Freitag, 4. Oktober 2019

Nächstenliebe und apostolischer Eifer

Der vierte Oktober ist im neuen wie im alten Kalender dem Gedenken Franzens von Assisi gewidmet; es werden unterschiedliche Gebete genutzt. Allerdings wurden, was ungewöhnlich ist, die vorgesehenen Schriftlesungen (Gal 6, 14-18 [welche auf die Stigmata anspielt] und Mt 11, 25-30) beibehalten.

Tagesgebet
Deus, qui beáto Francísco paupertáte et humilitáte Christo configurári tribuísti, concéde, ut, per illíus sémitas gradiéntes, Fílium tuum sequi et tibi coniúngi læta valeámus caritáte.
Übersetzung
Gott, der du dem seligen Franz gewährt hast, in Armut und Demut Christus gleichgestaltet zu werden, gewähre, dass wir, durch seinen Weg schreitend, deinem Sohn zu folgen und dir in froher Liebe verbunden zu werden vermögen.
Deutsches Messbuch
Gott, du Vater der Armen, du hast den heiligen Franz von Assisi auserwählt, in vollkommener Armut und Demut Christus ähnlich zu werden. Mache uns bereit, auf den Spuren des heiligen Franz deinem Sohn nachzufolgen, damit wir in Freude und Liebe mit dir verbunden bleiben.
Anmerkungen
  1. Die markierten Passagen haben im Original keine Entsprechung und scheinen mir (fälschlich) eine materiell verstandene Armut zu betonen. Es sind aber die „arm sind vor Gott“, denen das Himmelreich gehört (Mt 5, 3). Die „Armut und Demut“ hier korrespondiert dem „sanftmütig und von Herzen demütig“, das Jesus von sich selbst aussagt (Mt 11, 29).
  2. Die Nachfolge Jesu ist im Original parallel zur folgenden Bitte, im DM fäschlich mit dem Weg des Franz verbunden.
  3. Im Original wird gebeten, Gott „mit froher Liebe verbunden zu werden“, im DM zu bleiben.
Oratio (1962)
Deus, qui Ecclesiam tuam beati Francisci meritis fetu novae prolis amplificas: tribue nobis; ex eius imitatione, terrena despicere, et caelestium donorum semper participatione gaudere.
Übersetzung
Gott, der du deine Kirche durch des seligen Franzens Verdienste um die Frucht eines neuen Kindes [des Franziskanerordens] vermehrst: gewähre uns, kraft seiner Nachahmung, die irdischen [Dinge] zu verachten und uns der Teilhabe an den himmlischen Gaben immer zu erfreuen.
Gabengebet
Múnera tibi, Dómine, offeréntes, quǽsumus, ut ad mystérium crucis celebrándum conveniénter aptémur, cui beátus Francíscus tam ardénter adhǽsit.
Übersetzung
Gaben dir, Herr, darbringend bitten wir, dass wir zum Feiern des Kreuzes-Mysterium passend gemacht werden, dem* der selige Franz so glühend anhing.
*Es ist uneindeutig, ob sich das „dem“ auf den Herrn, das Feiern oder das Mysterium bezieht.
Deutsches Messbuch
Vater im Himmel, nimm unsere Gaben an. Schenke uns jene Liebe zum Gekreuzigten, die das Leben des heiligen Franz geprägt hat, und gib, dass wir an deinem Altar das Geheimnis des Kreuzes würdig begehen.
Vergleich
  • Herr ⇒ Vater im Himmel
  • dir Gaben darbringend ⇒ nimm unsere Gaben an
    Im Original eine Situationsbeschreibung, im DM schon die erste Bitte.
  • wir zum Feiern passend gemacht werden ⇒ wir an deinem Altar würdig begehen
    Dass die sich ihrer Schuld bewußten Betenden [durch die Gaben, die Fürsprache der Heiligen, Gottes Gnade …] zur Feier passend/Gott angenehm/würdig gemacht werden, ist eine häufige Bitte (in den Sekretis des alten Messbuchs). Im DM geht es gar nicht um die Wandlung der Betenden, sondern lediglich um einen würdigen Vollzug des Dienstes. Der Altar ist dazufantasiert.
