Sonntag, 20. Oktober 2019

von den Mysterien, denen wir dienen, geläutert

Am 29. Sonntag im Jahreskreis haben die Gebete der Kirche die Eucharistiefeier selbst fest im Blick:

Tagesgebet
Omnípotens sempitérne Deus, fac nos tibi semper et devótam gérere voluntátem, et maiestáti tuæ sincéro corde servíre.
Übersetzung
Allmächtiger ewiger Gott, lass uns dir immer sowohl einen ergebenen Willen zeigen als auch deiner Majestät mit aufrichtigem Herzen dienen.
Deutsches Messbuch
Allmächtiger Gott, du bist unser Herr und Gebieter. Mach unseren Willen bereit, deinen Weisungen zu folgen, und gib uns ein Herz, das dir aufrichtig dient.
Vergleich
  • allmächtiger ewiger Gott ⇒ allmächtiger Gott, du bist unser Herr und Gebieter
    Wow, da hat einer „ewig“ mit Schwung wiedergegeben, oder im Vorgriff die später ausgelassene „Majestät“ wieder einfangen wollen.
  • lass uns dir immer einen ergebenen Willen zeigen ⇒ mach unseren Willen bereit, deinen Weisungen zu folgen
    Das DM mag recht haben, wenn es einen Kampf zwischen Willen und Weisung vermutet, den Gott zu Gunsten der Weisung beeinflussen soll (was dieses Jahr gut zur Lesung mit dem Kampf gegen Amalek passt), allerdings bittet das Original um einen „ergebenen Willen“, d.h. dass wir nicht nur tun, sondern selbst wollen, was Gott will, wie in „dein Wille geschehe“.
  • [lass uns] deiner Majestät mit aufrichtigem Herzen dienen ⇒ gib uns ein Herz, das dir aufrichtig dient
    Das Original setzt voraus, dass wir ein Herz haben, und bittet, dass es im Gott-dienen aufrichtig sei. Das DM muss um die Gabe eines Herzens bitten.
Gabengebet
Tríbue nos, Dómine, quǽsumus, donis tuis líbera mente servíre, ut, tua purificánte nos grátia, iísdem quibus famulámur mystériis emundémur.
Übersetzung
Verleihe, dass wir, Herr, bitten wir, deinen Gaben mit freiem Geist dienen, damit wir, während deine Gnade uns entsühnt*, von denselben Mysterien, denen wir dienen, geläutert* werden.
* jeweils oder: gereinigt

Deutsches Messbuch
Hilf uns, Herr, dass wir den Dienst am Altar mit freiem Herzen vollziehen. Befreie uns durch diese Feier von aller Schuld, damit wir rein werden und dir gefallen.
Vergleich
  • verleihe, dass wir ⇒ hilf uns
    Dass freiwillig und gerne die Messe mitzufeiern eine verliehene Gnade ist, kann ich besser verstehen, als wie Gott „helfen“ soll, „freiwillig“ mitzumachen.
  • Herr, bitten wir ⇒ Herr
  • deinen Gaben dienen ⇒ den Dienst am Altar vollziehen
    Den Gaben dienen tun auch die Mitfeiernden in der Bank. Das DM hebt auf den „Dienst am Altar“ ab – Klerikalismus?!
  • während deine Gnade uns entsühnt ⇒ befreie uns von aller Schuld
    Das Original nennt die Voraussetzung, dass die Messfeier ihre Reinigungswirkung erzielt (die gleichzeitige Entsühnungswirkung aus Gnade), im DM wird das die Bitte.
    Ob das „von aller Schuld befreien“ dasselbe ist, was im Original gesagt wird? Ich würde eher vermuten, dass das dafür einschlägige Sakrament die Beichte ist … [vgl. unter Nummer 1394 unten – definitiv ist „alle Schuld“ bloßes Wunschdenken des DM]
  • von denselben Mysterien, denen wir dienen ⇒ durch diese Feier
    Das DM zeigt wieder peak-Prosaisch-ismus, oder die „wie sag ich alles durch immer dieselben Wörter möglichst schmucklos“-Manier.
  • damit wir geläutert werden ⇒ damit wir rein werden und dir gefallen
    Das DM geht hier einen weiten Weg: das Adjektiv mundus, das in dem e-mund-are steckt, heißt nicht nur „rein, sauber“, sondern auch „ordentlich“. Aus der zweiten Bedeutung kommt das Substantiv mundus, das (weil Gott die Ordnung der Welt aus dem Chaos schuf) u.a. „Welt, All“ heißt, und auch „Schmuck (der Frau)“. Geht man den ganzen Weg zurück, macht das DM aus dem emundare (gründlich reinigen, läutern), ein „säubern und schmücken“, oder als Zweck: „rein werden und dir gefallen“. Oder (was bei den mit dem DM gemachten Erfahrungen leider die wahrscheinlichere Möglichkeit ist) es wird frei fantasiert.
    Interessant ist noch, dass das Original zwei Mal den Vorgang des Reinigens anspricht, das DM aber „befreien“ und „rein sein“ nimmt. Kling ein bißchen nach „Wasch mich, aber mach mich nicht nass“, oder „rein sein möchte ich schon, aber gereinigt werden [Buße tun] eher nicht“.
Schlussgebet
Fac nos, quǽsumus, Dómine, cæléstium rerum frequentatióne profícere, ut et temporálibus benefíciis adiuvémur, et erudiámur ætérnis.
Übersetzung
Lass uns, bitten wir, Herr, durch die häufige Feier der himmlischen Dinge vorankommen, damit wir sowohl durch zeitliche Wohltaten unterstützt werden als auch durch die ewigen uns warnen lassen*.
* Falls „erudiamur“ hier nicht diese kirchenlateinische Bedeutung haben soll, stünde „gebildet/unterrichtet werden“ zur Verfügung.

