Freitag, 26. Juli 2019

Eltern der Gottesmutter Maria (3/3)

Fortsetzung von hier

Teil 3) Schlussgebet

1. Am St.-Anna-Fest
Caelestibus sacramentis vegetati, quaesumus, Domine Deus noster: ut, intercessione beatae Annae, quam Genetricis Filii tui matrem esse voluisti, ad aeternam salutem pervenire mereamur.
Durch die himmlischen Sakramente belebt, bitten wir, Herr unser Gott, dass wir auf Vermittlung der seligen Anna, die du Mutter der Gebärerin deines Sohnen sein hast lassen, verdienen, zum ewigen Heil zu gelangen.
Dies scheint mir ein Standard-Gebet nach der Kommunion zu sein [Bezug zum Sakrament - (Bezug zum Tag) - Bitte um Wirkung des Sakraments], dass auch bezüglich der Charakerisierung von Anna nicht über die gehabten Gebete hinausgeht.

2. Am St.-Joachim-Fest
Quáesumus, omnipotens Deus: ut per haec sacramenta, quae sumpsimus, intercedentibus meritis et precibus beati Ioachim patris Genetricis dilecti Filii tui Domini nostri Iesu Christi, tuae gratiae in praesenti et aeternae gloriae in futuro participes esse mereamur.
Wir bitten dich, allmächtiger Gott, dass wir durch diese Sakramente, die wir empfangen haben, auf Vermittlung der Verdienste und Gebete des seligen Joachims, Vater der Gebärerin deines geliebten Sohnes unseres Herren Jesus Christus, verdienen, Teilhaber deiner Gnade in der Gegenwart und der ewigen Herrlichkeit in Zukunft zu sein.
Hier bestätigt sich definitiv der in Teil 2 geäußerte Verdacht, der Autor der Gebete zum Joachimstag habe einen Hang zu großen Worten. Dies abgezogen bleibt ebenfalls ein Standard-Gebet nach der Kommunion.

3. Heute (Eltern der Gottesmutter Maria)
Deus, qui Unigénitum tuum ex homínibus nasci voluísti, ut hómines ex te mirábili mystério renasceréntur, quǽsumus, ut, quos filiórum pane satiásti, adoptiónis spíritu benignitáte tua sanctífices.
Gott, der du wolltest, dass dein Einziggezeugter von Menschen geboren werde, damit Menschen von dir durch das wunderbare Mysterium wiedergeboren würden – wir bitten dich, dass du jene, die du mit dem Brot der Söhne gesättigst hast, im Geist der Anwahl* durch deine Güte heiligst.
[* Anwahl ist ein Stück-für-Stück Neologismus für Ad-option oder Annahme an Kindes Statt]
  • Das Geburt-Thema aus dem Tagesgebet (Teil 1) wird hier aufgegriffen, um den „wunderbaren Tausch“ (das ewige Wort ist aus Menschen geboren ⇄ Menschen sind aus Gott wiedergeboren) anzusprechen.
  • Sprachlich gibt es eine Anspielung auf die Verkündigung (Lk 1,35: quod nascetur ex te = was aus dir geboren werden wird [in der Einheitsübersetzung: „das Kind“]), um zur Verehrung der Eltern der Gottesgebärerin an das Fiat Mariens zu erinnern(?).
  • Ist das „mirábili mystério renasceréntur“ eine Anspielung auf das [in der Reform großteils verlorene] Gebet beim Vermischen von Wasser und Wein: „Gott, du hast den Menschen in seiner Würde wunderbar erschaffen und noch wunderbarer erneuert (mirabilius reformasti)“? Dann hätten wir neben der Anspielung auf die Geburt Jesu im incarnati des Tagesgebets hier eine Referenz auf die Erlösung durch Leiden, Tod, Auferstehung und Himmelfahrt unseres Herrn Jesus Christus bzw. auf die Taufe, welche die Erlösung „individuell“ macht.
  • Das passt zum filiorum pane (Mt 15,26 bzw. Mk 7,27: Brot der Kinder [nehmen], was in der Einheitsheitsübersetzung „das Brot den Kindern [wegnehmen]“ wird). Hier ist das Allerheiligste als Brot der Kinder (Katholiken im Stand der Gnade) angesprochen, dass nicht den Hunden (eigentlich gemeint: Heiden, halt den anderen) zukommt. Scheint an das Lob der Taufe im renascetur anzuknüpfen, die uns zuerst zu Kindern machte.
  • Der Geist der Anwahl ist aus Röm 8,15 („einen Geist der Anwahl als Kinder habt ihr empfangen, in dem wir rufen: Abba, Vater!“), und der Zusammenhang mit dem Festtag könnte sein, dass Jesus den Fleisch nach aus den Israeliten stammt (Röm 9,5), wobei Paulus aber darauf besteht, dass nicht alle Nachkommen Abrahams Kinder Gottes sind, sondern halt die Getauften: „Nicht die Kinder des Fleisches sind Kinder Gottes, sondern die Kinder der Verheißung werden als Nachkommenschaft gerechnet.“ (Röm 9,8), womit auch der Kreis zum erstaunlichen Auftauchen von Abrahams Verheißung im Gabengebet geschlossen ist.
  • Im Geist der Anwahl werden wir geheiligt, wenn wir mit Ausdauer mitleiden, um auch Miterben Christi zu werden (vgl. die Verse zwischen Röm 8,15 und Röm 9,5).
Hübsches Gebet, auch wenn der Bezug zum Festtag nicht übermäßig offensichtlich ist.