  • Aus dem „dem“ macht das DM „zum Gekreuzigten“. Da hat es bei den vielen Möglichkeiten, worauf sich „cui“ beziehen könnte, noch was gefunden, was es nicht sein kann. In der Folge wird aus „der selige Franz so glühend anhing“ ein nebulöses und wortreiches „Schenke uns jene Liebe, die das Leben des heiligen Franz geprägt hat“
Secreta (1962)
Munera tibi, Domine, dicata sanctifica: et, intercedente beato Francisco, ab omni nos culparum labe purifica.
Übersetzung
Die dir, Herr, geweihten Gaben heilige, und uns reinige durch die Vermittlung des seligen Franz von jeder Schmach der Schuld.
Schlussgebet
Da nobis, quǽsumus, Dómine, per hæc sancta quæ súmpsimus, ut, beáti Francísci caritátem zelúmque apostólicum imitántes, tuæ dilectiónis efféctus percipiámus et in salútem ómnium effundámus.
Übersetzung
Gib uns, bitten wir, Herr, durch diese heiligen [Gaben], die wir empfangen haben, dass wir, des seligen Franzens Nächstenliebe und apostolischen Eifer nachahmend, die Wirkung deiner Wertschätzung erfahren und zum Heil aller ausgießen.
Deutsches Messbuch
Herr, unser Gott, dieses Sakrament erfülle uns mit deiner Liebe und mit Eifer für das Heil der Menschen. Lass uns nach dem Vorbild des heiligen Franz Diener der Freude für unsere Brüder sein.
Vergleich
  • durch diese heiligen [Gaben], die wir empfangen haben ⇒ dieses Sakrament erfülle uns
    Im Original wird Gott um das Geben gebeten; die heiligen Empfangenen sind ein Mittel; im DM wird durch das Sakrament direkt bewirkt.
  • des seligen Franzens Nächstenliebe und apostolischen Eifer nachahmend ⇒ deiner Liebe und mit Eifer für das Heil der Menschen
    Das Original hat eine Aussage über die innere Verfassung der Betenden, das DM eine Bitte. Nächstenliebe ist eben nicht „deine Liebe“ (das ist nämlich die „Wertschätzung“/Liebe, die später kommt). „Heil der Menschen“ ist (wohl bewusst) missverständlich; der „apostolische Eifer“ geht auf die Glaubensverkündigung und das Seelenheil; im deutschkirchlischen Zusammenhang ist „Heil der Menschen“ zu oft „innerweltliche Bequemlichkeit“:
  • gib uns, bitten wir, dass wir ⇒ lass uns
    Das sonst so wortfüllige DM wird bei solchen Gelegenheiten immer sehr lakonisch.
  • die Wirkung deiner Wertschätzung [oder Liebe] erfahren ⇒ nach dem Vorbild des heiligen Franz
    Das Vorbild des heiligen Franzens bezieht sich auf die Nächstenliebe und den Eifer oben; hier steht es anstelle der Bitte, die Liebe Gottes erfahren zu dürfen. Sehr seltsam.
  • [deine Liebe] zum Heil aller ausgießen ⇒ Diener der Freude für unsere Brüder sein
    Hier passt der Disclaimer, den man manchmal bei Romanen findet: Der DM-Text ist frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten zur Vorlage sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
    „Diener der Freude“ soll an 2 Kor 1,24 angelehnt sein, allerdings heißt es da „synergoi“, das ist „wir sind Mitarbeiter an eurer Freude“, nicht Diener.
Postcommunio (1962)
Ecclesiam tuam, quaesumus, Domine, gratia caelestis amplificet: quam beati Francisci Confessoris tui illuminare voluisti gloriosis meritis et exemplis.
Übersetzung
Deine Kirche*, bitten wir Herr, vergrößere die himmlische Gnade, die [Kirche] du durch deines Bekenners, der seligen Franzens, ruhmreiche Verdienste und Beispiele erleuchten wolltest.
*Gnade ist Subjekt, Kirche das Objekt des „vergrößern“.

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