Mittwoch, 25. Dezember 2019

vom neuen Licht begossen

Seinerzeit wurden die drei Messen von Weihnachten hintereinander gelesen, wobei (wie mir meine Mutter berichten konnte) der Pastor dabei immer „flötter“ wurde (Die erste Messe war noch sehr feierlich, die dritte schon ziemlich schnell um.)
Nach der alten Ordnung war vorgesehen:

Ad secundam Missam in Aurora (Zur zweiten Messe, bei Sonnenaufgang)

Oratio
Da nobis, quaesumus, omnipotens Deus: ut, qui nova incarnati Verbi tui luce perfundimur; hoc in nostro resplendeat opere, quod per fidem fulget in mente.
Übersetzung
Gib uns, die wir vom neuen Licht deines eingefleischten* Wortes begossen werden, bitten wir, allmächtiger Gott, dass das in unserem Tun widerstrahle, was durch den Glauben im Herzen glänzt.
* fleisch- oder menschgewordenen

Secreta
Munera nostra, quaesumus, Domine, Nativitatis hodiernae mysteriis apta proveniant, et pacem nobis semper infundant: ut, sicut homo genitus idem refulsit et Deus, sic nobis haec terrena substantia conferat, quod divinum est.
Übersetzung
Unsere Gaben, bitten wir, Herr, mögen den Mysterien der heutigen Geburt angemessen sein*, und uns immer Frieden eingießen: damit so, wie der als Mensch Geborene zugleich auch als Gott aufleuchtet, diese irdische Substanz uns spenden möge, was göttlich ist.
* angemessen hervorkommen, oder: angemessen gemacht werden

Postcommunio
Huius nos, Domine, sacramenti semper novitas natalis instauret: cuius Nativitas singularis humanam reppulit vetustatem.
Übersetzung
Dieses Sakramentes, Herr, Geburtsneuheit möge uns immer erneuern: dessen einzigartige Geburt die menschliche Altheit vertreibt.

Nach der neuen Ordnung ist vorgesehen:

Messe bei Sonnenaufgang

Tagesgebet
Da, quǽsumus, omnípotens Deus, ut dum nova incarnáti Verbi tui luce perfúndimur, hoc in nostro respléndeat ópere, quod per fidem fulget in mente.
Bis auf die Streichung von „nobis“ (uns) und Ersetzung von „qui“ (der) durch „dum“ („während“, was viel sinnvoller ist, weil der Relativsatz im alten Gebet an einer seltsamen Stelle steht, wenn er sich auf das „nobis“ beziehen soll), gleich der Oratio der zweiten Messe im alten Messbuch.

Übersetzung
Gib, bitten wir, allmächtiger Gott, dass während wir vom neuen Licht deines eingefleischten Wortes begossen werden, das in unserem Tun widerstrahle, was durch den Glauben im Herzen glänzt.
Deutsches Messbuch
Allmächtiger Gott, dein ewiges Wort ist Fleisch geworden, um uns mit dem Glanz deines Lichtes zu erfüllen. Gib, dass in unseren Werken widerstrahlt, was durch den Glauben in unserem Herzen leuchtet.
Anmerkungen
  • Das Original hat das „neue Licht“, passend zur jährlichen Erneuerung der Geburt (und dem Sonnenaufgang, während dessen die Messe gefeiert wird), das DM einen nicht näher definierten „Glanz“.
  • Das Original fasst die Situation der Betenden, wie sie (gerade jetzt, in der Messe) vom Licht begossen werden, ins Auge; das DM erinnert allgemein an den Zweck der Menschwerdung.
Gabengebet
Múnera nostra, quǽsumus, Dómine, nativitátis hodiérnæ mystériis apta provéniant, ut sicut homo génitus idem præfúlsit et Deus, sic nobis hæc terréna substántia cónferat quod divínum est.
Aus der Secreta der zweiten Messe durch Streichung von „et pacem nobis semper infundant“ (und uns immer Frieden eingießen) und Ersetzung von refulsit (aufleuchten, widerstrahlen) durch praefulsit (glänzen, in die Augen stechen)