4. Im Deutschen Messbuch
Gott und Vater, dein ewiger Sohn wurde als Mensch aus Davids Stamm geboren, damit wir Menschen im Geheimnis der Taufe aus dir wieder geboren werden. Heilige uns durch den Geist, der uns zu deinen Kindern macht, und nähre uns stets an deinem Tisch.
  • Es scheint im Deutschen Messbuch eine große Vorsicht vor der Anrede des Allmächtigen durch ein einziges Wort zu geben. Hier wird nun dem Gott ein und Vater zugesellt, weil als nächstes vom Sohn die Rede ist.
  • Es ist zwar löblich, den Einziggezeugten im Gegensatz zum Menschen in seiner Gottheit als ewigen Sohn ansprechen zu wollen; die üblichen Wendungen wären aber eher „ewiges Wort“ oder „einziggezeugter Sohn“ – wenn denn einziggezeugt eine gängigere Vokabel wäre.
  • Der Stamm Davids wurde dazugedichtet, und es gibt eine Vermutung über die Beweggründe. Zwar übersetzt das Glaubensbekenntnis problemlos „natus ex Maria Virgine“ mit „geboren von der Jungfrau Maria“, obwohl ex = aus. Der Wille des Gebetsüberträgers muss aber darauf gerichtet gewesen sein, das „aus“ wörtlich wiederzugeben, und wenn dazu ein Stamm Davids eingeschoben werden muss.
  • Das „wir Menschen“ statt „Menschen“ ist keine sinnneutrale Ergänzung, denn die Deutsches-Messbuch-Version spricht alle Menschen an, während tatsächlich nur ein Teil getauft ist.
  • Das „im Geheimnis der Taufe“ wird wohl ergänzt, weil man sich nicht darauf verlassen will, dass „aus Gott wiedergeboren“ verstanden wird. [Würde ich auch nicht, wenn man es auseinander schreibt. Das scheint nicht mal nach der Rechtschreibreform korrekt zu sein.] Es wird dann weniger erstaunlich, wenn man bemerkt, dass das Gespräch mit Nikodemus (Joh 3,1-13), in dem die Wiedergeburt aus Wasser und Heiligem Geist erläutert wird, trotz des „reicher bereiteten Tischs des Gotteswortes“ [Sacrosanctum Concilium - Konstitution über die heilige Liturgie Nr. 51] im Reformlektionar anscheinend gar nicht mehr vorgesehen ist. [In alter Zeit kamen Formen von renasci (wiedergeboren werden) im Missale auch nur an drei Stellen vor: zwei Mal während der Taufwasserweihe in der Osternacht, aber eben auch am Fest Kreuzauffindung (seinerzeit am 3. Mai) bei der Verlesung des Evangeliums aus dem 3. Kapitel des Johannesevangeliums.]
  • Statt von denen, die Gott mit dem Brot der Söhne gesättigt hat, ist (naklar, möchte man fast ausrufen) von Uns die Rede.
  • Und während dies im lateinischen Gebet die Anknüpfung an die vorangegangen Kommunion ist, rutsch der Gedanke deutschkirchlich in die Bitte, parallel zur Bitte um Heiligung.
  • Der biblische Bezug zum Brot der Söhne wurde getilgt, dafür ist von einem Tisch geredet. Wenn wenigstens vom Altar gesprochen würde!
  • In der beim Gabengebet bemerkten Gier möchten Wir gerne „stets“ genährt werden.
  • Dafür fällt die Notwendigkeit für die Güte Gottes weg. Schließlich dialogisieren wir hier auf Augenhöhe, nicht wahr.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen