Sonntag, 27. Oktober 2019

mit diesen Gaben vereinige die Macht deiner Majestät

Am 30. Sonntag im Jahreskreis betet die Kirche:

Tagesgebet
Omnípotens sempitérne Deus, da nobis fídei, spei et caritátis augméntum, et, ut mereámur ássequi quod promíttis, fac nos amáre quod prǽcipis.
Im alten Messbuch war dieses Tagesgebet am 13. Sonntag nach Pfingsten vorgesehen.

Übersetzung
Allmächtiger ewiger Gott, gib uns Zuwachs an Glauben, Hoffnung und Liebe, und, damit wir verdienen zu erreichen, was du versprochen hast, lass uns lieben, was du vorschreibst.
Deutsches Messbuch
Allmächtiger, ewiger Gott, mehre in uns den Glauben, die Hoffnung und die Liebe. Gib uns die Gnade, zu lieben, was du gebietest, damit wir erlangen, was du verheißen hast.
Anmerkung
Bis auf die Auslassung von „verdienen zu“ und den Austausch „lass uns“ zu „gib uns die Gnade“ sinnerhaltend übersetzt. 

Gabengebet
Réspice, quǽsumus, Dómine, múnera quæ tuæ offérimus maiestáti, ut, quod nostro servítio géritur, ad tuam glóriam pótius dirigátur.
Übersetzung
Beachte, bitten wir, Herr, die Gaben, die wir deiner Majestät darbringen, damit was durch unseren Dienst verrichtet wird, zu deiner Ehre besser gelenkt werde.
Das Gebet scheint aus dem Sacramentarium Leonianum adaptiert worden zu sein, wo es folgendermaßen vorkommt:
Respice, quaesumus, Domine, preces nostras et his muneribus praesentiam tuae maiestatis intersere, ut, quod nostro servitio geritur, te potius operante formetur.
Übersetzung
Beachte, bitten wir Herr, unsere Gebete, und diesen Gaben mische die Gegenwart deiner Majestät bei*, damit was durch unseren Dienst verrichtet wird, während du wirkst besser geknetet** wird.
* oder: mit diesen Gaben vereinige die Macht deiner Majestät
** oder: geformt. Das Missale Ambrosianum hat im selben Gebet an dieser Stelle statt formetur: „firmetur“ (bestätigt werde), was völlig sinnvoll ist.

Es scheint, als würde im uralten Gebet die Transsubstantiation durch Metaphern aus dem Bäckerhandwerk beschrieben.

Deutsches Messbuch
Allmächtiger Gott, sieh gnädig auf die Gaben, die wir darbringen, und lass uns dieses Opfer so feiern, dass es dir zur Ehre gereicht.
Vergleich
  • beachte, bitten wir ⇒ sieh gnädig auf
  • Herr ⇒ allmächtiger Gott
  • deiner Majestät ⇒ …
  • was durch unseren Dienst verrichtet wird ⇒ dieses Opfer feiern
  • besser geordnet werde ⇒ so
  • zu deiner Ehre besser gelenkt werde ⇒ dass es dir zur Ehre gereicht
Anmerkung
Neben Details („deine Majestät“ einerseits, „unseren Dienst“ andererseits werden ausgelassen) bittet das Original um bessere Lenkung des Opfers, das verrichtet wird, (also [von mir] als Ergebnis der Opferung verstanden) was im Lichte des uralten Gebets meint, dass unsere Opfergaben zu Leib und Blut unseres Herrn werden (wie in: dein Engel trage diese Gaben auf deinen himmlischen Altar), während das DM sich um die Art und Weise des Feierns kümmert. Ich bin fast geneigt, mich weit aus dem Fenster zu lehnen und analog zu Ps 141, 2 (Dirigatur oratio mea sicut incensum in conspectu tuo – Gelenkt werde mein Gebet wie Weihrauch vor dein Angesicht) zu denken; das „gloria tua“ (deine Ehre/deine Herrlichkeit) wäre bei diesem Gedanken wie das „maiestas tua“ (deine Größerheit) als Anrede aufzufassen. Dagegen ist mir schwer verständlich, wie das „gnädig blicken“ die Ausführung der Messe beeinflussen soll (wie das DM versteht).

Schlussgebet
Perfíciant in nobis, Dómine, quǽsumus, tua sacraménta quod cóntinent, ut, quæ nunc spécie gérimus, rerum veritáte capiámus.
Dieses Gebet war früher als Postcommunio für den Quatember-Samstag im September vorgesehen.

Übersetzung
Bewirken mögen in uns, Herr, bitten wir, deine Sakramente, was sie enthalten, damit wir, welche wir jetzt unter Gestalt [von Brot und Wein] ausführen, nach der Wahrheit der Sachen* erfassen.
* in ihrem wahren Wesen

Deutsches Messbuch
Herr, unser Gott, gib, dass deine Sakramente in uns das Heil wirken, das sie enthalten, damit wir einst als unverhüllte Wirklichkeit empfangen, was wir jetzt in heiligen Zeichen begehen.
An dieses spezielle Gebet knüpfen sich vielfältige Betrachtungen. Duns Scotus ist da etwas in die falsche Richtung gelaufen, weshalb sein einschlägiges [bzw. das ihm zugeschriebene einschlägige] Buch auf dem Index landete.

Das Decretum Gratiani aber legt fest, das heutige Schlussgebet zitierend, (C. XXXIV. Post consecrationem non substantia, sed species remanet):
Specie et similitudo illarum rerum uocabula sunt, que ante fuerunt, scilicet panis et uini. Unde in fine cuiusdam missae oratur et dicitur: "Perficiant in nobis, quesumus Domine, tua sacramenta quod continent, ut que nunc specie gerimus rerum ueritate capiamus."
Postulat quippe sacerdos, ut corpus Christi, quod sub specie panis et uini nunc geritur, manifesta uisione, sicuti reuera est, quandoque capiatur. De qua uisione Dominus in euangelio secundum Iohannem: "Qui diligit me diligetur a patre meo, et ego diligam eum, et manifestabo ei me ipsum." Quamuis non inprobabiliter quidam exponant hoc loco carnis et sanguinis ueritatem ipsam eorundem efficientiam, id est peccatorum remissionem.
Übersetzung
„Gestalt“ oder „Zeichen“ sind Bezeichnung jener Dinge, die vorher [vor der Wandlung] waren, nämlich von Brot und Wein. Daher wird am Ende einer gewissen Messe gebetet und gesagt: „Bewirken mögen in uns, Herr, bitten wir, deine Sakramente, was sie enthalten, damit wir, welche wir jetzt unter Gestalt ausführen, nach der Wahrheit der Sachen erfassen.“
Es bittet nämlich der Priester, dass der Leib Christi, der unter der Gestalt von Brot und Wein jetzt ausgeführt wird, durch deutliches Schauen, wie er wahrhaftig ist, einst erfasst werde. Über dieses Schauen [sagt] der Herr im Evangelium nach Johannes: „Wer mich liebt, wird von meinem Vater geliebt, und ich werde ihn lieben und mich selbst ihm deutlich zeigen“ (Joh 14, 21). Obwohl einige nicht unwahrscheinlich [= wahrscheinlich korrekt] an dieser Stelle die Wahrheit des Fleisches und Blutes erläutern als deren Wirkung selbst, d.h. die Vergebung der Sünden.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen