Joachim am 16. August, Anna am 26. Juli)“

Man könnte sich also jeweils für Tages-, Gaben- und Schlussgebet angucken,
  1. was früher am 26. Juli (St. Anna) gebetet wurde
  2. welcher Beitrag durch das Joachim-Fest dazukam
  3. wie der 26. Juli heute aussieht und
  4. was das Deutsche Messbuch daraus macht.
Teil 1) Tagesgebet

1. Am St.-Anna-Fest
Deus, qui beatae Annae gratiam conferre dignatus es, ut Genetricis unigeniti Filii tui mater effici mereretur: concede propitius, ut, cuius solemnia celebramus, eius apud te patrociniis adiuvemur.
Gott, der du der seligen Anna die Gnade zu verleihen geruht hast, dass sie Mutter der Gebährerin deines einziggezeugten Sohnes gemacht zu werden verdient; gewähre gnädig, dass wir durch ihre Fürbitten, deren Hochfest wir feiern, bei dir unterstützt werden.
2. Am St.-Joachim-Fest
Deus, qui prae omnibus Sanctis tuis beatum Ioachim Genetricis Filii tui patrem esse voluisti: concede, quaesumus; ut, cuius festa (memoriam) veneramur, eius quoque perpetuo patrocinia sentiamus.
Gott, der du vor all deinen Heiligen den Seligen Joachim Vater der Gebärerin deines Sohnes sein hast lassen: gewähre, bitten wir, dass wessen Festtag wir ehren, dessen Fürbitten wir auch beständig genießen mögen.
Vergleich
  • Beide Gebete sind gleich aufgebaut: Gott hat die beiden zu Eltern der Gottesgebärerin gemacht, wobei der erbaulicheren Wortwahl (du hast geruht, die Gnade zu verleihen ⇄ du wolltest; gemacht zu werden verdienen ⇄ zu sein) bei Anna der einen Vorzug ausdrückende Zusatz „vor all deinen Heiligen“ bei Joachim entgegensteht.
  • Es wird um die Fürbitten der Person gebeten, deren Festtag wir feiern bzw. verehren, welche „bei Gott“ bzw. „beständig“ erfolgen, und uns „unterstützen“ bzw. gespürt werden.
  • [Obwohl beide 1962 Feste II. Klasse waren, steht bei Anna „Hochfest“ und bei Joachim „Fest (Gedenktag)“.]
3. Heute (Eltern der Gottesmutter Maria)
Dómine, Deus patrum nostrórum, qui beátis Ióachim et Annæ hanc grátiam contulísti ut ex eis incarnáti Fílii tui Mater nascerétur, utriúsque précibus concéde, ut salútem tuo promíssam pópulo consequámur.
Herr, Gott unserer Väter, der du den seligen Joachim und Anna diese Gnade gewährtest, dass von ihnen die Mutter deines fleischgewordenen Sohnes geboren wurde, auf beider Bitten gewähre, dass wir das deinem Volk verheißene Heil erlangen.
Beobachtungen
  • Soll das „Gott unserer Väter“ uns an das Vierte Gebot erinnern, um zu begründen, dass man der Vorfahren Jesu gedenken muss? Finde ich eine sehr pompöse Anrede für ein ansonsten so schmuckloses Gebet. (Mag aber durch die erste Option für die Lesung inspiriert sein [Sir 44, 1.10-15, beginnend „Die ehrwürdigen Männer will ich preisen, unsere Väter, wie sie aufeinander folgten.“])
  • Das neue Gebet hebt sehr auf die Geburt ab [auch indem nochmal ungefragt auf die Fleischwerdung/Geburt Jesu angespielt wird], obwohl Eltern sein etwa eine Lebensspanne längert dauert als eine Geburt … [Bereitet wohl die Betrachtung im Schlussgebet vor.]
  • Der im alten Messbuch allgegenwärtige Zusammenhang zwischen Verehrung der Heiligen durch uns und Fürbitte der Heiligen für uns (z.B. wie es im [jetzt gestrichenen] Aufopferungsgebet hieß: dass „jene im Himmel für uns einzutreten geruhen mögen, deren Gedächtnis wir auf Erden begehen“) ist im Reformbuch aufgehoben; hier im Gebet werden die Fürbitten anscheinend als gegeben vorausgesetzt, weshalb man eher deren erbetene Folge breittreten kann (dass nämlich Wir einen Nutzen daraus ziehen). – Deshalb (weil die Heiligen anscheinend nicht mehr so wichtig sind) ist ja auch die Zahl der Heiligenfeste extrem zusammengestrichen worden, und nicht jedem Heiligen ist es so gut ergangen wie Joachim, der am Festtag seiner Frau unterschlüpfen konnte.
4. Im Deutschen Messbuch
Herr, du Gott unserer Väter, du hast Joachim und Anna erwählt, der Mutter deines menschgewordenen Sohnes das Leben zu schenken. Auf die Fürbitte dieser heiligen Eltern gib uns das Heil, das du deinem Volk versprochen hast.
Anmerkungen
  • Ups, wer hat sich da eingeschlichen? Da hat jemand ein korrekt übersetztes, leicht dem deutschen Sprachgebrauch angepasstes* Gebet in das Messbuch geschmuggelt.
    * d.h.:
    den Seligen diese Gnade gewähren ⇒ sie erwählen
    dass aus ihnen X geboren wurde ⇒ X das Leben zu schenken
    beider Bitten ⇒ Fürbitte dieser heiligen Eltern
    gewähre, dass wir erlangen ⇒ gib uns
  • Ein bißchen respektloser als das Original, etwas Nachhilfe für die Unaufmerksamen (wer waren noch gleich die „beiden“? – ach, die heiligen Eltern), aber im Großen und Ganzen ohne ausschweifende Phatansiezusätze – vergleichsweise gut
Teil 2 hier

Donnerstag, 25. Juli 2019

Das alte Jakobsfest

In Erwartung des heutigen Festtags wurde der Deutsche-Messbuch-Weitschweifigkeit bereits zur Genüge die gebührende Aufmerksamkeit gezollt.
Es bleibt der angekündigte Vergleich zwischen pianischer und paulinischer Gebetshaltung anzustellen.

