Sonntag, 22. Dezember 2019

den Mutterleib Mariens mit seiner Kraft erfüllt

 Zum vierten Adventssonntag betet die Kirche:

Tagesgebet
Grátiam tuam, quǽsumus, Dómine, méntibus nostris infúnde, ut qui, Angelo nuntiánte, Christi Fílii tui incarnatiónem cognóvimus, per passiónem eius et crucem ad resurrectiónis glóriam perducámur.
Übersetzung
Deine Gnade, bitten wir, Herr, gieße unseren Herzen ein, damit wir, die, während der Engel verkündigt, Christi deines Sohnes Einfleischung erkannt haben, durch sein Leiden und Kreuz zur Herrlichkeit der Auferstehung geführt werden.
Deutsches Messbuch
Allmächtiger Gott, gieße deine Gnade in unsere Herzen ein. Durch die Botschaft des Engels haben wir die Menschwerdung Christi, deines Sohnes, erkannt. Führe uns durch sein Leiden und Kreuz zur Herrlichkeit der Auferstehung.
Der Vergleich wurde schon zu Selige Jungfrau Maria vom Rosenkranz angestellt.

Gabengebet
Altári tuo, Dómine, superpósita múnera Spíritus ille sanctíficet, qui beátæ Maríæ víscera sua virtúte replévit.
Übersetzung
Die auf deinen Altar, Herr, gelegten Gaben heilige jener Geist, welcher der seligen Maria Mutterleib mit seiner Kraft erfüllte.
Deutsches Messbuch
Herr, unser Gott, wir legen die Gaben auf den Altar. Heilige sie durch deinen Geist, der mit seiner Kraft die Jungfrau Maria überschattet hat.
Vergleich
  • die auf deinen Altar gelegten Gaben ⇒ wir legen die Gaben auf den Altar
    Natürlich muss im DM ein „Wir“ am Anfang stehen, auch wenn es im Original gar nicht vorkommt.
  • Herr ⇒ Herr, unser Gott
  • heilige jener Geist ⇒ heilige sie durch deinen Geist
    Im Original heiligt der Heilige Geist, im DM der Vater durch den Geist.
  • der seligen Maria Mutterleib mit seiner Kraft erfüllte ⇒ mit seiner Kraft die Jungfrau Maria überschattet hat
    Das Original hat die doppelte Bedeutung des „mit Geist erfüllen“ und „den Mutterleib füllen“ wie in „ein Kind zeugen“; das DM ist langweilig.
Schlussgebet
Sumpto pígnore redemptiónis ætérnæ, quǽsumus, omnípotens Deus, ut quanto magis dies salutíferæ festivitátis accédit, tanto devótius proficiámus ad Fílii tui digne nativitátis mystérium celebrándum.
Übersetzung
Nachdem das Pfand der ewigen Erlösung empfangen wurde, bitten wir, allmächtiger Gott, dass je näher der Tag des heilbringenden Festes heranrückt, desto ergebener mögen wir fortschreiten, das Mysterium der Geburt deines Sohnes würdig zu begehen.
Deutsches Messbuch
Allmächtiger Gott, du hast uns in diesem Mahl das Heil zugesagt und uns schon jetzt Anteil daran gegeben. Lass uns das Kommen deines Sohnes in Freude erwarten und mache uns umso eifriger in deinem Dienst, je näher das Fest seiner Geburt heranrückt.
Vergleich
  • nachdem das Pfand der ewigen Erlösung empfangen wurde ⇒ du hast uns in diesem Mahl das Heil zugesagt und uns schon jetzt Anteil daran gegeben
    Falls das Wort „Pfand“ der Zielgruppe des DM nicht bekannt ist und so wortreich umschrieben werden muss, sollte man einen geeigneten katechetischen Moment finden, darüber zu sprechen, statt die Gebete zu verunklaren.
  • der Tag des heilbringenden Festes ⇒ das Fest seiner Geburt
    Man könnte meinen, das Detail, welches das DM hier unterdrückt, ist der ganze Anlass der kirchlichen Existenz.
  • desto ergebener mögen wir fortschreiten ⇒ mache uns umso eifriger in deinem Dienst
    Ich möchte nicht vermuten, dass mit „in deinem Dienst“ der letzte Halbsatz des Originals erschlagen werden soll. Jedenfalls ist „eifriger“ nicht im Bedeutungsumfang des Wortes „devote“ (bereitwillig, ergeben; andächtig, Gott ergeben, gottgeweiht, fromm, getreu) enthalten.
  • das Mysterium der Geburt deines Sohnes würdig zu begehen ⇒ lass uns das Kommen deines Sohnes in Freude erwarten
    Passt nicht zusammen, lag aber im Phrasenbaukasten des DM gerade oben drauf, weil sie im ganzen Advent immer wieder – stehe im Original, was da wolle – gerne gedroschen wurde.

