Sonntag, 7. Juni 2020

Der kleine Unterschied

Zum Hochfest der Heiligsten Dreifaltigkeit verwendet die Kirche auch heute noch fast die bewährten Gebete. Ein bißchen holprig macht die Andacht allerdings der eingebrachte kleine Unterschied.

Man hätte dort für Oratio/Collecta:

Traditionell

Omnipotens sempiterne Deus, qui dedisti famulis tuis, in confessione verae fidei, aeternae Trinitatis gloriam agnoscere, et in potentia maiestatis adorare Unitatem: quaesumus; ut, eiusdem fidei firmitate, ab omnibus semper muniamur adversis.

Übersetzung

Allmächtiger ewiger Gott, der du deinen Knechten gegeben hast, im Bekenntnis des wahren Glaubens die Herrlichkeit der ewigen Dreifaltigkeit zu erkennen und in der Macht der Größerheit* die Einheit anzubeten: wir bitten, dass wir durch die Festigkeit desselben Glaubens von allen Widrigkeiten immer geschützt werden.
* Majestät

Reformiert

Deus Pater, qui, Verbum veritátis et Spíritum sanctificatiónis mittens in mundum, admirábile mystérium tuum homínibus declárasti, da nobis, in confessióne veræ fídei, ætérnæ glóriam Trinitátis agnóscere, et Unitátem adoráre in poténtia maiestátis.

Übersetzung

Gott Vater, der du, das Wort der Wahrheit und den Geist der Heiligkeit in die Welt sendend, dein bewundernswertes Geheimnis den Menschen erklärt hast, gib uns, im Bekenntnis des wahren Glaubens die Herrlichkeit der ewigen Dreifaltigkeit zu erkennen und die Einheit anzubeten in der Macht der Größerheit.

Da ist doch irgendwie der Glaube von der Einleitung in die Bitte gerutscht. Vorausgesetzt werden kann beim Reformbeter anscheinend nichts mehr.

Der Gräuel*

Herr, himmlischer Vater, du hast dein Wort und deinen Geist in die Welt gesandt, um das Geheimnis des göttlichen Lebens zu offenbaren. Gib, dass wir im wahren Glauben die Größe der göttlichen Dreifaltigkeit bekennen und die Einheit der drei Personen in ihrem machtvollen Wirken verehren.

* im Volksmund: Deutsches Messbuch

Vergleich

  • Gott ⇒ Herr, himmlischer
    Warum auch immer.
  • Wort der Wahrheit ⇒ dein Wort
    Man vermeidet sorgfältig, diesen einst häufig gebrauchten Ausdruck wörtlich zu übersetzen und ggf. in der Katechese zu erläutern, um die Schäfchen nicht der Gefahr auszusetzen, eventuell unterkommende vorkonziliare Texte zu verstehen.
  • Geist der Heiligkeit ⇒ deinen Geist
  • dein bewundernswertes Geheimnis ⇒ das Geheimnis des göttlichen Lebens
    Wenn man sich wundert, welches Geheimnis gerade gemeint sein könnte, bleibt keine Kapazität mehr, das auch noch zu bewundern.
  • du hast den Menschen erklärt ⇒ um zu offenbaren
  • im Bekenntnis des wahren Glaubens ⇒ im wahren Glauben bekennen
    Das Bekenntnis ist im Original gesetzt; gebetet wird um „erkennen“ und „anbeten“. Der Gräuel muss um Bekennermut beten.
  • die Herrlichkeit der ewigen Dreifaltigkeit zu erkennen ⇒ die Größe der göttlichen Dreifaltigkeit
    Das Bekenntnis des wahren Glaubens (in seiner ganzen Fülle) möge, bittet das Original, zur Erkenntnis führen. Der Gräuel bittet lediglich darum, dass wenigstens der elementarste Glaubenssatz durch göttlichen Beistand bekannt werden möge.
  • die Einheit ⇒ die Einheit der drei Personen
    Wie bitter nötig die DMliche Bitte ist, zeigt das Bewusstsein, dass man selbst bei den Messbesuchern am Hochfest der Heiligsten Dreifaltigkeit nicht als bekannt voraussetzen darf, von welcher „Einheit“ denn da die ganze Zeit geredet wird.
  • in der Macht der Größerheit ⇒ in ihrem machtvollen Wirken
    „Majestät“ kann vieles heißen (Würde, Erhabenheit, Ansehen, Größe; Hoheit), aber kaum „Wirken“.
  • anzubeten ⇒ zu verehren
    Das muss reichen. Es ist ja nicht so, als ob der mündige Christ gleich auf die Knie fallen würde, bloß weil er seinem Gott gegenübersteht.

