Mittwoch, 11. März 2020

eine besondere Zeit heilbringend festgesetzt

Für die Fastenzeit sieht das Reformmissale vier Präfationsalternativen vor: zwei sind besonders für Sonntage, an denen man keine eigene Präfation nehmen muss*, geeignet, zwei für die Werktage der Fastenzeit und Fastentage allgemein.
* Es ist für jeden Sonntag eine eigene Präfation vorgesehen, aber diejenigen, die sich auf ein Evangelium beziehen, das im jeweiligen Lesejahr nicht dran ist, können ersetzt werden.

Da wären also:

Präfation 1
De spiritali significatione Quadragesimæ
Vere dignum et iustum est, æquum et salutáre, nos tibi semper et ubíque grátias ágere: Dómine, sancte Pater, omnípotens ætérne Deus: per Christum Dóminum nostrum.
Quia fidélibus tuis dignánter concédis quotánnis paschália sacraménta in gáudio purificátis méntibus exspectáre: ut, pietátis offícia et ópera caritátis propénsius exsequéntes, frequentatióne mysteriórum, quibus renáti sunt, ad grátiæ filiórum plenitúdinem perducántur.
Et ídeo cum Angelis et Archángelis, cum Thronis et Dominatiónibus, cumque omni milítia cæléstis exércitus, hymnum glóriæ tuæ cánimus, sine fine dicéntes: Sanctus, Sanctus, Sanctus …
Übersetzung
Von der geistlichen Bedeutung der Fastenzeit
Wahrhaft würdig und recht ist, angemessen und heilsam, dass wir dir immer und überall Dank abstatten: Herr, heiliger Vater, allmächtiger ewiger Gott: durch Christus unseren Herrn.
Weil du deinen Gläubigen wohlwollend gewährst, alljährlich die Ostergeheimnisse in Freude mit gereinigten Herzen zu erwarten: damit sie, der Frömmigkeit Pflichten und Werke der Nächstenliebe williger ausführend, durch den Besuch der Mysterien, durch welche sie wiedergeboren wurden, zur Fülle der Gnade der Kinder geführt werden.
Und siehe! mit Engeln und Erzengeln, mit Thronen und Herrschaften, und mit der ganzen Schar des himmlischen Heeres singen wir den Hymnus deiner Herrlichkeit, ohne Ende sagend: Heilig, heilig, heilig …
Deutsches Messbuch
Der geistliche Sinn der Fastenzeit
In Wahrheit ist es würdig und recht, dir, Vater im Himmel, zu danken und dein Erbarmen zu preisen.
Denn jedes Jahr schenkst du deinen Gläubigen die Gnade, das Osterfest in der Freude des Heiligen Geistes zu erwarten. Du mahnst uns in dieser Zeit der Buße zum Gebet und zu Werken der Liebe, du rufst uns zur Feier der Geheimnisse, die in uns die Gnade der Kindschaft erneuern. So führst du uns mit geläutertem Herzen zur österlichen Freude und zur Fülle des Lebens durch unseren Herrn Jesus Christus.