In alter Zeit betete man zum heutigen Jakobsfest:
Tagesgebet (alt)
Esto, Domine, plebi tuae sanctificator et custos: ut, Apostoli tui Iacobi munita praesidiis, et conversatione tibi placeat, et secura mente deserviat.
Übersetzt
Sei, Herr, deinem Volk Heiligmacher und Hüter, damit es – gestärkt durch den Schutz deines Apostel Jakobs – dir sowohl im Lebenswandel gefalle als auch unbekümmert diene.
[munita praesidiis würde man ohne den Kontext eher als: befestigt durch die Wachposten übersetzen. Wie öfters wird hier für das Gebet der Ecclesia militants (=streitende Kirche, also der Teil der Kirche, der noch in dieser Welt mit der Sünde kämpft) auch eine militärische Metaphorik als passend angesehen.
secura mente (=mit sicherem Geist) ist (wie andere Verbindungen mit mente) nachklassisch auf dem Weg zur stehenden Wendung, um dann spätestens seit dem 8. Jahrhundert inhaltlich und in den romanischen Sprachen formal zum Adverb zu verschmelzen; daher hier entsprechend wiedergegeben.]

Tagesgebet (neu)
Omnípotens sempitérne Deus, qui Apostolórum tuórum primítias beáti Iacóbi sánguine dedicásti, da, quǽsumus, Ecclésiæ tuæ ipsíus confessióne firmári, et iúgiter patrocíniis confovéri.
Übersetzt
Allmächtiger ewiger Gott, der du die Erstlinge deiner Apostel durch das Blut des seligen Jakobs geweiht hast, gib, bitten wir, deiner Kirche, durch sein Bekenntnis gestärkt und durch immerwährende Fürbitten eifrig gehudert* zu werden.
* Hudern ist das, was die Glucke mit den Kücken macht, also wärmen und schützen.
[Die Formulierung im Relativsatz ist ein bißchen seltsam, angespielt werden soll darauf, dass der Heilige Jakob als erster der Apostel das Martyrium erlitt.]

Vergleich
  1. Postkonziliar wurde der Bildbereich vom Militär auf die Landwirtschaft gewechselt, und die Kirche ist eine Kückenkette unter den Fürsprachenflügeln der Heiligen, statt eine Streitmacht. Ziemlich verweichlicht.
  2. Dazu passt, dass die Kirche im alten Tagesgebet Aufgaben hatte (wohlgefälliger Wandel, Gottesdienst), während die waschlappige Kirche des heutigen Gebets nur gestärkt und gehudert wird – um des Gehudertwerden willens?
  3. Schade, dass der Sanctificator (Heiligmacher) wegfällt; der kam sonst in keinem Gebet [außer in der Anrufung des Heiligen Geistes nach der Selbstaufopferung, also vor der Handwaschung bei der Opferung] vor.
Bonus: Immerhin ist dafür die Besonderheit des jakobischen Martyriums benannt.

Gabengebet (alt)
Oblationes populi tui, quaesumus, Domine, beati Iacobi Apostoli passio beata conciliet: et, quae nostris non aptae sunt meritis, fiant tibi placitae eius deprecatione.
Übersetzt
Die Opfergaben deines Volkes, bitten wir, Herr, vermittele das selige Leiden deines seligen Apostels Jakob, und welche nicht durch unsere Verdienste tauglich sind, mögen durch seine Fürsprache dir wohlgefällig werden.
[Das Leiden „vermittelt“ die Gaben im Sinne von: ist ein Mittler zwischen uns Sündern und Gott, wie im zweiten Teil des Gebets ausgeführt.]

Gabengebet (neu)
Munda nos, Dómine, passiónis Fílii tui baptísmate salutári, ut in festo beáti Iacóbi, quem primum inter Apóstolos cálicis eius partícipem esse voluísti, beneplácitum tibi sacrifícium offerámus.
Übersetzt
Reinige uns, Herr, durch die heilbringende Taufe des Leidens deines Sohnes, damit wir dir am Fest des seligen Jakobs, der nach deinem Willen als erster unter den Aposteln Teilhaber seines [also Jesu] Kelches werden sollte, ein wohlgefälliges Opfer darbringen.
Vergleich
  1. Inhaltlich sind beide Gebete ähnlich; die Formulierungen, aus denen die Gebetshaltung durchscheint, unterscheiden sich aber.
  2. Original werden a) die Gaben b) wohlgefälligt, reformiert a) wir b) gereinigt
  3. Original geschieht dies durch Jakobs Martyrium, reformiert durch das Leiden Jesu, an dessen Kelch der Apostel Anteil hat.
  4. Original werden die Opfergaben wohlgefällig, reformiert bringen wir ein wohlgefälliges Opfer dar.
  5. Original werden „unsere Verdienste“, die nicht ausreichen, die Opfergaben angemessen zu machen, dem Martyrium (als dem seligmachenden Verdienst) Jakobs entgegengestellt. Das steht genau in Linie z.B. mit dem Gebet beim Altarkuss, mit dem der Priester früher durch die Verdienste der Heiligen Vergebung seiner Sünden erflehte (postkonziliar entfallen, wie auch viele Anrufungen der Heiligen vom Schuldbekenntnis bis zum Hochgebet, die ganz gestrichen oder optional gemacht wurden).
  6. Reformiert wird noch deutlicher als im Tagesgebet gesagt, was es mit dem Martyrium auf sich hat, so dass der Bonuspunkt für das Tagesgebet zurückgezogen werden muss: bloße Dopplung.
Fazit
Original ist das ganze Gebet durchdrungen von der Unwürdigkeit der Betenden und dem Vertrauen auf die Vermittlung der Heiligen, welche beiden die tridentinische Messe überhaupt prägten, so dass vor Beginn beim Aufstieg zum Altar immer wieder die Vergebung Gottes erbeten werden musste (s. die Bemerkungen zu Introibo und den weiteren Eröffnungsriten oder den Vorbereitungen zur Evangeliumsverkündigung ). Reformiert geht es um Reinige Uns, Wir bringen dar usw. – ein Trend, der im Deutschen Messbuch regelmäßig ins Übermaß gesteigert wird.

Schlussgebet
Das Alte wurde beibehalten, was erklären könnte, warum der Text im Deutschen Messbuch so stark von einer mehr wörtlichen Übersetzung abweicht – denn geändert werden muss auf Teufel komm raus.]

Mittwoch, 24. Juli 2019

Fest des Heiligen Jakobs, Apostel (Vorschau)

Große Ereignisse, wie hier das morgige Apostelfest, werfen ihre Schatten diesmal in folgender Form voraus:
Getreu der angestellten Beobachtung
Was der Reformeifer nicht zerstört hat, geht in der Übersetzung verloren.
soll der Gebetsvergleich diesmal in zwei Schritten erfolgen, nämlich erstens wie gehabt Missale Romanum gegenüber Deutsches Messbuch, und zweitens zur Charakterisierung des Reformeifers das aktuelle Missale gegen das von 1962.

Zu erstens:

Tagesgebet
Omnípotens sempitérne Deus, qui Apostolórum tuórum primítias beáti Iacóbi sánguine dedicásti, da, quǽsumus, Ecclésiæ tuæ ipsíus confessióne firmári, et iúgiter patrocíniis confovéri.
Übersetzt
Allmächtiger ewiger Gott, der du die Erstlinge deiner Apostel durch das Blut des seligen Jakobs geweiht hast, gib, bitten wir, deiner Kirche, durch sein Bekenntnis gestärkt und durch immerwährende Fürbitten eifrig gehudert* zu werden.
* Hudern ist das, was die Glucke mit den Kücken unter ihren Flügeln macht, also wärmen und schützen.
[Die Formulierung im Relativsatz ist ein bißchen seltsam, angespielt werden soll darauf, dass der Heilige Jakob als Erster der Apostel das Martyrium erlitt.]

Deutsches Messbuch
Allmächtiger, ewiger Gott, als Erster der Apostel hat der heilige Jakobus das Zeugnis für Christus mit seinem Blut besiegelt. Sein Bekennermut stärke uns, seine Fürbitte erwirke deiner Kirche Schutz und Sicherheit.
Anmerkungen
  1. Die Erstlingsfrüchte und die Glucke fallen raus; statt Bildern bekommen wir Sprachhülsen vorgesetzt.
  2. Jakob hat besiegelt (während im Original Gott durch Jakobs Blut weiht)
  3. Wir (statt die Kirche) werden gestärkt
  4. und zwar durch den Mut (statt durch das Glaubenszeugnis).
  5. Das immerwährend vor Fürbitte wird zu seine
Gabengebet
Munda nos, Dómine, passiónis Fílii tui baptísmate salutári, ut in festo beáti Iacóbi, quem primum inter Apóstolos cálicis eius partícipem esse voluísti, beneplácitum tibi sacrifícium offerámus.
Übersetzt
Reinige uns, Herr, durch die heilbringende Taufe des Leidens deines Sohnes, damit wir dir am Fest des seligen Jakobs, der nach deinem Willen als Erster unter den Aposteln Teilhaber seines [also Jesu] Kelches werden sollte, ein wohlgefälliges Opfer darbringen.
Deutsches Messbuch
Herr, unser Gott, nimm unser Opfer gnädig an und tilge unsere Schuld durch das Leiden, das dein Sohn als bittere Taufe auf sich genommen hat. Denn seinen Tod verkünden wir am Fest des heiligen Jakobus, der als Erster unter den Aposteln den Kelch des Leidens mit unserem Herrn Jesus Christus geteilt hat.
Anmerkungen
Die Reihenfolge ist hier so frei und die Ausdrücke sind so – anders, dass sich zunächst die Ergänzung des Hippikirch-Wörterbuchs (also ein Vergleich der Ausdrücke in der textnahen Übersetzung und dem Deutschen Messbuch) anbietet:
Reinige uns          tilge unsere Schuld
Herr                    Herr, unser Gott
die heilbringende* Taufe des Leidens deines Sohnes
                          das Leiden, das dein Sohn als bittere Taufe auf sich genommen hat
damit** wir dir … ein wohlgefälliges Opfer darbringen
                          nimm unser Opfer gnädig an
Teilhaber seines Kelches wurde
                         den Kelch des Leidens mit unserem Herrn Jesus Christus geteilt hat
* Die heilbringende Taufe (hört sonst noch jemand gerade das Exsultet mit geistigen Ohr?!) ist plötzlich bitter! Das Original sieht mit den Augen des Glaubens die Wirkung des Kreuzestodes, das Deutsche Messbuch rein menschlich den gequälten Körper. Abominandus.
** Die Ursache-Wirkung-Beziehung ist verdreht: im Original bittet die Kirche um Reinigung, damit sie ein wohlgefälliges Opfer dabringen kann, in der Fälschung ist die Annahme des Opfers Ziel des Gebets, der die Tilgung der Schuld quasi als Anhang und beides gleichberechtigt als Folge des Kreuzestodes folgt.
  1. Das voluisti (hier wiedergegeben als „nach deinem Willen … werden sollte“ [eigentlich: du hast gewollt, dass … sei]) entfällt im Messbuch, dafür macht es aus dünner Luft ein „auf sich genommen hat“. Liegt da das gleiche Prinzip zugrunde? Nämlich: Dass Gott wollte, entfällt; dass der Mensch wollte (Jesu „nimmt auf sich“ statt des impliziten „gehorcht dem Vater“, Jakob „hat geteilt“ statt dass er „Teilhaber wurde“ nach dem ausgedrückten Willen Gottes).
  2. Das „Denn seinen Tod verkünden wir“ poppt völlig unmotiviert auf, was die am Ende dieses Beitrages gezogenen Schlussfolgerung unterstützt.
Schlussgebet
Beati Apostoli tui Iacobi, quaesumus, Domine, intercessione nos adiuva: pro cuius festivitate percepimus tua sancta laetantes.
Übersetzt
Auf deines seligen Apostels Jakob Vermittlung, bitten wir, Herr, hilf uns, für dessen Festtag wir freudig deine heiligen [Sakramente] empfangen haben.
Deutsches Messbuch
Herr, unser Gott, am Fest des Apostels Jakobus haben wir die heilige Gabe empfangen. Höre auf seine Fürsprache: Geleite uns auf der Pilgerschaft unseres Lebens und führe uns zur Vollendung.
Anmerkungen

