Samstag, 3. August 2019

Gebetssammlung zum 18. Sonntag im Jahreskreis

Die für diesen Tag vorgesehenen Gebete sind ein rechtes Sammelsurium von durch zerstörte Traditionen freigesetzen Vorlagen.

Tagesgebet
Adésto, Dómine, fámulis tuis, et perpétuam benignitátem largíre poscéntibus, ut his, qui te auctórem et gubernatórem gloriántur habére, et creáta restáures, et restauráta consérves.
Übersetzung
Steh, Herr, deinen Dienern bei, und deine beständige Güte schenke den Verlangenden, damit du denen, die sich rühmen, dich als Schöpfer und Lenker zu haben, das Geschaffene wiederherstellst und das Wiederhergestellte bewahrst.
Anmerkung
Dieses Tagesgebet war im alten Messbuch als „Segen über das Volk“, der an manchen Tagen der Fastenzeit am Ende der Messe erteilt wurde, für den Donnerstag nach dem zweiten Fastensonntag vorgesehen. (Wobei ursprünglich congregata „Gesammeltes“ für hier creata „Geschaffenes“ stand. – In den Schriftlesungen des Tages ging es um den korrekten Umgang mit Reichtum [weshalb das Marienwalder Messbuch „Erworbenes“ versteht]. Der zukünftige Selige Fulton Sheen dagegen sieht das Bild von zerbrochenem Porzellan: die gesammelten Scherben werden wiederhergestellt, und das Wiederhergestellte bewahrt – er bezieht dies auf die Beichte. – Ich hatte zuerst an die aus allen Völkern versammelte Kirche gedacht, deren Glieder durch die Taufe wiederhergestellt und durch die Eucharistie bewahrt werden.)

Deutsches Messbuch
Gott unser Vater, steh deinen Dienern bei und erweise allen, die zu dir rufen, Tag für Tag deine Liebe. Du bist unser Schöpfer und der Lenker unseres Lebens. Erneuere deine Gnade in uns, damit wir dir gefallen, und erhalte, was du erneuert hast.
Vergleich
  • Herr ⇒ Gott unser Vater
  • schenke den Verlangenden deine beständige Güte ⇒ erweise allen, die zu dir rufen, Tag für Tag deine Liebe
  • die sich rühmen, dich als Schöpfer und Lenker zu haben ⇒ Du bist unser Schöpfer und der Lenker unseres Lebens
  • stelle das Geschaffene wieder her ⇒ Erneuere deine Gnade in uns, damit wir dir gefallen
Mutmaßung
Das Deutsches-Messbuch-Autorenkollektiv scheint zur Stimulation seiner freien Phantasieleistung an eine Kindergartengruppe als Adressat des Gebets gedacht zu haben.
Gabengebet
Propítius, Dómine, quǽsumus, hæc dona sanctífica, et, hóstiæ spiritális oblatióne suscépta, nosmetípsos tibi pérfice munus ætérnum.
Übersetzung
Heilige, Herr, bitten wir, gnädig diese Geschenke, und, nachdem du die Darbringung der geistlichen Opfergabe angenommen hast, vollende uns selbst als ewige Gabe für dich.
Deutsches Messbuch
Barmherziger Gott, heilige diese Gaben. Nimm das Opfer an, das dir im Heiligen Geist dargebracht wird, und mache uns selbst zu einer Gabe, die für immer dir gehört.
Vergleich
  • Herr ⇒ barmherziger Gott
  • Heilige, bitten wir, gnädig diese Geschenke ⇒ heilige diese Gaben
  • Darbringung der geistlichen Opfergabe* ⇒ Opfer, das dir im Heiligen Geist dargebracht wird
  • nachdem du angenommen hast ⇒ nimm an
  • vollende uns selbst als ewige Gabe** für dich ⇒ mache uns selbst zu einer Gabe, die für immer dir gehört
Bemerkungen
* Die „geistliche Opfergabe“ ist ein Zitat aus 1 Petr 2,5, in welchem Vers es genau darum geht, dass sich die Angesprochenen „zu einem heiligen Priestertum“ verwandeln lassen, um die „geistliche Opfergabe, Gott wohlgefällig“ darzubringen [vgl. die Bitte im Gebet]
** Die „Gabe“ (munus) ist hier nicht nur ein weiterer Ausdruck für das, was dargebracht wird (donum, oblatio und hostia heißen genauso gut wie munus Opfergabe), sondern auch Aufgabe, Amt – in Anspielung auf das heilige Priestertum im Petrusbrief. Man könnte die Bitte auch übersetzen: „mache uns im Himmel zu heiligen Priestern für dich“.
Vermischtes
  • Wird der Bezug zum Petrusbrief aus dem Deutsche-Messbuch-Text klar?
  • Das „ewig“ vor Gabe scheint sich mir auf eine jenseitige Realität zu beziehen, was aus dem „für immer gehören“ weniger klar hervorgeht. [Und ehrlich gesagt hört sich „für immer dir gehören“ mehr nach einem verliebten Teenager als nach einem andächtigen Gläubigen an.]
  • Ursprünglich war das Gabengebet für den Montag der Pfingstoktav vorgesehen und wurde [durch die Zerstörung der Pfingstoktav überflüssig geworden] unverändert für den heutigen Sonntag übernommen.
Schlussgebet
Quos cælésti récreas múnere, perpétuo, Dómine, comitáre præsídio, et, quos fovére non désinis, dignos fíeri sempitérna redemptióne concéde.
Übersetzung
Welche du durch die himmliche Gabe stärkst, begleite, Herr, mit fortwährendem Schutz, und welche du zu hudern* nicht ablässt, lasse der ewigen Erlösung würdig werden.
* Hudern ist das, was die Glucke mit den Kücken macht, also wärmen und schützen.