Weiter bei der Secreta/Super Oblata:

Traditionell

Sanctifica, quaesumus, Domine Deus noster, per tui sancti nominis invocationem, huius oblationis hostiam: et per eam nosmetipsos tibi perfice munus aeternum.

Übersetzung

Heilige, bitten wir, Herr unser Gott, durch deines heiligen Namens Anrufung, dieser Opferung Opfer: und mache durch es uns selbst dir zur ewigen Gabe.

Reformiert

Sanctífica, quǽsumus, Dómine Deus noster, per tui nóminis invocatiónem, hæc múnera nostræ servitútis, et per ea nosmetípsos tibi pérfice munus ætérnum.

Übersetzung

Heilige, bitten wir, Herr unser Gott, durch deines heiligen Namens Anrufung, diese Gaben unseres Dienstes: und mache durch sie uns selbst dir zur ewigen Gabe.

Ich will mich gar nicht daran aufhalten, dass die Gegenüberstellung des Identischen [munera/munus (Gaben/Gabe)] voll unelegant ist. Aber wo ist die Opferung geblieben, wo das Opfer?

Der Gräuel

Gott, unser Vater, wir rufen deinen Namen an über Brot und Wein. Heilige diese Gaben und nimm mit ihnen auch uns an, damit wir dir auf ewig gehören.

Vergleich

  • bitten wir, Herr unser Gott ⇒ Gott, unser Vater
  • deines heiligen Namens Anrufung ⇒ wir rufen deinen Namen an über Brot und Wein
    Irgendwie werden unterschiedliche Aspekte hervorgehoben, scheint mir.
  • diese Gaben unseres Dienstes ⇒ diese Gaben
    Hm. Aber der Gräuel hatte ja schon „Wir“ gesagt, und man möchte ja nicht doppeln, diesmal.
  • mache durch sie uns selbst ⇒ nimm mit ihnen auch uns an
    Im Original möchte der Beter durch das Messopfer verwandelt (das „machen“ ist „fertig machen“, „vervollkommnen“), der Gräuel angenommen werden. Ob der Unterschied zwischen Gottesdienst und Komm-wie-du-bist-Party hinreichend klar ist?
  • dir zur ewigen Gabe ⇒ damit wir dir auf ewig gehören
    Original: „nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebe in mir“. Gräuel: Gefasel.

Unverändert blieben Präfation

Vere dignum et iustum est, aequum et salutare, nos tibi semper et ubique gratias agere: Domine, sancte Pater, omnipotens aeterne Deus:
Qui cum unigenito Filio tuo, et Spiritu Sancto, unus es Deus, unus es Dominus: non in unius singularitate personae, sed in unius Trinitate substantiae. Quod enim de tua gloria, revelante te, credimus, hoc de Filio tuo, hoc de Spiritu Sancto, sine differentia discretionis sentimus. Ut in confessione verae sempiternaeque Deitatis, et in personis proprietas, et in essentia unitas, et in maiestate adoretur aequalitas.
Quam laudant Angeli atque Archangeli, Cherubim quoque ac Seraphim: qui non cessant clamare cotidie, una voce dicentes: Sanctus …