  1. Die Besonderheit dieses Gebets ist die (im Vergleich mit den meisten Gebeten nach der Kommunion) umgekehrte Reihenfolge, dass nämlich zuerst die Wirkung der Kommunion erbeten und dann erst der Bezug zum empfangenen Sakrament hergestellt wird. Aber der überstehende Nagel wird eingeschlagen, wie man so sagt, was hier bedeutet: der Messbuchtexter stellt die übliche Reihenfolge wieder her.
  2. Dabei unterschlägt er [wie üblich das „bitten wir“ und insbesondere] das Laetantes (die sich Freuenden, welche wir nach dem Empfang der heiligen [Sakramente] am Festtag sind). 
  3. Dafür dichtet er ein „unser Gott“ und „Höre“ dazu – und „umschreibt“(??) adiuva (=hilf) durch „Geleite uns auf der Pilgerschaft unseres Lebens und führe uns zur Vollendung“, als hätte nicht der Herr (unser Gott – damit klar ist, wer gemeint ist) geboten (Mt 6,7f):
Wenn ihr betet, sollt ihr nicht plappern wie die Messbuchtexter, die meinen, sie werden nur erhört, wenn sie viele Worte machen. Macht es nicht wie sie!

Montag, 22. Juli 2019

Memoria Mariae Magdalenae

Während mir unklar ist, ob der Grusel über das '70er-Jahre-Deutsch oder die Erleichterung, dass die Kirche eigentlich (selbst postkonziliar) noch sinnvoll zu beten vorgesehen hat, den Suchteffekt ausüben, gebe ich mich dem Verlangen hin und schaue auf die Gebete zum Gedenktag der Maria Magdalena.

Tagesgebet
Deus, cuius Unigénitus Maríæ Magdalénæ ante omnes
gáudium nuntiándum paschále commísit,
præsta, quǽsumus, ut, eius intercessióne et exémplo,
Christum vivéntem prædicémus,
et in glória tua regnántem videámus.
Übersetzung
Gott, dessen Einziggezeugter der Maria Magdalena vor allen
die österliche Freude zur Verkündigung anvertraut hat,
gewähre, bitten wir, dass wir auf ihre Fürsprache und [nach ihrem] Vorbild
Christus als den Lebendigen rühmen
und als in deiner Herrlichkeit Herrschenden sehen werden.
Deutsches Messbuch
Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus,
die heilige Maria Magdalena
durfte den Auferstandenen sehen
und als Erste den Jüngern die österliche Freude verkünden.
Gib auf ihre Fürsprache auch uns den Mut,
zu bezeugen, dass Christus lebt,
damit wir ihn einst schauen in seiner Herrlichkeit.
Anmerkung
  1. Löblich zu erwähnen ist, dass „Gott“, „Maria Magdalena“ und „die österliche Freude verkünden“ sinngemäß korrekt erhalten wurden.
  2. Bei Gottes Unigenitus zuckt das Messbuch merklich, dreht lieber den Spieß um und spricht von Gott als „Vater unseres Herrn Jesus Christus“, auf das Standardrepertoir geläufiger Phrasen zurückgreifend. Seit dem 16. Jhd. (der Kundige verstehe) hat sich im Deutschen für Unigenitus der „Eingeborene“ verbreitet, was den Vertrauensseligen zur Annahme, es sei von der Fleischwerdung (wie in Hinein-Geboren) die Rede. Tatsächlich ist unius = ein (wie in einzig). Genitus ist, je nachdem von welchem Elternteil die Rede ist, der Gezeugte oder der Geborene, und da die Mutter Gottes das Gebären übernahm, bleibt für den Heiligen Geist das Zeugen. Und einzig ist Jesus gezeugt, weil wir anderen Kinder Gottes durch Adoption wurden, wie in den Gebeten der Osternacht (hier, hier und hier) reichlich testiert und in der Schrift (z.B. Röm 8,15.23 – wobei in der Einheitsübersetzung hyiothesía (gr.) = adoptio (lt.) = Annahme an Kindes Statt (dt.) einmal mit „Kindschaft“ und einmal durch Phantasiegeschafel wiedergegeben ist) gegründet.
  3. Dass die Verkündigung „anvertraut“ ist (und dass damit eine Verantwortung verbunden ist) fällt unter den Tisch, dafür wird „durfte den Auferstandenen sehen“ hinzugedichtet und die Verkündigung auf „den Jüngern“ eingeschränkt. Eventuelle theologische Gründe kann ich dafür nicht erkennen. Möglicherweise zeichnen die zur Weitschweifigkeit Neigenden sich auch durch eine gewisse Ungeduld aus, die eine Überraschung nicht für sich behalten können, denn das Sehen und den Jüngern verkünden kommt sowieso im Evangelium noch ausführlich
  4. praedicare (predigen) kann vieles heißen, bezeugen ist nicht falscher als rühmen.
  5. Der Mut ersetzt den Herrschenden, hm. Scheint mir eine deutliche Betonung des Innerweltlichen gegenüber des Jenseitigen zu sein, vielleicht auch ein Hang zu "unserem Bruder Jesus" statt zu "Christus König". Falscher Ansatz, weil darum geben wird, dass Gott Mut gibt, statt dass wir das Gesäß hochkriegen und uns der seligen Schau würdig erweisen.
Soviel dazu.

