Donnerstag, 13. Februar 2020

Innozenz III.: Mysterien der Eucharistie erklärt (16)

Fortsetzung von hier

Offertorium
„Ehe der Priester spricht: Lasst uns beten, lässt er vorausgehen: Der Herr sei mit euch! Denn ist der Herr nicht bei uns, so vermögen wir es nicht, zu unserem Heil zu beten. Alsbald dann wird die Darbringung (das Offertorium) gesungen, die ihren Namen von dem Wort Darbringen hat, weil während dieselbe gesungen wird, der Priester entweder vom Volk die dargebrachten Gaben, oder von den Zudienenden die Opfer in Empfang nimmt; ‚denn einen fröhlichen Geber hat Gott lieb.’* Auch fordert die angemessene Reihenfolge, dass der Verkündung des Evangeliums der Glaube im Herzen, das Lob von dem Mund, die Frucht in dem Werk folge, - der Glaube im Bekenntnis, das Lob der Darbringung, die Frucht im Opfer. Darum wird das Offertorium g e s u n g e n, weil das Opfer des Lobes dargebracht werden soll. Deswegen sagt der Psalmist: ‚Ich will umhergehen und opfern in Seinem Gezelt das Opfer des Jauchzens, ich will einen Psalm singen dem Herrn;’** und in den Chroniken heißt es: ‚Wenn sie die Brandopfer darbringen werden, beginnen sie das Lob des Herrn zu singen, und in verschiedenen Instrumenten, welche König David bereitet hatte, zusammenzustimmen.’***“
* 2 Kor 9, 7
** Ps 27, 6
*** 2 Chr 29, 27

„Hiernach begibt sich der Priester mit Schweigen in die Einsamkeit, weil ihm die Erinnerung an das Leiden des Herrn bevorsteht, darauf hindeutend, dass nun Jesus nicht offen vor den Juden umherwandelte, weil sie Ihn zu töten gedachten; dass Er in die Landschaft in der Wüste, in eine Stadt, welche Effrem hieß, sich begab, und dort mit Seinen Jüngern verweilte.* Die Hohenpriester und Schriftgelehrten aber beriefen einen Rat, und sagten: ‚Was stellen wir an, da dieser Mensch viele Wunder tut? Geben wir ihn frei, so glauben alle an Ihn und kommen die Römer und nehmen uns unsern Ort und unser Volk weg.’ Da sagte einer von ihnen, Kajaphas mit Namen, der Hohepriester jenes Jahres war: ‚Ihr wisst nicht und bedenkt nicht, dass es uns zuträglich wäre, wenn ein Mensch für das Volk stürbe, und nicht das ganze Volk zugrunde ginge.’ Von diesem Tage dachten sie nun, wie sie in töteten.** Das Schweigen des Priesters bedeutet mithin die Verborgenheit Christi.“
* Joh 11, 54
** Joh 11, 47ff.

„Es ist aber zu bemerken, dass der Priester, wenn er gesprochen hat: Lasset uns beten! nicht sogleich an dieses Wort das Gebet anknüpft, sondern, noch ehe er an den Altar voranschreitet, die Hände wäscht, damit er mit gewaschenen Händen die Gabe in Empfang nehme, den Weihrauch darbringe und das Gebet ausspreche. Denn es steht im Buch des Ausgangs: ‚Du sollst einen ehernen Kessel machen, und ihn in der Stiftshütte auf den Altar stellen und Wasser hineingießen, damit Aaron und seine Söhne, wenn sie in die Stiftshütte gehen und dem Altar sich nahen wollen, ihre Hände und Füße waschen können.’* Da nun der Bischof, bevor er in die Stiftshütte geht, seine Hände bereits gewaschen hat, wäscht er dieselben, wie er an den Altar gehen will, abermals, damit er rein und immer reiner darbringe das unbefleckte, heilige, Gott wohlgefällige Opfer. Darum bat der Psalmist, da er gereinigt war, noch mehr gereinigt zu werden: ‚Wasche mich noch mehr’, sagt er, ‚von meiner Ungerechtigkeit und reinige mich von meiner Missetat.’** Der Priester also, wenn er das Opfer darzubringen hat, soll sein Gewissen reinigen durch Tränen der Buße, gemäß dem Wort: ‚Jede Nacht benetze ich mein Bett, ich befeuchte mein Lager mit Tränen.’*** Denn Christus, bevor er das wahre und einzige Opfer auf dem Altar des Kreuzes darbrachte, vergoß in Mitleid bei der Erweckung Lazari Tränen, nach dem Zeugnis des Evangelisten: ‚Jesus ergrimmte im Geiste, ward erschüttert und weinte.’****“
* Ex 30, 18f.
** Ps 51, 4
*** Ps 6, 7
**** Joh 11, 33.35

