Dienstag, 24. Dezember 2019

durch diesen hochheiligen Tausch

Am 25. Dezember ist Weihnachten oder das Hochfest IN NATIVITATE DOMINI (zur Geburt des Herrn)
Da ohnehin erhebliche Übereinstimmungen bestehen, beginnt die Betrachtung hier mit den Weihnachstmessen nach der alten Ordnung:

Ad primam Missam in Nocte (Zur ersten Messe, in der Nacht [also nach Mitternacht])

Oratio
Deus, qui hanc sacratissimam noctem veri luminis fecisti illustratione clarescere: da, quaesumus; ut, cuius lucis mysteria in terra cognovimus, eius quoque gaudiis in caelo perfruamur.
Übersetzung
Gott, der du diese geweihteste Nacht durch die Erleuchtung* der wahren Lichtquelle hell werden lässt: gib, bitten wir, dass wir wessen Lichtes** Mysterien wir auf der Erde erkannt haben, dessen Freuden auch im Himmel genießen mögen.
* oder: Erscheinung (wie in „Erscheinung seiner Ankunft“, 2. Thess 2, 8) – hübsches Wortspiel
** oder: neues Leben, Rettung, Heil – passt alles

Secreta
Accepta tibi sit, Domine, quaesumus, hodiernae festivitatis oblatio: ut, tua gratia largiente, per haec sacrosancta commercia, in illius inveniamur forma, in quo tecum est nostra substantia.
Übersetzung
Angenehm sei dir, Herr, bitten wir, des heutigen Festes Opfer: damit wir, durch deine Gnade geschenkt*, durch diesen hochheiligen Tausch in dessen Gestalt erscheinen, in dem unsere [Menschen]Natur** bei dir ist.
* schulmäßig: „während deine Gnade schenkt“
** Das ewige Wort hat unsere Menschheit angenommen, welche jetzt in ihm bei Gott ist, und hat die Gestalt des auferstandenen Leibes, welche wir auch erreichen zu dürfen bitten, mit welchen Worten der Tausch erklärt wird (Das Wort wird Mensch wie wir, damit wir bei Gott sein können wie er.)

Postcommunio
Da nobis, quaesumus, Domine Deus noster: ut, qui Nativitatem Domini nostri Iesu Christi mysteriis nos frequentare gaudemus; dignis conversationibus ad eius mereamur pervenire consortium.
Übersetzung
Gib uns, bitten wir, Herr unser Gott: dass wir, die sich freuen, dass wir der Geburt unseres Herrn Jesus Christus in den Mysterien beiwohnen, durch würdigen Lebenswandel zu seiner Gemeinschaft zu gelangen verdienen.

Nach der neuen Ordnung ist vorgesehen:

Messe in der Nacht

Tagesgebet
Deus, qui hanc sacratíssimam noctem veri lúminis fecísti illustratióne claréscere, da, quǽsumus, ut, cuius in terra mystéria lucis agnóvimus, eius quoque gáudiis perfruámur in cælo.
Bis auf Wortumstellung und Ersetzung von „cognovimus“ („wir haben erkannt“, hat aber viele Nebenbedeutungen) durch „agnovimus“ (gleiche Bedeutung, aber eindeutiger) gleich der Oratio der ersten Messe im alten Messbuch.

Übersetzung
Gott, der du diese geweihteste Nacht durch die Erleuchtung der wahren Lichtquelle hell werden lässt: gib, bitten wir, dass wir wessen Lichtes Mysterien wir auf der Erde erkannt haben, dessen Freuden auch im Himmel genießen mögen.
Deutsches Messbuch
Herr, unser Gott in dieser hochheiligen Nacht ist uns das wahre Licht aufgestrahlt. Lass uns dieses Geheimnis im Glauben erfassen und bewahren, bis wir im Himmel den unverhüllten Glanz deiner Herrlichkeit schauen.
Vergleich
  • Gott ⇒ Herr, unser Gott
  • diese geweihteste Nacht ⇒ in dieser hochheiligen Nacht
    1. Im Original das Objekt, welches das Hellwerden erfährt, im DM eine Zeitangabe.
    2. sacer ist „geweiht“, und im Sinne von „den Göttern geweiht/heilig“ auch „heilig“, aber wenn das Fest schon Weihnachten heißt, kann man die eigentliche Bedeutung ruhig stehen lassen.
  • der du hell werden lässt ⇒ uns ist aufgestrahlt
    Das Original beschreibt das Handeln Gottes, das DM den Nutzen für das zentrale „Uns“.
  • durch die Erleuchtung der wahren Lichtquelle ⇒ das wahre Licht
    1. Das Original fließt über von Ausdrücken aus dem Bedeutungsfeld „lichthell“, das DM ökonomisiert hier radikal.
    2. Die bei der alten Oratio oben erwähnte Doppelbedeutung der Erleuchtung/Erscheinung fällt im DM weg.
    3. Das „lumen“ ist das (konkrete) Licht einer Lichtquelle, oder die Lichtquelle selbst, im Unterschied zu dem später gebrauchten „lux“, dass Licht allgemein, Hellsein, bedeutet und die vielen metaphorischen Bedeutungen trägt. Das DM macht diese Unterscheidung nicht und streicht dafür das zweite „Licht“.
    4. Es erscheint mir sinnvoll, das göttliche Wort als die Quelle des Lichts anzusprechen; dem DM anscheinend nicht.
  • wir haben die Mysterien des Lichtes auf der Erde erkannt ⇒ lass uns dieses Geheimnis im Glauben erfassen
    1. Im Original wurde bereits erkannt, das DM bittet um das Erfassen des Geheimnis.
    2. Das Original spricht von den Geheimnissen des Lichtes des Heilands, wobei hier das (allgemeine) Licht in seinen vielen Bedeutungen mitgemeint ist, das DM mit „diesem“ Geheimnis wohl nur von der Menschwerdung.
    3. Das Original unterscheidet auf der Erde erkennenim Himmel genießen; das DM macht aus der Erde ein „im Glauben“, warum auch immer.
  • gib, bitten wir, dass wir dessen Freuden genießen mögen ⇒ [lass uns dieses Geheimnis] bewahren, bis wir den unverhüllten Glanz deiner Herrlichkeit schauen
    Das DM möchte „dieses Geheimnis“ „bewahren“, was sich mir inhaltlich nicht erschließt, und setzt seine Standard-Floskel für alles Jenseitige.
    Wenn man sich vor Augen hält, dass das originale „Licht erkennen“ auch die Passion, Selbstverleugnung, Kenosis und alles, was auch uns auf der Erde wiederfahren kann, einschließt, macht das „Freude genießen“ im Himmel echt mehr Sinn als die DM-Floskel.
Gabengebet
Grata tibi sit, Dómine, quǽsumus, hodiérnæ festivitátis oblátio, ut, per hæc sacrosáncta commércia, in illíus inveniámur forma, in quo tecum est nostra substántia.
Bis auf die Ersetzung von accepta (angenehm) durch grata (gleiche Bedeutung) und der Streichung von „tua gratia largiente“ (durch deine Gnade geschenkt) gleich der Secreta der ersten Messe im alten Messbuch.