Gabengebet
Súscipe, Dómine, múnera
in beátæ Maríæ Magdalénæ commemoratióne exhíbita,
cuius caritátis obséquium
Unigénitus Fílius tuus cleménter suscépit impénsum.
Übersetzung
Nimm, Herr, die Gaben an,
überreicht zum Andenken an die Heilige Maria Magdalena,
deren kostbare Huldigung der Liebe
dein einziggezeugter Sohn gütig angenommen hat.
Deutsches Messbuch
Wir bitten dich, Herr,
nimm unsere Gaben entgegen,
so wie dein Sohn den Dienst
der heiligen Maria Magdalena angenommen hat.
Anmerkung
  1. Die „zum Andenken an die Heilige Maria Magdalena überreichten“ Gaben werden im Messbuch zu „unseren“ Gaben. Denn Gedenktag oder Heilige hin oder her, in der Messe geht es schließlich um Uns, nicht wahr.
  2. Dafür steht diesmal „wir bitten dich“, vermutlich, weil dies eines der wenigen Gebete ist, bei denen im Original das [jedes Mal nicht übersetzte] quaesumus nicht vorkommt. „Ist heute Gegenteilstag?“, pflegten meine Kindlein zu fragen, als sie zu jung waren, um sicher zu sein, dass der Vater scherzte. Vielleicht ist das Deutsche Messbuch aber auch nur in einer allgemeinen Trotzphase entstanden, in der einfach immer Das Andere genommen wird.
  3. Der Unigenitus wird wieder unterschlagen, genau wie das „gütig“. [An dieser Stelle lächelt jemand mitleidig.]
  4. Der hier Maria Magdalena zugeschriebene „Dienst“ ist das Salben der Füße mit dem kostbaren Nardenöl (Joh 12,3; Mk 14,3), was ein Akt der Liebe und Dankbarkeit für die Sündenvergebung war (Lk 7, 36-50), gleichzeit als Salbung eine Huldigung, wie sie Königen, Propheten und Priestern zuteil wurde. Was genau ist an „kostbare Huldigung der Liebe“ so bedrohlich, dass der Messbuchtexter die Details des Dienstes unterdrücken muss?
Schlussgebet
Mysteriórum tuórum, Dómine, sancta percéptio
perseverántem illum nobis amórem infúndat,
quo beáta María Magdaléna
Christo magístro suo indesinénter adhǽsit.
Übersetzung
Der heilige Empfang deiner Geheimnise, Herr,
flöße uns jene ausdauernde Liebe ein,
mit der die Heilige Maria Magdalena
ihrem Meister Christus unaufhörlich anhing.
Deutsches Messbuch
Allmächtiger Gott,
deine heilige Gabe erfülle uns
mit aufrichtiger Liebe zu dir.
Lass uns nach dem Vorbild der heiligen Maria Magdalena
Christus, unserem Herrn und Meister,
in Treue nachfolgen.
Anmerkung
Es reicht hier - glaube ich - zu sagen, dass keiner der an der Ersetzung dieses Gebetes durch deutschsprachiges Blabla Beteiligten irgendeinen Schimmer davon hat, was Liebe bedeutet.

Sonntag, 21. Juli 2019

Nachklapp

Weil es immer noch schrecklicher geht und das Tagesgebet heute möglicherweise unzureichend Grauen verursachte, hier eine Überdosis:

