Mittwoch, 24. September 2014

Ist Ehe ein verzichtbares Bildungselitenprivileg?



Der jüngste Untergang des Abendlandes wird in der FAZ anlässlich von wahrgenommener umgreifender Verringerung von Sprachkompetenz und verbreitetem Analphabetismus ausgerufen, wobei für die Misere Reformfehler verantwortlich gemacht werden, die Absichten entstammen, die den vorgebrachten Gründen für die neue Barmherzigkeit so ähnlich sind, dass man einzelne Passagen aus dem Artikel fast unverändert zur Warnung der Kasper-Jünger zitieren kann:

Wenn etwas schwerfällt, bieten die Hirten Erleichterungen an. Doch wo alle Schwierigkeiten umgangen werden, herrscht die Praxis des Unglaubens. Verlernen wir die Ehe?
Es ist gespenstisch: Eine Mutter nutzt das Angebot der Gemeinde ihrer Tochter zu einem Tag der offenen Tür und nimmt interessiert an einer Wort-Gottes-Feier teil. Die junge, engagiert wirkende Gemeindereferentin spricht über Beziehungen, fragt, welche Beziehungen die Kinder kennen, schreibt die Beziehungarten, die ihr zugerufen werden, an eine Tafel. Und dann, die Mutter traut ihren Augen kaum, steht da, groß und deutlich: Verantwortungsgemeinschaft.
Und das Erstaunliche daran: Das war kein Fauxpas, keine einmalige Fehlleistung, wie sie vorkommen kann, sondern hatte System, war Konsequenz der Methode, mit der die junge Gemeindereferentin selbst Treue gelernt hatte: nach dem Gefühl! Treusein, wie man lustig ist, ohne dabei korrigiert zu werden - das könnte die Kinder traumatisieren -, wird schon seit geraumer Zeit praktiziert und zeitigt nun seine sichtbaren Erfolge: das Ende der Familie.
Die durch die unglückselige und misslungene Pastoralreform provozierte Unsicherheit und Gleichgültigkeit allen Fragen eines korrekten Miteinanders gegenüber wird durch eine Didaktik verstärkt, die den sakramentalen Charakter einer christlichen Ehe systematisch verkennt und bekämpft. Jeder, wie er will, und wer gar nicht will, kann am Ende weder lieben noch treusein.
Natürlich ist nach jeder Umfrage zur Kenntnis und Umsetzung der kirchlichen Lehre das Entsetzen groß, und der Ruf nach noch mehr Reformen wird lauter. Dass es gerade diese Forderungen und ihre Durchsetzung sind, die die Misere erst erzeugt haben, kommt auch den radikalsten Pastoralreformern nicht in den Sinn. Der Verdacht, dass man gezielt versucht, diesen Problemen zu entgehen, indem man die Niveaus neu definiert, für Schwächen euphemistische Umschreibungen findet und alles allen so einfach wie möglich macht, schleicht sich ein.
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Der Eingang in das Reich der Ehe aber hatte seinen Preis: Erfordert war eine Disziplinierung der Sinne und des Körpers, wie sie keine andere Beziehung dem Menschen abverlangte.
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Liebe und Treue sind keine Tätigkeiten, die man einmal lernt, jahrzehntelang brachliegen lassen und trotzdem bei jeder Gelegenheit reaktivieren kann. Wer nicht ständig liebt, verlernt das Lieben wieder.
Dass der Erwerb dieser Kompetenzen nicht jedem leichtfällt, ist kein Grund, das wahllose Kotieren zu einem Akt des Liebens und das Nacheinander von Lebensabschnittspartnerschaften zu einem Akt der Treue hochzustilisieren. Besser wäre es, all jene, die Schwierigkeiten beim Erwerb dieser Fähigkeiten haben, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu unterstützen, damit sie wirklich lieben und treusein lernen.

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