Sonntag, 21. Juli 2019

Nachklapp

Weil es immer noch schrecklicher geht und das Tagesgebet heute möglicherweise unzureichend Grauen verursachte, hier eine Überdosis:

Gabengebet:
Deus, qui legálium differéntiam hostiárum
uníus sacrifícii perfectióne sanxísti,
áccipe sacrifícium a devótis tibi fámulis,
et pari benedictióne, sicut múnera Abel, sanctífica,
ut, quod sínguli obtulérunt ad maiestátis tuæ honórem,
cunctis profíciat ad salútem.
Übersetzung:
Gott, der du die Verschiedenheit der gesetzlichen Opfergaben
durch die Vollkommenheit des Einen Opfers abgelöst hast:
nimm das Opfer von den dir ergebenen Dienern an
und heilige es mit dem gleichen Segen wie die Gaben Abels,
damit, was die Einzelnen zur Ehre deiner Herrlichkeit dargebracht haben,
allen zum Heil gereiche.
Deutsches Messbuch:
Herr, du hast die vielen Opfer,
die dir je von Menschen dargebracht werden,
in dem einen Opfer des Neuen Bundes vollendet.
Nimm die Gaben deiner Gläubigen an
und heilige sie,
wie du einst das Opfer Abels angenommen hast;
und was jeder Einzelne zu deiner Ehre darbringt,
das werde allen zum Heil.
Anmerkungen:
  1. Wer Schwierigkeiten hat, die Vokabel „Deus“ (=Gott) korrekt wiederzugeben, sollte keine Messbücher übersetzen.
  2. Kein Wunder, dass er die „gesetzlichen Opfergaben“ lieber umschreibt. Es sind aber überhaupt nicht „die vielen Opfer, die dir je von Menschen dargebracht werden [sollte das ‚wurden’ heißen?]“ gemeint, sondern die nach dem jüdischen Gesetz (guckstu Leviticus) von den Leviten dargebrachten verschiedenen Opfergaben (Rind, Kleinvieh, Geflügel).
  3. Was genau das Kreuzesopfer mit den Opfern des Alten Bundes gemacht hat, geht aus dem Text nicht eindeutig hervor. Sicher ist jedenfalls, dass die Vollkommenheit dem Einen Opfer (Einen mit großem E, um das mitklingende „einmalige“, „einzige“, „einzigartige“ auszudrücken) eignet und nicht den alten Opfern. Das „Sancire“, welches das Eine mit den alten Opfern macht, kann „heiligen“, „bestätigten“, „verordnen“ oder „verbieten“ einschließen. Die hier gegebene Übersetzung ist vom 9. Kapitel des Hebräerbriefs geleitet. Da die alten Opfer jedenfalls aufgehoben sind, scheint mir die Vollkommenheit des Einen mit dem Sancire der alten im Messbuch etwas komisch zu „vollendet“ zusammengezogen zu sein.
  4. Komisch, dass hostia (‚Opfergabe’) als Opfer, sacrificium (‚Opfer’) aber einmal als ‚Opfer’ und einmal als ‚Gaben’ wiedergegeben wird, später schließlich ‚munera’ (‚Gaben’) als ‚Opfer’. Sind aber ja auch seltene Vokabeln, die man als Messbuchübersetzer nicht unbedingt kennt.
  5. Aus den „ergebenen Dienern“, die das Opfer darbringen, werden die „Gläubigen“, was aus zwei Gründen interessant ist. Zum einen weil das devot (gottergeben, fromm, andächtig, aber auch: gottgeweiht) unterschlagen wird. Zum anderen weil die Priester, die das Opfer darbringen, in bester Konziliarsmanier ausgeblendet werden, was die später angesprochenen Einzelnen etwas in der Luft hängen lässt.
  6. Das „wie die Gaben Abels“ bezieht sich auf den „gleichen Segen“, nicht das Annehmen, aber das kann das Messbuch nicht ausdrücken, weil irgendwie der Segen abhanden gekommen ist.
  7. Es ist im Messbuch ziemlich unklar, was „jeder einzelne“ darbringt (solange hier nicht etwa an den Pfennig im Klingelbeutel gedacht ist). In alter Zeit, als noch die Priester, assistiert von den Gläubigen, das Messopfer darbrachten, war einfacher zu verstehen, welche Einzelnen zum Nutzen aller darbrachten. (Wie in „Betet … mein und euer Opfer annehme“ – „Der Herr nehme das Opfer an aus deiner Hand …“)
  8. Das Opfer „nützt“ oder „bringt voran“ (jedenfalls nicht „wird“) zum Heil, aber Vokabelunsicherheiten wundern an dieser Stelle nicht mehr.
  9. Das Darbringen in Zeilen 2 und 7 des Messbuchtextes ist in der Gegenwart gesagt, obwohl es in Zeile 2 dem Sinn nach (es handelt sich ja eine freie Umschreibung des Originals) und in Zeile 7 auch der Grammatik nach Vergangenheit sein müsste.
Fazit:
Was der Reformeifer nicht zerstört hat (Das Gebet war früher für den siebten Sonntag nach Pfingsten vorgesehen), geht in der Übersetzung verloren. Und dann kommt der Hippiepriester, der offenbar schlecht lesen kann …
Und wenn wir gerade dabei sind:
Post communionem:
Pópulo tuo, quǽsumus, Dómine, adésto propítius,
et, quem mystériis cæléstibus imbuísti,
fac ad novitátem vitæ de vetustáte transíre.
Übersetzt:
Deinem Volk, bitten wir, Herr, steh gütig bei,
und welche du mit den himmlischen Geheimnissen erfüllt hast
lass zur Neuheit des Lebens von Alten übergehen.
Deutsches Messbuch:
Barmherziger Gott, höre unser Gebet.
Du hast uns im Sakrament
das Brot des Himmels gegeben,
damit wir an Seele und Leib gesunden.
Gib, dass wir
die Gewohnheiten des alten Menschen ablegen
und als neue Menschen leben.
Anmerkungen:
  1. Da Ähnlichkeiten zwischen Original und Machwerk sporadisch sind, fällt eine ins Einzelne gehende Analyse aus.
  2. Was da geraucht wurde kann auf Dauer nicht gesund sein.
  3. Eine oratio post communionem mit ähnlichem Anfang gab es früher am Montag der Pfingstoktav. Allerdings lautete die letzte Zeile da: ab hostium furore defende (verteidige vor der Wut der Feinde). Aber mit der Sünde wurden nachkonziliar auch die feindlichen Dämonen, die uns dazu verführen, abgeschafft, weshalb man lieber allgemein vom neuen Leben als von einem ständigen Kampf mit der eigenen Sündenneigung spricht.

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