Gabengebet:
Deus, qui legálium differéntiam hostiárum
uníus sacrifícii perfectióne sanxísti,
áccipe sacrifícium a devótis tibi fámulis,
et pari benedictióne, sicut múnera Abel, sanctífica,
ut, quod sínguli obtulérunt ad maiestátis tuæ honórem,
cunctis profíciat ad salútem.
Übersetzung:
Gott, der du die Verschiedenheit der gesetzlichen Opfergaben
durch die Vollkommenheit des Einen Opfers abgelöst hast:
nimm das Opfer von den dir ergebenen Dienern an
und heilige es mit dem gleichen Segen wie die Gaben Abels,
damit, was die Einzelnen zur Ehre deiner Herrlichkeit dargebracht haben,
allen zum Heil gereiche.
Deutsches Messbuch:
Herr, du hast die vielen Opfer,
die dir je von Menschen dargebracht werden,
in dem einen Opfer des Neuen Bundes vollendet.
Nimm die Gaben deiner Gläubigen an
und heilige sie,
wie du einst das Opfer Abels angenommen hast;
und was jeder Einzelne zu deiner Ehre darbringt,
das werde allen zum Heil.
Anmerkungen:
  1. Wer Schwierigkeiten hat, die Vokabel „Deus“ (=Gott) korrekt wiederzugeben, sollte keine Messbücher übersetzen.
  2. Kein Wunder, dass er die „gesetzlichen Opfergaben“ lieber umschreibt. Es sind aber überhaupt nicht „die vielen Opfer, die dir je von Menschen dargebracht werden [sollte das ‚wurden’ heißen?]“ gemeint, sondern die nach dem jüdischen Gesetz (guckstu Leviticus) von den Leviten dargebrachten verschiedenen Opfergaben (Rind, Kleinvieh, Geflügel).
  3. Was genau das Kreuzesopfer mit den Opfern des Alten Bundes gemacht hat, geht aus dem Text nicht eindeutig hervor. Sicher ist jedenfalls, dass die Vollkommenheit dem Einen Opfer (Einen mit großem E, um das mitklingende „einmalige“, „einzige“, „einzigartige“ auszudrücken) eignet und nicht den alten Opfern. Das „Sancire“, welches das Eine mit den alten Opfern macht, kann „heiligen“, „bestätigten“, „verordnen“ oder „verbieten“ einschließen. Die hier gegebene Übersetzung ist vom 9. Kapitel des Hebräerbriefs geleitet. Da die alten Opfer jedenfalls aufgehoben sind, scheint mir die Vollkommenheit des Einen mit dem Sancire der alten im Messbuch etwas komisch zu „vollendet“ zusammengezogen zu sein.
  4. Komisch, dass hostia (‚Opfergabe’) als Opfer, sacrificium (‚Opfer’) aber einmal als ‚Opfer’ und einmal als ‚Gaben’ wiedergegeben wird, später schließlich ‚munera’ (‚Gaben’) als ‚Opfer’. Sind aber ja auch seltene Vokabeln, die man als Messbuchübersetzer nicht unbedingt kennt.
  5. Aus den „ergebenen Dienern“, die das Opfer darbringen, werden die „Gläubigen“, was aus zwei Gründen interessant ist. Zum einen weil das devot (gottergeben, fromm, andächtig, aber auch: gottgeweiht) unterschlagen wird. Zum anderen weil die Priester, die das Opfer darbringen, in bester Konziliarsmanier ausgeblendet werden, was die später angesprochenen Einzelnen etwas in der Luft hängen lässt.
  6. Das „wie die Gaben Abels“ bezieht sich auf den „gleichen Segen“, nicht das Annehmen, aber das kann das Messbuch nicht ausdrücken, weil irgendwie der Segen abhanden gekommen ist.
  7. Es ist im Messbuch ziemlich unklar, was „jeder einzelne“ darbringt (solange hier nicht etwa an den Pfennig im Klingelbeutel gedacht ist). In alter Zeit, als noch die Priester, assistiert von den Gläubigen, das Messopfer darbrachten, war einfacher zu verstehen, welche Einzelnen zum Nutzen aller darbrachten. (Wie in „Betet … mein und euer Opfer annehme“ – „Der Herr nehme das Opfer an aus deiner Hand …“)
  8. Das Opfer „nützt“ oder „bringt voran“ (jedenfalls nicht „wird“) zum Heil, aber Vokabelunsicherheiten wundern an dieser Stelle nicht mehr.
  9. Das Darbringen in Zeilen 2 und 7 des Messbuchtextes ist in der Gegenwart gesagt, obwohl es in Zeile 2 dem Sinn nach (es handelt sich ja eine freie Umschreibung des Originals) und in Zeile 7 auch der Grammatik nach Vergangenheit sein müsste.
Fazit:
Was der Reformeifer nicht zerstört hat (Das Gebet war früher für den siebten Sonntag nach Pfingsten vorgesehen), geht in der Übersetzung verloren. Und dann kommt der Hippiepriester, der offenbar schlecht lesen kann …
Und wenn wir gerade dabei sind:
Post communionem:
Pópulo tuo, quǽsumus, Dómine, adésto propítius,
et, quem mystériis cæléstibus imbuísti,
fac ad novitátem vitæ de vetustáte transíre.
Übersetzt:
Deinem Volk, bitten wir, Herr, steh gütig bei,
und welche du mit den himmlischen Geheimnissen erfüllt hast
lass zur Neuheit des Lebens von Alten übergehen.
Deutsches Messbuch:
Barmherziger Gott, höre unser Gebet.
Du hast uns im Sakrament
das Brot des Himmels gegeben,
damit wir an Seele und Leib gesunden.
Gib, dass wir
die Gewohnheiten des alten Menschen ablegen
und als neue Menschen leben.
Anmerkungen:
  1. Da Ähnlichkeiten zwischen Original und Machwerk sporadisch sind, fällt eine ins Einzelne gehende Analyse aus.
  2. Was da geraucht wurde kann auf Dauer nicht gesund sein.
  3. Eine oratio post communionem mit ähnlichem Anfang gab es früher am Montag der Pfingstoktav. Allerdings lautete die letzte Zeile da: ab hostium furore defende (verteidige vor der Wut der Feinde). Aber mit der Sünde wurden nachkonziliar auch die feindlichen Dämonen, die uns dazu verführen, abgeschafft, weshalb man lieber allgemein vom neuen Leben als von einem ständigen Kampf mit der eigenen Sündenneigung spricht.