Wenn an einem 22. Dezember nicht gerade Sonntag wäre, würde man beten:

Tagesgebet
Deus, qui, hóminem delápsum in mortem conspíciens, Unigéniti tui advéntum redímere voluísti, præsta, quǽsumus, ut qui húmili eius incarnatiónem devotióne faténtur, ipsíus étiam Redemptóris consórtia mereántur.
Das Gebet kommt ähnlich (mit „gloriosam“ statt „humili devotione“) in den „Urkunden alter allemanischer Liturgien“ für den fünften Adventsonntag* vor.
* Im „Lexidion der morgenländischen Kirche“ des Eduard von Muralt wird unter den vier jährlichen Fastenzeiten aufgeführt: „4) Winterf[asten] bei den Gr[iechen] als Philipps- oder Adventsf[asten] 40 Tage, wie ursprünglich auch bei den Lateinern, bei denen sie Quadragesima S[ancti] Martini heissen, und in deren alten Missal-Büchern auch ein sechster und fünfter Adventssonntag vorkömmt.“

Übersetzung
Gott, der du, erkennend, dass der Mensch in den Tod hinabglitt, wolltest, dass deines Einziggezeugten Ankunft erlöse, gewähre, bitten wir, dass die mit demütiger Verehrung seine Einfleischung bekennen, auch Teilhaberschaften* jenes Erlösers verdienen.
* Die Mehrzahl erkläre ich mir durch die vielen Beter, die je eine Teilhaberschaft verdienen wollen.