Altarvorbereitung
„Inzwischen legt der Diakon die Tücher auf den Altar, welche die Leintücher bedeuten, in die der Leib Christi gehüllt ward. Der Teil aber, der gefaltet über den Kelch gelegt wird, bezeichnet das Schweißtuch, welches, gesondert und zusammengefaltet, auf sein Antlitz gelegt wurde. Hierüber finden wir den Canon: ‚Auf den Rat aller haben wir beschlossen, dass niemand sich unterwinde, das Altarssakrament auf seidenem oder gefärbtem Tuch zu feiern, sondern auf einem reinen linnenen, von dem Bischof geweihten, d.h. aus erdentwachsenem Hanf gewebt, gleichwie der Leib unseres Herrn Jesu Christi in reinem linnenem Zindal [Grabtuch] beigesetzt wurde.’ Indes könnte hierunter auch anderes vorgebildet werden: das Tuch nämlich, welches Corporale genannt wird, ist zweifach, den einen Teil breitet der Diakon über den ganzen Altar aus, den anderen schlägt er gefaltet über den Kelch. Der ausgebreitete Teil bedeutet den Glauben, der überschlagene Teil das Verständnis. Denn dieses Geheimnis soll geglaubt, kann aber nicht verstanden werden, damit der Glaube, welchem die menschliche Vernunft keinen Erfahrungsbeweis an die Hand gibt, sein Verdienst habe. Darum sollen wir glauben mit reinem Herzen, gutem Gewissen und ungefälschter Überzeugung*; und nicht zu förscheln uns anmaßen, weil die Förschler mit ihrem Förscheln den Kürzeren gezogen haben. Denn es steht geschrieben: ‚Der Erforscher der göttlichen Majestät wird durch ihre Lichtfülle zu Boden gedrückt werden.’** Diejenigen, welche sagten: ‚das ist eine harte Rede’ und zurückgingen, wandelten fortan nicht mehr mit Christo***.
* 1 Tim 1, 5
** Spr 25, 27 (Vulgata: „Sicut qui mel multum comedit non est ei bonum, sic qui scrutator est majestatis opprimetur a gloria.“ = „Wie dem nicht gut ist, wer viel Honig ist, so wird, wer Erforscher der Majestät ist, von ihrer Herrlichkeit niedergedrückt.“; in anderen Übersetzungen fehlt die das Zitat enthaltende zweite Hälfte des Verses.)
*** Joh 6, 67

„Der Priester steht alsdann auf, und begibt sich zum Altar, damit er die geheimnisvolle Gabe von den Dienenden in Empfang nehme, auf das hindeutend, was der Evangelist Johannes schreibt: ‚Sechs Tage vor Ostern kam Jesus nach Bethania, wo Lazarus, den Er von den Toten erweckt hatte, wohnte. Sie bereiteten Ihm aber daselbst ein Mahl, und Martha versah den Dienst.’* Nachdem er die Gabe empfangen, wird alsbald der Weihrauch angezündet, und hierdurch angedeutet, was jenem der Evangelist unmittelbar beifügt: ‚Maria aber nahm ein Pfund kostbarer Nardensalbe, und salbte Jesu Füße, und das Haus ward voll des Geruchs der Salbe.’** Dass aber der Priester das Weihrauchfass drei Mal hin und her schwenkt, deutet an, dass Maria die Salbe drei Mal auf den Leib Jesu ausgoß. Das erste Mal, als sie seine Füße salbte in dem Hause Simons, des Pharisäers***; das andere Mal, als sie die Salbe in dem Hause Simons des Aussätzigen über sein Haupt ausschüttete****; das dritte Mal, als sie Wohlgerüche kaufte, um Jesum einzusalben, da er schon im Grabe lag*5. Der Wille wird ihr aber zur Tat angerechnet, da es nicht bei ihr stand, ihr Vorhaben vollziehen zu können. Dass aber der Priester den Altar von allen Seiten beräuchert, zeigt an, dass jene Handlung über die ganze Kirche allwärts sich verbreitete, wie der Herr selbst bezeugt: ‚Wahrlich, Ich sage euch, wo immer in der ganzen Welt dieses Evangelium wird verkündet werden, wird es heißen, sie habe es zu Meinem Gedächtnis getan.’*6 Geistig aber soll der Weihrauch der Gottesergebenheit angezündet werden in dem Rauchfass des Herzens, mittelst des Feuers der Liebe, dass es jenen lieblichen Duft von sich gebe, von dem die Schrift sagt: ‚Das Priesteramt verwalten und Lob singen Seinem Namen, und ihm würdigen Weihrauch in lieblichem Duft darbringen.’*7 Diesen Weihrauch aber empfängt der Priester, d.i. Christus, und beräuchert damit Opfer und Altar.“
* Joh 12, 1f.
** Joh 12, 3
*** Lk 7, 37f.
**** Mt 26, 6f.; Mk 14, 3
*5 Mk 16, 1
*6 Mt 26, 13; Mk 14, 9
*7 1Chr 23,13

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