16. Sonntag im Jahreskreis

Tagesgebet:
Propitiáre, Dómine, fámulis tuis,
et clémenter grátiæ tuæ super eos dona multíplica,
ut, spe, fide et caritáte fervéntes,
semper in mandátis tuis vígili custódia persevérent.
Übersetzt:
Siehe gnädig, Herr, auf deine Diener,
und vermehre gütig über ihnen die Gaben deiner Gnade,
damit sie, von Hoffnung, Glaube und Liebe glühend,
immer in wachsamer Hut deiner Weisungen verharren.
Deutsches Messbuch:
Herr, unser Gott, sieh gnädig auf alle,
die du in deinen Dienst gerufen hast.
Mach uns stark im Glauben,
in der Hoffnung und in der Liebe,
damit wir immer wachsam sind
und auf dem Weg deiner Gebote bleiben.
Anmerkungen:
  1. „unser Gott“ setzt das Messbuchübersetzungskollektiv hilfreich hinzu, weil man in der typischen Messe im deutschsprachigen Raum nicht mehr zuverlässig aus dem Kontext entnehmen kann, an welchen Herrn genau sich das Gebet gerade richtet – oder was?
  2. „alle, die du in deinen Dienst gerufen hast“ für „deine Diener“ könnte zwar ein früher Vorbote der alle Gender neutralisierenden Zeitgeistigkeit sein, scheint mir aber lediglich dem in der Übertragung allfälliglichen Geschwafeldrang zu folgen
  3. Die zweite der vier Zeilen unterschlägt das Messbuch ganz, kommt aber trotzdem auf fünf Zeilen. Aber wer interessiert sich für Inhalt, wenn man auch Redensarten klopfen kann.
  4. Apropos: die Redenart hat die Reihenfolge von Glauben, Hoffnung und Liebe anders als das Gebet.
  5. Im Original glühen die Diener bereits von Hoffnung, Glaube und Liebe (ach, die feurigen Römer); im Deutschen muss erst erbeten werden, dass sie wenigstens stark gemacht werden (ach, die waschlappigen Übersetzer).
  6. „vigili custodia“ ist zwar ziemlich doppelt (wachsame Wache), hat aber dafür auch den zweifachen Anklang an „bleibet hier und wachet mit mir“ (z.B. Mk 14,38) und „behütet meine Gebote“ (s. z.B. Dtn 6,2), und dann mit dem „perserverent“ (bei etwas bleiben, beharren, verharren; lange anhalten, fortdauern; fortfahren etwas zu tun, weiterhin tun) noch einen Schuss von ausdauerndem „seid bereit“ (vgl. z.B. Lk 12,37ff.). Den „Weg der Gebote“ gibt es biblisch zwar manigfaltig, in diesem Gebet aber eigentlich nicht.
  7. Während im Original für Gottes Diener im allgemeinen gebetet wird, schwenkt das deutsche Messbuch zwischendrin auf „uns“ und „wir“ um. Darum geht es schließlich in der Messe, nicht wahr?!
Statt eines entbehrlichen Fazits ein

Bonus:
Die Worte aus der ersten Lesung "Der Herr erschien Abraham ... Er ... sah vor sich drei Männer stehen" wird als frühe Andeutung der Dreifaltigkeit gesehen.

Sonntag, 14. Juli 2019

15. Sonntag im Jahreskreis

Zum Einzug ist ein Vers, der mit "vgl. Ps 17(16),15" gekennzeichnet ist, vorgesehen:
Ego autem cum iustítia apparébo in conspéctu tuo;
satiábor dum manifestábitur glória tua.
Übersetzt:
Ich aber werde mit Gerechtigkeit vor deinem Angesicht erscheinen;
ich werde gesättigt, wenn sich deine Herrlichkeit zeigen wird.
Im deutschen Messbuch steht stattdessen:
Ich will in Gerechtigkeit dein Angesicht schauen,
mich satt sehen an deiner Gestalt, wenn ich einst erwache.
Deutung:
Der Messbuchautor hat zwar den Psalmvers richtig nachgeschlagen, aber das „vgl.“ wohl überlesen, denn der Vers zum Einzug ist nur angelehnt an den Psalm, nicht aber diesem entnommen.

Fazit:
Leistungsverweigerung (keine Übersetzung vorgenommen), weiteres s.u.

Tagesgebet:
Deus, qui errántibus, ut in viam possint redíre,
veritátis tuæ lumen osténdis,
da cunctis qui christiána professióne censéntur,
et illa respúere, quæ huic inimíca sunt nómini,
et ea quæ sunt apta sectári.
Übersetzung:
Gott, der du den Irrenden, damit sie auf den Weg zurückkehren können,
deiner Wahrheit Licht entgegenstreckst,
gib allen, die zum christlichen Bekenntnis gezählt werden,
sowohl jenes zurückzuweisen, was diesem Namen feindlich ist,
als auch nach dem, was passend ist, eifrig zu streben.
Deutsches Messbuch:
Gott, du bist unser Ziel,
du zeigst den Irrenden das Licht der Wahrheit
und führst sie auf den rechten Weg zurück.
Gib allen, die sich Christen nennen, die Kraft,
zu meiden, was diesem Namen widerspricht
und zu tun, was unserem Glauben entspricht.
Bemerkungen:
  1. Gott mag zwar unser Ziel sein; dies ist aber in diesem Tagesgebet nicht ausgedrückt. [Wie an anderer Stelle auch der "rechte" Weg und die "Kraft" sinngemäß ergänzend eingefügt wurden.]
  2. Original wird erbeten, dass das Licht der Wahrheit den Irrenden ermögliche, den Weg wiederzufinden; die Fälschung macht zwei getrennte Gedanken daraus und überlässt es Gott, die Irrenden zu führen. Besser ist, sonst könnte noch jemand auf den Gedanken kommen, im Lichte der Wahrheit selbst aktiv zu werden und seine Sünden und Bußnotwendigkeit zu erkennen.
  3. Nennen wir uns im deutschen Sprachraum anscheinend selbst Christen („selbstidentifizierter Christ“ oder Trans-Heide?), während man im Rest der Welt zu diesem Bekenntnis gezählt zu werden bräuchte.
  4. „Meiden“ (statt wörtlich „ausspucken“) und „tun“ statt „stets folgen, überall begleiten, nachjagen, eifrig streben nach, gern aufsuchen“ scheinen mir relativ farb- und kraftlos.
Fazit:
Inhaltlich nicht völlig falsch wiedergegeben, allerdings so bübchenhaft verstottert, dass man spekulieren kann, der Messbuchzuarbeiter leide an niedrigem Blutdruck, weil er den Morgenkaffee wegen dessen Bitterkeit verschmähte.