Durch ihn rühmen wir deine Größe und vereinen uns mit den Chören der Engel zum Hochgesang von deiner göttlichen Herrlichkeit: Heilig …
Anmerkungen
  • Der Einleitungssatz ist in allen Präfationen der gleiche; die einzige Variation ist das Zusatz von „durch Christus unseren Herrn“, wenn das im folgende angesprochene „Du“ der Sohn und nicht der Vater ist.
    Das DM dagegen kennt eine Fülle von Einleitungssätzen, die sich jeweils durch originelle Auslassungen und Fantasieergüsse unterscheiden; die hier vorkommenden sind markiert.
  • Das „quotannis“ steht ungünstig zwischen dem Gewährenden und dem Gewährten, so dass der Übersetzer aufgrund des Inhalts entscheiden muss, wohin es gehört. Das DM denkt, dass Jesus jedes Jahr schenkt – ich denke, dass Jesus einmal auferstanden ist und die Gläubigen alljährlich das Osterfest erwarten. Ich bin aber natürlich kein Fachtheologe.
  • Das Original lässt Jesus „wohlwollend gewähren“; das DM „die Gnade schenken“, seine Lieblings-Standard-Phrase dreschend.
  • Das Original lässt die Gläubigen „in Freude mit gereinigten Herzen“ erwarten (was supergut zur Überschrift „Bedeutung der Fastenzeit“ passt), das DM lässt sie „in der Freude des Heiligen Geistes“ erwarten, was komplett und völlig von Text und Sinn losgelöst ist.
  • Im Original „führen die Gläubigen williger aus“; im DM muss der Herr „uns mahnen“ – bei der DMlichen Zielgruppe kann anscheinend weder Willigkeit noch Ausführen vorausgesetzt werden. Aber dafür wird „diese Zeit der Buße“ dazuerfunden.
  • Die fastenzeitspezifischen „Pflichten der Frömmigkeit“ sind vor allem Beichte (aber was soll man gewöhnliche Gläubige an etwas erinnern, dass selbst die Hälfte der deutschen Priester nicht jährlich in Anspruch nimmt), Fasten und Almosengeben. Im DM wird daraus „Gebet“, das mindestens einmal jährlich, vorzugsweise vor Ostern veranstaltet wird, bzw. welches zu gebrauchen die DM-Zielgruppe gemahnt wird.
  • Das „wiedergeboren wurden“ des Originals steht in vollendeter Vergangenheit (insofern die Gnade der Erlösung in der Taufe schon erhalten wurde), während das DMlich „Gnade der Kindschaft erneuern“ ein fortlaufender Vorgang ist.
  • Die originale „Fülle der Gnade der Kinder“ ist etwas Jenseitiges. Das DM hat die Wendung schon vorher abgearbeitet und holt an dieser Stelle die „geläuterten Herzen“ und das „durch unseren Herrn …“ nach, doppelt auch die „österliche Freude“ und hat die Funktion, die jene Wörter an ihrem Ort im Original haben, scheint’s nicht recht verstanden.

