Montag, 22. Juli 2019

Memoria Mariae Magdalenae

Während mir unklar ist, ob der Grusel über das '70er-Jahre-Deutsch oder die Erleichterung, dass die Kirche eigentlich (selbst postkonziliar) noch sinnvoll zu beten vorgesehen hat, den Suchteffekt ausüben, gebe ich mich dem Verlangen hin und schaue auf die Gebete zum Gedenktag der Maria Magdalena.

Tagesgebet
Deus, cuius Unigénitus Maríæ Magdalénæ ante omnes
gáudium nuntiándum paschále commísit,
præsta, quǽsumus, ut, eius intercessióne et exémplo,
Christum vivéntem prædicémus,
et in glória tua regnántem videámus.
Übersetzung
Gott, dessen Einziggezeugter der Maria Magdalena vor allen
die österliche Freude zur Verkündigung anvertraut hat,
gewähre, bitten wir, dass wir auf ihre Fürsprache und [nach ihrem] Vorbild
Christus als den Lebendigen rühmen
und als in deiner Herrlichkeit Herrschenden sehen werden.
Deutsches Messbuch
Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus,
die heilige Maria Magdalena
durfte den Auferstandenen sehen
und als Erste den Jüngern die österliche Freude verkünden.
Gib auf ihre Fürsprache auch uns den Mut,
zu bezeugen, dass Christus lebt,
damit wir ihn einst schauen in seiner Herrlichkeit.
Anmerkung
  1. Löblich zu erwähnen ist, dass „Gott“, „Maria Magdalena“ und „die österliche Freude verkünden“ sinngemäß korrekt erhalten wurden.
  2. Bei Gottes Unigenitus zuckt das Messbuch merklich, dreht lieber den Spieß um und spricht von Gott als „Vater unseres Herrn Jesus Christus“, auf das Standardrepertoir geläufiger Phrasen zurückgreifend. Seit dem 16. Jhd. (der Kundige verstehe) hat sich im Deutschen für Unigenitus der „Eingeborene“ verbreitet, was den Vertrauensseligen zur Annahme, es sei von der Fleischwerdung (wie in Hinein-Geboren) die Rede. Tatsächlich ist unius = ein (wie in einzig). Genitus ist, je nachdem von welchem Elternteil die Rede ist, der Gezeugte oder der Geborene, und da die Mutter Gottes das Gebären übernahm, bleibt für den Heiligen Geist das Zeugen. Und einzig ist Jesus gezeugt, weil wir anderen Kinder Gottes durch Adoption wurden, wie in den Gebeten der Osternacht (hier, hier und hier) reichlich testiert und in der Schrift (z.B. Röm 8,15.23 – wobei in der Einheitsübersetzung hyiothesía (gr.) = adoptio (lt.) = Annahme an Kindes Statt (dt.) einmal mit „Kindschaft“ und einmal durch Phantasiegeschafel wiedergegeben ist) gegründet.
  3. Dass die Verkündigung „anvertraut“ ist (und dass damit eine Verantwortung verbunden ist) fällt unter den Tisch, dafür wird „durfte den Auferstandenen sehen“ hinzugedichtet und die Verkündigung auf „den Jüngern“ eingeschränkt. Eventuelle theologische Gründe kann ich dafür nicht erkennen. Möglicherweise zeichnen die zur Weitschweifigkeit Neigenden sich auch durch eine gewisse Ungeduld aus, die eine Überraschung nicht für sich behalten können, denn das Sehen und den Jüngern verkünden kommt sowieso im Evangelium noch ausführlich
  4. praedicare (predigen) kann vieles heißen, bezeugen ist nicht falscher als rühmen.
  5. Der Mut ersetzt den Herrschenden, hm. Scheint mir eine deutliche Betonung des Innerweltlichen gegenüber des Jenseitigen zu sein, vielleicht auch ein Hang zu "unserem Bruder Jesus" statt zu "Christus König". Falscher Ansatz, weil darum geben wird, dass Gott Mut gibt, statt dass wir das Gesäß hochkriegen und uns der seligen Schau würdig erweisen.
Soviel dazu.

Gabengebet
Súscipe, Dómine, múnera
in beátæ Maríæ Magdalénæ commemoratióne exhíbita,
cuius caritátis obséquium
Unigénitus Fílius tuus cleménter suscépit impénsum.
Übersetzung
Nimm, Herr, die Gaben an,
überreicht zum Andenken an die Heilige Maria Magdalena,
deren kostbare Huldigung der Liebe
dein einziggezeugter Sohn gütig angenommen hat.
Deutsches Messbuch
Wir bitten dich, Herr,
nimm unsere Gaben entgegen,
so wie dein Sohn den Dienst
der heiligen Maria Magdalena angenommen hat.
Anmerkung
  1. Die „zum Andenken an die Heilige Maria Magdalena überreichten“ Gaben werden im Messbuch zu „unseren“ Gaben. Denn Gedenktag oder Heilige hin oder her, in der Messe geht es schließlich um Uns, nicht wahr.
  2. Dafür steht diesmal „wir bitten dich“, vermutlich, weil dies eines der wenigen Gebete ist, bei denen im Original das [jedes Mal nicht übersetzte] quaesumus nicht vorkommt. „Ist heute Gegenteilstag?“, pflegten meine Kindlein zu fragen, als sie zu jung waren, um sicher zu sein, dass der Vater scherzte. Vielleicht ist das Deutsche Messbuch aber auch nur in einer allgemeinen Trotzphase entstanden, in der einfach immer Das Andere genommen wird.
  3. Der Unigenitus wird wieder unterschlagen, genau wie das „gütig“. [An dieser Stelle lächelt jemand mitleidig.]
  4. Der hier Maria Magdalena zugeschriebene „Dienst“ ist das Salben der Füße mit dem kostbaren Nardenöl (Joh 12,3; Mk 14,3), was ein Akt der Liebe und Dankbarkeit für die Sündenvergebung war (Lk 7, 36-50), gleichzeit als Salbung eine Huldigung, wie sie Königen, Propheten und Priestern zuteil wurde. Was genau ist an „kostbare Huldigung der Liebe“ so bedrohlich, dass der Messbuchtexter die Details des Dienstes unterdrücken muss?
Schlussgebet
Mysteriórum tuórum, Dómine, sancta percéptio
perseverántem illum nobis amórem infúndat,
quo beáta María Magdaléna
Christo magístro suo indesinénter adhǽsit.
Übersetzung
Der heilige Empfang deiner Geheimnise, Herr,
flöße uns jene ausdauernde Liebe ein,
mit der die Heilige Maria Magdalena
ihrem Meister Christus unaufhörlich anhing.
Deutsches Messbuch
Allmächtiger Gott,
deine heilige Gabe erfülle uns
mit aufrichtiger Liebe zu dir.
Lass uns nach dem Vorbild der heiligen Maria Magdalena
Christus, unserem Herrn und Meister,
in Treue nachfolgen.
Anmerkung
Es reicht hier - glaube ich - zu sagen, dass keiner der an der Ersetzung dieses Gebetes durch deutschsprachiges Blabla Beteiligten irgendeinen Schimmer davon hat, was Liebe bedeutet.

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