Samstag, 16. März 2019

Der unwürdige Diener

Auf das Glaubensbekenntnis folgt in der ordentlichen Form des lateinischen Ritus das Gebet der Gläubigen (die Fürbitten), dann unter dem Gesang des Offertoriums (eines Liedes der Gemeinde) die Gabenbereitung. Dann informiert das Messbuch und spricht:
Es ist nützlich, dass die Gläubigen ihre Teilnahme am Opfer deutlich machen durch Herbeitragen entweder von Brot und Wein zur Feier der Eucharistie oder durch andere Gaben, von denen die Bedürfnisse der Kirche oder der Armen unterstützt werden. 
Fürbitten und Kollekte als Ausdruck aktiven Teilnahme der Laien an der Messfeier sind Elemente, die im außerordentlichen Ritus keine Entsprechung haben.

Der Priester betet unterdessen, während er die Patene mit der Hostie mit beiden Händen ein wenig anhebt:
Gepriesen bist du, Herr, unser Gott, Schöpfer der Welt [Gott des Weltalls]. Du schenkst uns das Brot, die Frucht der Erde und der menschlichen Arbeit. Wir bringen dieses Brot vor dein Angesicht [das wir dir opfern], damit es uns das Brot des Lebens werde.
Wenn tatsächlich kein Lied gesungen wird, darf der Priester diese Worte vernehmlich sprechen, worauf dann die Gemeinde antworten kann:
Gepriesen bist du in Ewigkeit, Herr, unser [] Gott.
[Die farblich markierten Stellen lauten im deutschen Messbuch anders als die sinngemäße Übersetzung (in Klammern).]

Während der Diakon oder Priester Wein und ein wenig Wasser in den Kelch gießt, spricht er im Geheimen:
Laß uns durch das Geheimnis dieses Wassers und Weines teilnehmen an der Gottheit dessen, der sich herabgelassen hat, unsere Menschennatur anzunehmen.
Der Priester betet danach, während er den Kelch mit der Hostie mit beiden Händen ein wenig anhebt, mit leiser Stimme:
Gepriesen bist du, Herr, unser Gott, Schöpfer der Welt [Gott des Weltalls]. Du schenkst uns den Wein, die Frucht des Weinstocks und der menschlichen Arbeit. Wir bringen diesen Kelch vor dein Angesicht [den wir dir opfern], damit er uns der Kelch des Heiles [ein geistiger Trank] werde.
Diese Gebete sind wohl angelehnt an jüdische Tischgebete (Gepriesen bist du, JHWH unser Gott, Schöpfer der Welt, für Speise und Trank: Durch sie gewährst du uns Leben und Freude. Gepriesen bist du in Ewigkeit).

Es ist (mir) unklar, ob die Betonung des Beitrags der „menschlichen Arbeit“ auch die Teilnahme der Laien betonen soll oder ein Ausdruck der Begegnung auf Augenhöhe mit unserem Freund Jesus ist. In die falsche Richtung geht es allemal, besonders wenn man sich ansieht, was dafür verloren ging:

In der außerordentlichen Form schloss sich an das Credo untermittelbar die Gabenbereitung an, die mit dem Offertorium (hier: ein kurzes Gebet aus dem Proprium der jeweiligen Messe) begann, z.B. für den zweiten Fastensonntag:
Meditabor in mandatis tuis, quae dilexi valde: et levabo manus meas ad mandata tua, quae dilexi.
Ich habe meine Lust an deinen Geboten, die ich liebe, und werde meine Hände aufheben zu deinen Geboten, die ich liebhabe. (Ps 119, 47f.)
Dann folgten (im Prinzip wie im Novus Ordo) drei Gebete, deren Übersetzung ich hier im vereinfachten Verfahren nach dem Marienwalder Messbuch übernehme, nämlich:

Bei der Darbringung des Brotes das Suscipe, sancte Pater:
Nimm, heiliger Vater, allmächtiger ewiger Gott, diese makellose Opfergabe gnädig an. Dir, meinem lebendigen, wahren Gott, bringe ich, dein unwürdiger Diener, sie dar für meine unzähligen Sünden, Fehler und Nachlässigkeiten. Ich opfere sie auf für alle Umstehenden und alle Christgläubigen, für die Lebenden und Verstorbenen. Gib, daß sie mir und ihnen zum Heile gereiche für das ewige Lehen. Amen.
Die fett wiedergegebenen Worte halte ich für ein Beispiel der Intimität zwischen Priester und Gott, welche die Messe aller Zeiten so wertvoll macht. Sie entstanden wohl ab dem achten Jahrhundert als Apologien oder Privatandachten des Priesters, wurden schnell populär und Teil der „priesterlichen Spiritualität in der Messe“. Diese wurde 1969 dann abgeschafft.

Beim Vermischen von Wasser und Wein betete Diakon oder Priester:
Gott, du hast den Menschen in seiner Würde wunderbar erschaffen und noch wunderbarer erneuert; laß uns durch das Geheimnis dieses Wassers und Weines teilnehmen an der Gottheit dessen, der sich herabgelassen hat, unsere Menschennatur anzunehmen: Jesus Christus, dein Sohn, unser Herr, der mit dir lebt und herrscht in der Einheit des heiligen Geistes, Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.
Allein die grünen Worte haben sich in die neue Form gerettet.

Bei der Darbringung des Kelches wurde gebetet:
Wir opfern dir, Herr, den Kelch des Heiles und flehen deine Güte an: laß ihn, uns zum Segen und der ganzen Welt zum Heile, wie lieblichen Wohlgeruch vor das Angesicht deiner göttlichen Majestät emporsteigen. Amen.
Voll biblischer Anklänge, z.B.
  • calix salutaris (heilbringender Kelch): Ps 116, 13 (Den Becher des Heils will ich erheben, anrufen den Namen des HERRN.)
  • odor suavitatis (lieblicher Geruch): Eph 5,2 (Christus, der sich selbst für uns hingegeben hat als Gabe und Schlachtopfer, Gott zu einem duftenden Wohlgeruch)
Aber wer braucht noch die Heilige Schrift, wenn er die „gelebte Wirklichkeit“ als Offenbarungsquelle hat 😖

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