Deutsches Messbuch
Barmherziger Gott, in den heiligen Gaben empfangen wir neue Kraft. Bleibe bei uns in aller Gefahr und versage uns nie deine Hilfe, damit wir der ewigen Erlösung würdig werden.
Vergleich
  • Herr ⇒ barmherziger Gott
  • welche du stärkst ⇒ wir empfangen neue Kraft
  • durch die himmlische Gabe ⇒ in den heiligen Gaben
  • begleite mit fortwährendem Schutz ⇒ bleibe bei uns in aller Gefahr
  • welche du zu hudern nicht ablässt ⇒ versage uns nie deine Hilfe
Anmerkungen
  • Ursprünglich war es als Schlussgebet für die Messe unter „Sonstige Gebete Nr. 7: Für Vorsteher und die ihnen anvertrauten Gemeinschaften“ vorgesehen.
  • Bei diesen Texten erkennt man die Vorteile der Teamarbeit. Während „Herr“ sonst stur mit „Herr, unser Gott“ wiedergegeben wird, gibt es heute einmal „Gott unser Vater“ und zwei Mal „Barmherziger Gott“. Ob diese Abwechslung nur die tapferen Kirchgänger mitreißt oder auch die Warnung aus Mt 7,21 („Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr! Herr!, wird in das Himmelreich kommen“) umgeht? (Wer „Gott unser Vater! Barmherziger Gott!“ sagt, wird sofort durchgewunken 👼)
  • Die deutsche Übersetzung scheint ja sehr von der Notwendigkeit einer leichten Verständlichkeit, zu der alltägliche Ausdrücke und kurze Sätze erforderlich sind, auszugehen. Dieses Schlussgebet aber ist in seiner Wortstellung so künstlich, dass offensichlich dichterische Erwägungen und sprachliche Schönheit zum Lob der Herrlichkeit Gottes weit wichtigere Gesichtspunkte bei der Komposition waren. Es wäre wünschenswert, diese Aspekte bei der seit 2011 überfälligen Übersetzung der dritten Auflage des Messbuchs stärker zu berücksichtigen.

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