Als Alternative für die Sonntage gibt es die

Präfation 2
De spiritali pænitentia
Vere dignum et iustum est, æquum et salutáre, nos tibi semper et ubíque grátias ágere: Dómine, sancte Pater, omnípotens ætérne Deus:
Qui fíliis tuis ad reparándam méntium puritátem, tempus præcípuum salúbriter statuísti, quo, mente ab inordinátis afféctibus expedíta, sic incúmberent transitúris ut rebus pótius perpétuis inhærérent.
Et ídeo, cum Sanctis et Angelis univérsis, te collaudámus, sine fine dicéntes: Sanctus, Sanctus, Sanctus
Übersetzung
Von der geistlichen Buße
Wahrhaft würdig und recht ist, angemessen und heilsam, dass wir dir immer und überall Dank abstatten: Herr, heiliger Vater, allmächtiger ewiger Gott:
Der du deinen Kindern zur Wiederherstellung der Herzensreinheit eine besondere Zeit heilbringend festgesetzt hast, in der sie, während der Geist von ungeordneten Leidenschaften losgemacht wird, sich so den vergänglichen Dingen widmen, dass sie besser den bleibenden anhängen können.
Und siehe! mit sämtlichen Heiligen und Engeln loben wir dich zusammen, ohne Ende sagend: Heilig, heilig, heilig …
Deutsches Messbuch
Innere Erneuerung durch Buße
Wir danken dir, Vater im Himmel, und rühmen deinen heiligen Namen.
Denn jetzt ist die Zeit der Gnade, jetzt sind die Tage des Heiles. Du hilfst uns, das Böse zu überwinden, du schenkst uns von neuem die Reinheit des Herzens. Du gibst deinen Kindern die Kraft, in dieser vergänglichen Welt das unvergängliche Heil zu wirken durch unseren Herrn Jesus Christus.
Durch ihn preisen wir dich in deiner Kirche und vereinen uns mit den Engeln und Heiligen zum Hochgesang von deiner göttlichen Herrlichkeit: Heilig …
Anmerkungen
Diesmal ist es einfacher, die Wörter, die das DM beibehalten hat, zu markieren. Es sind nicht viele, und sie sind so durcheinandergewürfelt und mit Fantasieprodukten gemischt, dass unsicher ist, ob sie noch den beabsichtigten Sinn wiedergeben.
Mutmaßliche Zuordnung einiger Phrasen:
  • Wiederherstellung ⇒ du schenkst uns von neuem
  • eine besondere Zeit festgesetzt ⇒ jetzt sind die Tage
    Das DM zitiert anlaßlos 2 Kor 6, 2.
  • der Geist von ungeordneten Leidenschaften losgemacht wird ⇒ Du hilfst uns, das Böse zu überwinden
    Hier wird nicht klar, dass das „Böse“ in uns steckt, oder? Das DM scheint an ein äußerliches Böses zu denken, mit dem die DM-Zielgruppe wenig zu tun hat, weil Gott ja überwindet, und gut ist.
  • sich so den vergänglichen Dingen widmen ⇒ in dieser vergänglichen Welt
  • besser den bleibenden anhängen ⇒ Du gibst deinen Kindern die Kraft, das unvergängliche Heil zu wirken.
    Waah? Ich bin echt kein Theologe, aber dass das Heil von irgendwelchen Menschen „gewirkt“ wird, scheint mir nicht ganz genau exakt das zu sein, was der Katechismus lehrt (z.B.: #430: „In Jesus faßt also Gott sein ganzes Heilswirken für die Menschen zusammen.“. Es scheint, Gott wirkt das Heil (vergibt Sünden) und erlöst in Jesus sein Volk von den Sünden. Kein allgemeines Kinder-Wirken. #1128: „Das heißt, sie [die Sakramente] wirken kraft des ein für allemal vollbrachten Heilswerkes Christi. Daraus folgt: ‚Das Sakrament wird nicht durch die Gerechtigkeit des Menschen, der [das Sakrament] spendet oder empfängt, sondern durch die Kraft Gottes vollzogen’ (Thomas v. A.).“ Das widerspricht sehr direkt der DMlichen These, dass die „Kinder … das unvergängliche Heil … wirken“. #1724: „Durch das Wirken des Wortes Christi tragen wir in der Kirche allmählich Früchte zur Ehre Gottes“, also selbst wenn wir etwas Taugliches in der vergänglichen Welt tun, wirkt tatsächlich Gott, nicht wir „Kinder“, schon gar nicht „das unvergängliche Heil“.)
    Derselbe Irrtum zeigt sich z.B. auch in der deutschen Variante der Enzyklika „Redemptoris missio“ Nr. 9, wo „ut possint salvi fieri“ ([Gott gewährte allen Menschen] dass sie heil/erlöst gemacht werden können) steht, woraus auf Deutsch wird: „allen die Möglichkeit gibt, ihr Heil zu wirken“, was genau den als Beleg zitierten Stellen (1 Tim 2, 4; Lumen Gentium 14-14; Ad gentes 3) widerspricht, in denen Christus bzw. die Kirche als Mittler des Heils betont sind. Die Menschen „wirken“ nicht – es wird vielmehr an ihnen gewirkt.