Übrigens:
Im Vetus Ordo wurde das Gebet am dritten Sonntag nach Ostern gesprochen, wobei dort „viam iustitiae“ spezifiziert war (Weg der Gerechtigkeit). Aber wie gesagt, Anklänge an Gerechtigkeit, die Sünde und Umkehr implizieren, sind nicht mehr letztkonzilsgeistgemäß. Womit sich auch erklärt, warum der Eingangsvers so umgedreht werden musste, dass die Notwendigkeit, beim Jüngsten Gericht „mit Gerechtigkeit“ gefunden zu werden, nivelliert wird.

Sonntag, 7. Juli 2019

14. Sonntag im Jahreskreis

Das heutige Tagesgebet ist reich durch Gegensatzpaare geschückt:
  • gefallen – wieder aufgerichtet
  • (freiwillige) Niedrigkeit des Sohnes – (erzwungene) Knechtschaft der Sünde
  • laetitia (in dieser Welt) – gaudium (in der nächsten)
Das letzte bietet Anlass zum Nachschlagen, denn im einfachsten Falle bedeuten beide „Freude“ (und so wurden sie von nachklassischen Autoren auch gleichbedeutend verwendet).

Das Wörterbuch erläutert jedoch
gaudium = die innere Freude
Als Gegensatz ist angegeben: luctus [Trauer];
Und laetitia = die Freude, die sich äußerlich offenbart; die Fröhlichkeit
Gegensätze sind tristitia, maeror, dolor, cura [d.h. Traurigkeit, Wehmut, Leid, Sorge])
Aufgrund der genannten Gegenätze würde ich in Anlehnung an Mt 18,3 das Wort laetitia mit Unbeschwertheit (der Kinder Gottes) wiedergeben. Für gaudium aber bietet sich das gute alte Wonne an.

Tagesgebet:
Deus, qui in Fílii tui humilitáte iacéntem mundum erexísti, fidélibus tuis sanctam concéde lætítiam, ut, quos eripuísti a servitúte peccáti, gáudiis fácias pérfrui sempitérnis.
Übersetzung:
Gott, der du durch den demütigen Gehorsam deines Sohnes die gefallene Welt wieder aufgerichtet hast, gewähre deinen Gläubigen heilige Unbeschwertheit, damit du jene, die du aus der Knechtschaft der Sünde herausgerissen hast, die ewigen Wonnen genießen lässt.
Deutsches Messbuch:
Barmherziger Gott, durch die Erniedrigung deines Sohnes hast du die gefallene Menschheit wieder aufgerichtet und aus der Knechtschaft der Sünde befreit. Erfülle uns mit Freude über die Erlösung und führe uns zur ewigen Seligkeit.
 Anmerkungen:
  • Im Messbuchtext scheinen (innerweltliche) Freude ("über die Erlösung" statt "heilige") und ewige Seligkeit ein Ding, geradezu das eine die Fortsetzung des anderen zu sein. Der Gegensatz zwischen laetitia und gaudium verblasst.
  • Beides gibt es für „uns“, statt (original) für die „Gläubigen“ und die „aus der Knechtschaft der Sünde“ Herausgerissenen.
  • Auch die gefallene Menschheit und die aus der Knechtschaft Befreiten scheinen hier zusammenzufließen, ohne dass der Mensch da noch groß mitwirken oder antworten muss.
    Das Original würde ich eher als ein Zusammenwirken oder Ping-Pong zwischen Gott und Mensch deuten: (Mensch) fällt – (Gott) richtet auf – (Mensch) glaubt [und das gibt ihm die Freude und öffnet ihn für die Gnade, sich mit Gott versöhnen zu lassen] – (Gott) reißt aus der Knechtschaft der Sünde – (Mensch) wird durch Gottes Machen, um welches hier gebetet wird, zur ewigen Seligkeit geführt.
    Kommt in der Messbuchübersetzung von 1973 irgendwie nicht ganz so rüber.
Dieses Gebet ist übrigens eines der wenigen, die es aus dem alten Messbuch in das nachkonziliare geschafft haben, wenn auch (wie meistens in diesen Fällen) nicht ohne Narben.

Früher hieß es am zweiten Sonntag nach Ostern
Deus, qui in Filii tui humilitate iacentem mundum erexisti: fidelibus tuis perpetuam concede laetitiam; ut, quos perpetuae mortis eripuisti casibus, gaudiis facias perfrui sempiternis
… jene, die du dem Los des ewigen Todes entrissen hast

Dies folgt (sagen die Experten) dem allgemeinen Trend in paulinischem Messbuch: Hinweise auf die vier letzten Dinge (Tod, Gericht, Himmel, Hölle) wurden weitgehend entfernt.