Übersetzung
Angenehm sei dir, Herr, bitten wir, des heutigen Festes Opfer: damit wir durch diesen hochheiligen Tausch in dessen Gestalt erscheinen, in dem unsere [Menschen]Natur bei dir ist.
Deutsches Messbuch
Allmächtiger Gott, in dieser heiligen Nacht bringen wir dir unsere Gaben dar. Nimm sie an und gib, dass wir durch den wunderbaren Tausch deinem Sohn gleichgestaltet werden, in dem unsere menschliche Natur mit deinem göttlichen Wesen vereint ist.
Vergleich
  • angenehm sei dir ⇒ nimm sie an
    Wenn schon die Gabengebete immer das gleiche Thema haben, muss man eigentlich nicht auch noch (wie das DM) immer die gleiche Formulierung benutzen.
  • Herr, bitten wir ⇒ allmächtiger Gott
  • des heutigen Festes Opfer ⇒ in dieser heiligen Nacht bringen wir dir unsere Gaben dar
    Der Fokus des DM tritt jedenfalls deutlich hervor.
  • in dessen Gestalt erscheinen ⇒ deinem Sohn gleichgestaltet werden
    Das stets hilfreiche DM erläutert gerne, von wem die Rede ist.
  • bei dir ⇒ mit deinem göttlichen Wesen vereint
    Es scheint mir, dass das Original vom Auferstandenen, der zur Rechten Gottes sitzt, spricht (vgl. die Anmerkungen zur Sekreta oben), während das DM auf die zwei Naturen des Jesuskindes anspielt.
Schlussgebet
Da nobis, quǽsumus, Dómine Deus noster, ut, qui nativitátem Redemptóris nostri frequentáre gaudémus, dignis conversatiónibus ad eius mereámur perveníre consórtium.

Bis auf die Ersetzung von „Domini nostri Iesu Christi“ (unseres Herrn Jesus Christus) durch „Redemptóris nostri“ (unseres Erlösers) und der Streichung von „mysteriis nos“ (dass wir … in den Mysterien) entspricht das Gebet der Postcommunio der ersten Messe im alten Messbuch.

Übersetzung
Gib uns, bitten wir, Herr unser Gott: dass wir, die sich freuen, der Geburt unseres Erlösers beizuwohnen, durch würdigen Lebenswandel zu seiner Gemeinschaft zu gelangen verdienen.
Deutsches Messbuch
Herr, unser Gott, in der Freude über die Geburt unseres Erlösers bitten wir dich: Gib uns die Gnade, ihm unser ganzes Leben zu weihen, damit wir einst Anteil erhalten an der ewigen Herrlichkeit deines Sohnes.
Vergleich
  • die sich freuen, der Geburt beizuwohnen ⇒ in der Freude über die Geburt
    Das Original (noch deutlicher in der alten Postcommunio) freut sich, an Weihnachten an der Messe teilnehmen zu können, das DM, dass Weihnachten ist.
  • durch würdigen Lebenswandel ⇒ die Gnade, ihm unser ganzes Leben zu weihen
    Das DM fügt oft und gerne „Gnade“ dazu, hier um zu „weihen“. Das Original will nicht allgemein weihen, sondern konkret würdiges Verhalten an den Tag legen – und das wird weniger erbetet als vielmehr vorausgesetzt.
  • zu seiner Gemeinschaft ⇒ an der ewigen Herrlichkeit deines Sohnes
    Beide Gebete verwenden häufig gebrauchte Wendungen – nur halt verschiedene, und das ist nicht der Fehler des Originals.
  • zu gelangen verdienen ⇒ einst Anteil erhalten
    Das Original, den würdigen Lebenswandel voraussetzend, bittet um Gottesbeistand, dass der Einsatz ausreicht, die Zielerreichung zu verdienen. Das DM bittet um Gnade, und dann noch um „erhalten“: vom eigenen Zutun keine Rede.

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