Übersetzung
Unsere Gaben, bitten wir, Herr, mögen den Mysterien der heutigen Geburt angemessen sein: damit so, wie der als Mensch Geborene zugleich auch als Gott glänzt, diese irdische Substanz uns spenden möge, was göttlich ist.
Deutsches Messbuch
Himmlischer Vater, erfülle die Gaben dieser Erde mit deinem Segen, damit sie das Geheimnis dieses Tages darstellen: Wie Christus als neugeborener Mensch und als wahrer Gott vor uns aufleuchtet, so lass uns durch diese irdische Speise das göttliche Leben empfangen.
Vergleich
  • unsere Gaben mögen angemessen sein ⇒ erfülle die Gaben dieser Erde mit deinem Segen
    Das „sein“ ist zugegebenermaßen eine etwas hilflose Wiedergabe; es sollte heißen: es möge sich herausstellen, dass sie geeignet sind, oder: die Angemessenheit soll entstehen. Von daher hat das DM Recht, wenn es betont, dass da noch etwas passieren muss. Deshalb kann man „mit deinem Segen erfüllen“ als ziemlich dynamische Übersetzung hinnehmen, vor allem, wenn selbst keine bessere Idee hat.
    Das DM ergänzt hilfreich „dieser Erde“, damit der Zuhörer später weiß, was mit „irdischer Speise“ gemeint ist; das Original vertraut darauf, dass der aktive Mitbeter auch mitdenkt.
  • bitten wir, Herr ⇒ himmlischer Vater
    Dann setzt das DM aber den „Gaben dieser Erde“ noch den „himmlischen Vater“ gegenüber – und übertreibt in meinen Augen etwas.
  • den Mysterien der heutigen Geburt [angemessen] ⇒ damit sie das Geheimnis dieses Tages darstellen
    Eigentlich geht es nicht ums „Darstellen“, sondern (wie immer im Gabengebet) ums angenehm/gottgefällig/annehmbar-Werden der Gaben, insbesondere heute, wann ein so großes Mysterium begangen wird.
    Allgemein vergegenwärtigen (nicht: darstellen) die Gaben Leiden, Tod, Auferstehung und Himmelfahrt unseres Herrn Jesus Christus, wie aus den wiederkehrenden Texten der alten Messe deutlichst hervorgeht.
  • wie der als Mensch Geborene ⇒ wie Christus als neugeborener Mensch
    Hilfreiche Zusätze des DM sind markiert.
  • zugleich auch als Gott glänzt ⇒ und als wahrer Gott vor uns aufleuchtet
    Ob der Zusatz „vor uns“ auch hilfreich sein soll (oder nur das eigentliche Thema jeder Messe betonen) wird nicht deutlich.
  • damit [die Gaben] uns spenden möge ⇒ lass uns durch [die Gaben] empfangen
    Im Original eine Folge der erbetenden Angemessenheit der Gaben, wodurch die Gaben etwas erreichen (spenden); im DM eine neue Bitte, bei der das „Uns“ etwas erreicht (empfangen) und die Gaben nur ein Mittel sind.
  • was göttlich ist ⇒ das göttliche Leben
Schlussgebet
Da nobis, Dómine, Fílii tui nativitátem læta devotióne coléntibus, huius arcána mystérii et plena fide cognóscere, et plenióre caritátis ardóre dilígere.
Das Gebet scheint neu zu sein.

Übersetzung
Gib uns, Herr, den die Geburt deines Sohnes mit froher Hingabe Verehrenden, die Verborgenen dieses Mysteriums sowohl mit vollem Glauben zu erkennen als auch mit vollerer Glut der Liebe hochzuschätzen.
Deutsches Messbuch
Herr, unser Gott die Menschwerdung deines Sohnes erfülle uns mit Freude und Dank. Lass uns dieses unergründliche Geheimnis im Glauben erfassen und in tätiger Liebe bekennen.
Vergleich
  • Herr ⇒ Herr, unser Gott
  • den die Geburt deines Sohnes mit froher Hingabe Betrachtenden ⇒ die Menschwerdung deines Sohnes erfülle uns mit Freude und Dank
    Im Original eine Beschreibung der Betenden, die das Festgeheimnis betrachten/verehren, im DM eine Bitte. Freude und Dank sind nicht nur nicht das gleiche wie „mit froher Hingabe verehren“, sondern im DM offensichtlich eine nicht ohne göttlichen Beistand zu erreichende Reaktion auf die Menschwerdung. Wäre „Holzklotz“ ein angemessenes Bild für die Gefühlswelt des DM?
  • die Verborgenen dieses Mysteriums ⇒ dieses unergründliche Geheimnis
    Da sowohl arcana (Verborgene) als auch Mysterium „Geheimnis“ heißt, ist das sakramentale Opfer hier als ziemlich unbegreiflich benannt. Das DM gibt das mit „dieses unergründliche Geheimnis“ korrekt wieder.
  • gib uns, mit vollem Glauben zu erkennen ⇒ lass uns im Glauben erfassen
    Das Original hat eine Steigerung: mit vollem Glauben und vollerer Liebe. Das DM bleibt selbst an Weihnachten nüchtern wie ein – Holzklotz, eben.
  • mit vollerer Glut der Liebe hochzuschätzen ⇒ in tätiger Liebe bekennen
    Den Schluss kann man auch als „mit vollerer Liebesglut der Liebe zu lieben“ wiedergeben. Wenn das DM nur von „in tätiger Liebe bekennen“ schreibt, mag das nicht nur am deutschen Mangel verschiedener Ausdrücke für Liebe liegen.

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