Deutsches Messbuch
Allmächtiger Gott, gib, dass die heiligen Geheimnisse, die wir gefeiert haben, in uns Frucht bringen. Schenke uns Tag für Tag, was wir zum Leben brauchen, und führe uns zur ewigen Vollendung.
Vergleich
  • lass uns, bitten wir ⇒ gib
  • Herr ⇒ allmächtiger Gott
  • durch die häufige Feier ⇒ die wir gefeiert haben
    Das Original bittet, dass hier die häufige (wie im Gabengebet die freiwillige) Messfeier uns weiterbringe. Das DM bezieht sich nur auf die gerade gehabte Feier.
  • der himmlischen Dinge ⇒ die heiligen Geheimnisse
    „Geheimnisse“ ist dem DM so lieb wie das „schenken“ und das „Herr, unser Gott“. Man sollte einmal zählen, wie viele Wendungen darauf jeweils abgebildet werden.
  • vorankommen ⇒ in uns Frucht bringen
    Wo es um Fortschritte machen geht, wird das DM plötzlich blumig. Und bringt noch ein „Uns“ unter.
  • damit wir durch die zeitlichen Wohltaten unterstützt werden ⇒ Schenke uns Tag für Tag, was wir zum Leben brauchen.
    Die häufige Mitfeier der Messe bewirkt zwei Arten von Wohltaten: die zeitlichen, die uns im gegenwärtigen Leben bei einem unserer Berufung als Christen entsprechenden Lebenswandel unterstützen; und die ewigen. Es geht überhaupt nicht – wie das DM erbittet – um „was wir zum Leben brauchen“ (wie in „unser täglich Brot gib uns heute“), und schon gar nicht um „schenken“.
  • durch die ewigen uns warnen lassen ⇒ führe uns zur ewigen Vollendung
    Um zu verstehen, wie die ewigen Wohltaten der Eucharistie uns warnen oder bilden, halte man sich den Katechismus der Katholischen Kirche vor Augen, der ab Nummer 1391 die Früchte der Kommunion erklärt; kurz:
1391) bringt die innige Vereinigung mit Christus Jesus
1392) bewahrt, vermehrt und erneuert das in der Taufe erhaltene Gnadenleben
1393) reinigt von den begangenen Sünden und bewahrt vor neuen Sünden:
1394) belebt unsere Liebe; Diese neubelebte Liebe tilgt die läßlichen Sünden.
1395) bewahrt uns vor zukünftigen Todsünden
1396) erneuert, stärkt und vertieft die Eingliederung in die Kirche, die bereits durch die Taufe erfolgt ist
1397) verpflichtet gegenüber den Armen
Besonders der unter Nr. 1395 ausgeführte Punkt mag hier einschlägig sein.
Dagegen finde ich nichts was darauf hindeutete, dass (wie das DM impliziert) unmittelbar zur „ewigen Vollendung führt“. Die Eucharistiefeier rüstet uns allerdings aus (oder bildet uns), dass wir den Weg mit Gottes Gnade gehen können.

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