Es bleibt der angekündigte Vergleich zwischen pianischer und paulinischer Gebetshaltung anzustellen.
In alter Zeit betete man zum heutigen Jakobsfest:
Tagesgebet (alt)
Esto, Domine, plebi tuae sanctificator et custos: ut, Apostoli tui Iacobi munita praesidiis, et conversatione tibi placeat, et secura mente deserviat.Übersetzt
Sei, Herr, deinem Volk Heiligmacher und Hüter, damit es – gestärkt durch den Schutz deines Apostel Jakobs – dir sowohl im Lebenswandel gefalle als auch unbekümmert diene.[munita praesidiis würde man ohne den Kontext eher als: befestigt durch die Wachposten übersetzen. Wie öfters wird hier für das Gebet der Ecclesia militants (=streitende Kirche, also der Teil der Kirche, der noch in dieser Welt mit der Sünde kämpft) auch eine militärische Metaphorik als passend angesehen.
secura mente (=mit sicherem Geist) ist (wie andere Verbindungen mit mente) nachklassisch auf dem Weg zur stehenden Wendung, um dann spätestens seit dem 8. Jahrhundert inhaltlich und in den romanischen Sprachen formal zum Adverb zu verschmelzen; daher hier entsprechend wiedergegeben.]
Tagesgebet (neu)
Omnípotens sempitérne Deus, qui Apostolórum tuórum primítias beáti Iacóbi sánguine dedicásti, da, quǽsumus, Ecclésiæ tuæ ipsíus confessióne firmári, et iúgiter patrocíniis confovéri.Übersetzt
Allmächtiger ewiger Gott, der du die Erstlinge deiner Apostel durch das Blut des seligen Jakobs geweiht hast, gib, bitten wir, deiner Kirche, durch sein Bekenntnis gestärkt und durch immerwährende Fürbitten eifrig gehudert* zu werden.* Hudern ist das, was die Glucke mit den Kücken macht, also wärmen und schützen.
[Die Formulierung im Relativsatz ist ein bißchen seltsam, angespielt werden soll darauf, dass der Heilige Jakob als erster der Apostel das Martyrium erlitt.]
Vergleich
- Postkonziliar wurde der Bildbereich vom Militär auf die Landwirtschaft gewechselt, und die Kirche ist eine Kückenkette unter den Fürsprachenflügeln der Heiligen, statt eine Streitmacht. Ziemlich verweichlicht.
- Dazu passt, dass die Kirche im alten Tagesgebet Aufgaben hatte (wohlgefälliger Wandel, Gottesdienst), während die waschlappige Kirche des heutigen Gebets nur gestärkt und gehudert wird – um des Gehudertwerden willens?
- Schade, dass der Sanctificator (Heiligmacher) wegfällt; der kam sonst in keinem Gebet [außer in der Anrufung des Heiligen Geistes nach der Selbstaufopferung, also vor der Handwaschung bei der Opferung] vor.
Gabengebet (alt)
Oblationes populi tui, quaesumus, Domine, beati Iacobi Apostoli passio beata conciliet: et, quae nostris non aptae sunt meritis, fiant tibi placitae eius deprecatione.Übersetzt
Die Opfergaben deines Volkes, bitten wir, Herr, vermittele das selige Leiden deines seligen Apostels Jakob, und welche nicht durch unsere Verdienste tauglich sind, mögen durch seine Fürsprache dir wohlgefällig werden.[Das Leiden „vermittelt“ die Gaben im Sinne von: ist ein Mittler zwischen uns Sündern und Gott, wie im zweiten Teil des Gebets ausgeführt.]
Gabengebet (neu)
Munda nos, Dómine, passiónis Fílii tui baptísmate salutári, ut in festo beáti Iacóbi, quem primum inter Apóstolos cálicis eius partícipem esse voluísti, beneplácitum tibi sacrifícium offerámus.Übersetzt
Reinige uns, Herr, durch die heilbringende Taufe des Leidens deines Sohnes, damit wir dir am Fest des seligen Jakobs, der nach deinem Willen als erster unter den Aposteln Teilhaber seines [also Jesu] Kelches werden sollte, ein wohlgefälliges Opfer darbringen.Vergleich
- Inhaltlich sind beide Gebete ähnlich; die Formulierungen, aus denen die Gebetshaltung durchscheint, unterscheiden sich aber.
- Original werden a) die Gaben b) wohlgefälligt, reformiert a) wir b) gereinigt
- Original geschieht dies durch Jakobs Martyrium, reformiert durch das Leiden Jesu, an dessen Kelch der Apostel Anteil hat.
- Original werden die Opfergaben wohlgefällig, reformiert bringen wir ein wohlgefälliges Opfer dar.
- Original werden „unsere Verdienste“, die nicht ausreichen, die Opfergaben angemessen zu machen, dem Martyrium (als dem seligmachenden Verdienst) Jakobs entgegengestellt. Das steht genau in Linie z.B. mit dem Gebet beim Altarkuss, mit dem der Priester früher durch die Verdienste der Heiligen Vergebung seiner Sünden erflehte (postkonziliar entfallen, wie auch viele Anrufungen der Heiligen vom Schuldbekenntnis bis zum Hochgebet, die ganz gestrichen oder optional gemacht wurden).
- Reformiert wird noch deutlicher als im Tagesgebet gesagt, was es mit dem Martyrium auf sich hat, so dass der Bonuspunkt für das Tagesgebet zurückgezogen werden muss: bloße Dopplung.
Original ist das ganze Gebet durchdrungen von der Unwürdigkeit der Betenden und dem Vertrauen auf die Vermittlung der Heiligen, welche beiden die tridentinische Messe überhaupt prägten, so dass vor Beginn beim Aufstieg zum Altar immer wieder die Vergebung Gottes erbeten werden musste (s. die Bemerkungen zu Introibo und den weiteren Eröffnungsriten oder den Vorbereitungen zur Evangeliumsverkündigung ). Reformiert geht es um Reinige Uns, Wir bringen dar usw. – ein Trend, der im Deutschen Messbuch regelmäßig ins Übermaß gesteigert wird.
Schlussgebet
Das Alte wurde beibehalten, was erklären könnte, warum der Text im Deutschen Messbuch so stark von einer mehr wörtlichen Übersetzung abweicht – denn geändert werden muss auf Teufel komm raus.]
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