Für die Werktage der Fastenzeit und für Fastentage überhaupt stehen zur Auswahl:

Präfation 3
De fructibus abstinentiæ
Vere dignum et iustum est, æquum et salutáre, nos tibi semper et ubíque grátias ágere: Dómine, sancte Pater, omnípotens ætérne Deus:
Qui nos per abstinéntiam tibi grátias reférre voluísti, ut ipsa et nos peccatóres ab insoléntia mitigáret, et, egéntium profíciens aliménto, imitatóres tuæ benignitátis effíceret.
Et ídeo, cum innúmeris Angelis, una te magnificámus laudis voce dicéntes: Sanctus, Sanctus, Sanctus
Übersetzung
Von den Früchten der Enthaltsamkeit
Wahrhaft würdig und recht ist, angemessen und heilsam, dass wir dir immer und überall Dank abstatten: Herr, heiliger Vater, allmächtiger ewiger Gott:
Der du wolltest, dass wir dir durch Enthaltsamkeit Dank zurückbringen, damit dieselbe uns Sünder sowohl von übertriebenem Aufwand beruhige als auch, zur Nahrung der Bedürftigen nützend, zu Nachahmern deiner Güte mache.
Und siehe! mit unzähligen Engeln preisen wir dich, mit einer Stimme des Lobes sagend: Heilig, heilig, heilig
Deutsches Messbuch
Die Früchte der Entsagung
In Wahrheit ist es würdig und recht, dir, allmächtiger Vater, zu danken
und dich in dieser Zeit der Buße durch Entsagung zu ehren. Die Entsagung mindert in uns die Selbstsucht und öffnet unser Herz für die Armen. Denn deine Barmherzigkeit drängt uns, das Brot mit ihnen zu teilen in der Liebe deines Sohnes, unseres Herrn Jesus Christus.
Durch ihn preisen wir deine Größe und singen mit den Chören der Engel das Lob deiner Herrlichkeit: Heilig …
Die spärlichen Übereinstimmungen sind markiert.

oder auch

Präfation 4
De fructibus ieiunii
Vere dignum et iustum est, æquum et salutáre, nos tibi semper et ubíque grátias ágere: Dómine, sancte Pater, omnípotens ætérne Deus:
Qui corporáli ieiúnio vítia cómprimis, mentem élevas, virtútem largíris et prǽmia: per Christum Dóminum nostrum.
Per quem maiestátem tuam laudant Angeli, adórant Dominatiónes, tremunt Potestátes. Cæli cælorúmque Virtútes, ac beáta Séraphim, sócia exsultatióne concélebrant. Cum quibus et nostras voces ut admítti iúbeas, deprecámur, súpplici confessióne dicéntes: Sanctus, Sanctus, Sanctus
Übersetzung
Von den Früchten des Fastens
Wahrhaft würdig und recht ist, angemessen und heilsam, dass wir dir immer und überall Dank abstatten: Herr, heiliger Vater, allmächtiger ewiger Gott:
Der du durch körperliches Fasten die Laster unterdrückst, den Geist erhebst, Tugend schenkst und Belohnungen: durch Christus unseren Herrn.
Durch den deine Majestät loben die Engel, anbeten die Herrschaften, erbeben die Mächte. Die Himmel und der Himmel Mächte, und die seligen Seraphim, feiern mit vereintem Jubel. Dass mit diesen auch unsere Stimmen zugelassen werden, mögest du befehlen, flehen wir, demütig mit Lobpreis sagend: Heilig, heilig, heilig
Deutsches Messbuch
Das Fasten als Sieg
In Wahrheit ist es würdig und recht, dir, Herr, heiliger Vater, allmächtiger, ewiger Gott, immer und überall zu danken.
Durch das Fasten des Leibes hältst du die Sünde nieder, erhebst du den Geist, gibst du uns die Kraft und den Sieg durch unseren Herrn Jesus Christus.
Durch ihn preisen wir dein Erbarmen und singen mit den Chören der Engel das Lob deiner Herrlichkeit: Heilig …
Anmerkung
Der Einleitungssatz ist fast vollständig, der Mittelteil weitgehend sinngemäß wiedergegeben. Nach dieser Kraftanstrengung musste das DM dann die zweite Hälfte des Originals quasi weglassen …

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