Übersetzung

Wahrhaft würdig und recht ist, angemessen und heilsam, dass wir dir immer und überall Dank abstatten: Herr, heiliger Vater, allmächtiger ewiger Gott:
Der du mit deinem einziggezeugten Sohn und dem Heiligen Geist ein Gott bist, ein Herr bist: nicht in der Einzelheit einer einzigen Person, sondern in der Dreifaltigkeit einer einzigen Wesenheit. Was wir nämlich von deiner Herrlichkeit, von dir offenbart, glauben, dieses meinen wir auch von deinem Sohn, dieses vom Heiligen Geist, ohne Unterschied der Unterscheidung*. Damit wir im Bekenntnis der wahren und ewigen Gottheit in den Personen die Besonderheit, im Wesen die Einheit und in der Größerheit** die Gleichheit anbeten.
Welche [Größerheit] loben die Engel und Erzengel, Cherubim auch und Seraphim: die nicht aufhören täglich zu rufen, mit einer Stimme sagend: Heilig …
* oder: Verschiedenheit des Urteils
** Majestät

Deutsches Messbuch

In Wahrheit ist es würdig und recht, dir, Herr, heiliger Vater, allmächtiger, ewiger Gott, immer und überall zu danken.
Mit deinem eingeborenen Sohn und dem Heiligen Geist bist du der eine Gott und der eine Herr, nicht in der Einzigkeit einer Person, sondern in den drei Personen des einen göttlichen Wesens. Was wir auf deine Offenbarung hin von deiner Herrlichkeit glauben, das bekennen wir ohne Unterschied von deinem Sohn, das bekennen wir vom Heiligen Geiste. So beten wir an im Lobpreis des wahren und ewigen Gottes die Sonderheit in den Personen, die Einheit im Wesen und die gleiche Fülle in der Herrlichkeit.
Dich loben die Engel und Erzengel, die Kerubim und Serafim. Wie aus einem Mund preisen sie dich Tag um Tag und singen auf ewig das Lob deiner Herrlichkeit: Heilig ...

und Postcommunio/Post communionem

Proficiat nobis ad salutem corporis et animae, Domine Deus noster, huius sacramenti susceptio: et sempiternae sanctae Trinitatis eiusdemque individuae Unitatis confessio.

Übersetzung

Nützen möge* uns zum Heil von Körper und Seele, Herr unser Gott, dieses Sakramentes Empfang sowie das Bekenntnis der ewigen heiligen Dreifaltigkeit und deren ungeteilten Einheit.
* Ich persönlich würde ja bei zwei Subjekten (Empfang und Bekenntnis) den Plural setzen, der Gebetsverfasser aber nicht.

Der Gräuel

Herr, unser Gott, wir haben den Leib und das Blut deines Sohnes empfangen. Erhalte uns durch dieses Sakrament im wahren Glauben und im Bekenntnis des einen Gottes in drei Personen.

Vergleich

  • nützen möge uns ⇒ erhalte uns
    Das Original hat den Unterton des Vorwärtskommens, der Gräuel den des Nichtzurückfallens.
  • zum Heil von Körper und Seele ⇒ im wahren Glauben und im Bekenntnis
    Im Original wird das Heil als Folge von Empfang und Bekenntnis erbeten, im Gräuel Glaube und Bekenntnis als Folge des Empfangs. Lagen hier durch die Wortstellung erzeugte Verständnisschwierigkeiten vor? (Der Gräuel übersetzt, als ob confessionem stünde statt confessio, und erfindet den „Glauben“ dazu.)
  • dieses Sakramentes Empfang ⇒ wir haben den Leib und das Blut deines Sohnes empfangen … durch dieses Sakrament
    Sicherlich hilfreiche Erläuterung für die Keksabholer, die nicht wissen, welches Sakrament sie empfangen haben könnten.
  • Bekenntnis der ewigen heiligen Dreifaltigkeit und deren ungeteilten Einheit ⇒ Bekenntnis des einen Gottes in drei Personen
    Das Original preist erneut das Festgeheimnis, der Gräuel muss stark zusammenfassen, weil doch schon so viele Worte um das Tun des „Wir“ verloren wurden.

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