Deutsches Messbuch
Barmherziger Gott, du hast die Not des Menschen gesehen, der dem Tod verfallen war, und hast ihn erlöst durch die Ankunft deines Sohnes. Gib uns die Gnade, das Geheimnis der Menschwerdung in Ehrfurcht zu bekennen und in der Gemeinschaft mit unserem Erlöser das Heil zu finden.
Vergleich
  • Gott ⇒ barmherziger Gott
  • erkennend, dass der Mensch in den Tod hinabglitt ⇒ du hast die Not des Menschen gesehen, der dem Tod verfallen war
    Im „delapsum“ hört man den Lapsus (Fehler, Sünde) mit; der Mensch rutscht im Original also durch die Sünde Richtung Tod, vgl. Röm 5, 12: „Wie durch einen einzigen Menschen die Sünde in die Welt kam und durch die Sünde der Tod und auf diese Weise der Tod zu allen Menschen gelangte, weil alle sündigten“ und weiter bis Kapitel 7 einschließlich. Es ist also keine „Not“, wie das DM schreibt, sondern ein Tun, das uns hinabgleiten lässt. Das DM entzieht sich der Verantwortung und schwelgt in Selbstmitleid.
    Das „dem Tod verfallen“ ist eine frömmlerische Redewendung, von der auch die Einheitsübersetzung überfließt an den Stellen, wo „[der Übertreter] soll getötet werden“ steht. Es wird also auf ein Urteil angespielt. Das Urteil über den Menschen ist aber noch nicht gesprochen (Gen 3, 19 gilt nicht, weil dort vom leiblichen Tod geredet wird; einschlägig wäre hier Offb 21, 8). Vielmehr ist das Leben in Sünde = Tod (vgl. z.B. Ps 31, 11), dem das „wahre Leben“ (Zoë) gegenüberzustellen ist (vgl. Joh 1, 4.16f.).
  • der du wolltest, dass deines Einziggezeugten Ankunft erlöse ⇒ und hast ihn erlöst durch die Ankunft deines Sohnes
  • gewähre, bitten wir, dass [wir] verdienen ⇒ gib uns die Gnade
    „verdienen“ kann man Gnade nicht, weil in deren Begriff gerade das „unverdiente Hilfe oder Begünstigung“ gegen die genaue Gerechtigkeit enthalten ist. Das DM verzichtet auf den eigenen Beitrag und möchte alles geschenkt haben.
  • die mit demütiger Verehrung seine Einfleischung bekennen ⇒ das Geheimnis der Menschwerdung in Ehrfurcht zu bekennen
    Ehrfurcht ist gut, aber das Bessere (demütige Verehrung) ist des Guten Feind, wie das Sprichwort lehrt. Das DM gibt ein Kopfnicken, wo volle Prostration angemessen wäre. [Wollte ein Bild einfügen. Google hat zum Stichwort ca. 100.000 Bilder von Muslimen, 2 von Buddisten und nach etlichem Scrollen endlich einen Papst Benedikt am Karfreitag. Das Bild dürfte aber bekannt sein.]
  • auch Teilhaberschaften jenes Erlösers ⇒ und in der Gemeinschaft mit unserem Erlöser das Heil zu finden
Gabengebet
In tua pietáte confidéntes, Dómine, cum munéribus ad altária veneránda concúrrimus, ut, tua purificánte nos grátia, iísdem quibus famulámur mystériis emundémur.
Übersetzung
Auf deine Milde vertrauend, Herr, laufen wir mit Gaben zu den ehrwürdigen Altären, damit, während deine Gnade uns reinigt, wir durch dieselben Mysterien, denen wir dienen, gesäubert werden.
Deutsches Messbuch
Herr, unser Gott, im Vertrauen auf deine Güte kommen wir mit Gaben zu deinem Altar. Tilge unsere Schuld durch das Geheimnis des Glaubens, das wir im Auftrag deines Sohnes feiern, und schenke uns deine Gnade.
Vergleich
  • auf deine Milde vertrauend ⇒ im Vertrauen auf deine Güte
  • Herr ⇒ Herr, unser Gott
  • laufen ⇒ kommen
  • zu den ehrwürdigen Altären ⇒ zu deinem Altar
  • während deine Gnade uns reinigt ⇒ und schenke uns deine Gnade
    1. Die Gnade kommt im DM aber ziemlich spät; im Original reinigt sie die ganze Zeit.
    2. Das Original möchte von der Gnade gereinigt werden, im Bewußtsein der eigenen Sünde; das DM möchte – wie oben beim Tagesgebet – die Gnade geschenkt haben. Sehr bequem (und protestantisch) gedacht.
  • damit wir gesäubert werden ⇒ tilge unsere Schuld
  • durch dieselben Mysterien ⇒ durch das Geheimnis des Glaubens
  • denen wir dienen ⇒ das wir im Auftrag deines Sohnes feiern
    Das Original übt die Tätigkeit des Famulus (Dieners) aus, das DM sieht sich als Vollstrecker des göttlichen Willens und Feiernden – was mir in der Gegenüberstellung ziemlich hochmütig vorkommt. Auch allgemein fügt das DM ziemlich oft die Phrase von „Auftrag deines Sohnes“ ohne Anlass ein.
Schlussgebet
Róboret nos, Dómine, tui sacraménti percéptio, ut veniénti Salvatóri mereámur cum dignis opéribus obviáre, et beatitúdinis prǽmia promeréri.
Übersetzung
Stärken möge uns, Herr, deines Sakramentes Empfang, damit wir verdienen, dem kommenden Erlöser mit würdigen Werken entgegenzugehen und die Belohnungen der Seligkeit zu erlangen.
Deutsches Messbuch
Herr, unser Gott, stärke uns durch die Kraft deines Sakramentes. Lass uns durch deine Gnade reich werden an guten Werken und bei der Wiederkunft deines Sohnes den verheißenen Lohn empfangen: die ewige Freude.
Vergleich
  • stärken möge uns ⇒ stärke uns durch
  • Herr ⇒ Herr, unser Gott
  • der Empfang deines Sakramentes ⇒ durch die Kraft deines Sakramentes
  • damit wir verdienen entgegenzugehen ⇒ lass uns durch deine Gnade reich werden
    ???
    Aber Gnade wurde eingefügt. Scheint heute ein Standard-Tropos zu sein.
  • mit würdigen Werken ⇒ an guten Werken
  • die Belohnungen zu erlangen ⇒ den verheißenen Lohn empfangen
  • der Seligkeit ⇒ die ewige Freude
  • dem kommenden Erlöser ⇒ bei der Wiederkunft deines Sohnes
    Ziemlich verrutscht von Weihnachten auf die Endzeit …

Nach dem alten Messbuch betet man am vierten Adventssonntag:

Oratio
Excita, quaesumus, Domine, potentiam tuam, et veni: et magna nobis virtute succurre; ut per auxilium gratiae tuae, quod nostra peccata praepediunt, indulgentia tuae propitiationis acceleret.
Übersetzung
Erwecke, bitten wir, Herr, deine Macht, und komm; eile uns mit großer Kraft zu Hilfe, damit durch die Hilfe deiner Gnade was unsere Sünden verzögern, die Nachsicht deines Erbarmens beschleunige.
Secreta
Sacrificiis praesentibus, quaesumus, Domine, placatus intende: ut et devotioni nostrae proficiant, et saluti.
Übersetzung
Die gegenwärtigen Opfer, bitten wir, Herr, beachte versöhnt, damit sie sowohl unserer Hingabe als auch dem Heil nützen.
Postcommunio
Sumptis muneribus, quaesumus, Domine: ut, cum frequentatione mysterii, crescat nostrae salutis effectus.
Übersetzung
Nachdem die Gaben empfangen wurden bitten wir, Herr: dass mit der häufigen Feier des Mysteriums die Wirkung unseres Heils wachse.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen