Samstag, 20. April 2019

Wie man früher Osterfeuer und Weihrauchkörner segnete

Am Feuer angekommen (vgl. die Rubriken zum Anfang der Osternacht) legt der Priester gleich los:
Lasset uns beten
Dann spricht er nacheinander drei Gebete:
  1. O Gott, der durch deinen Sohn, das heißt den Eckstein, das Feuer deiner Herrlichkeit den Gläubigen verliehen hast: das Produkt aus dem Feuerstein, das uns zum Gebrauch nützlich sein wird, dieses neue Feuer heilige, und gewähre uns, durch dieses Osterfest so mit himmlischen Wünschen entzündet zu werden, dass wir mit reinem Geist bis zu den Festlichkeiten der beständigen Herrlichkeit reichen können.
  2. Herr Gott, allmächtiger Vater, nie verlöschendes Licht, der du der Schöpfer allen Lichtes bist: segne dieses Licht, das von dir geheiligt und gesegnet ist, der du den ganzen Erdkreis erleuchtet hat: das wir von diesem Licht entzündet und erleuchtet werden durch das Feuer deiner Herrlichkeit: und wie du den aus Ägypten ziehenden Moses erleuchtet hast, so mögest du erleuchten unsere Herzen und Sinne, dass wir zum ewigen Leben und Licht zu gelangen würdig werden.
  3. Heiliger Herr, allmächtiger Vater, ewiger Gott: während wird dieses Feuer segnen im Namen von dir, deinem einziggezeugten Sohn, unserem Herr und Gott Jesus Christus, und dem Heiligen Geist, wolle mitwirken, und hilf uns gegen die feurigen Geschosse des Feindes, und erleuchte uns mit himmlischer Gnade.
Dann segnet er fünf einzeln in ein besonderes Gefäß gelegte Weihrauchkörner, die später mit der Osterkerze vereint werden und die fünf Wunden Jesu symbolisieren. Sie werden mit einem Gebet, das wohl ursprünglich für die Osterkerze (hunc incensum – diese entzündete [sc. cereum – Kerze]) gedacht war und erst ab frühestens dem 12. Jhd. auf die Weihrauchkörner (hoc incensum – dieser Weihrauch) gemünzt wurde, insofern diese in die Osterkerze eingefügt werden, gesegnet:
Es komme, bitten wir, allmächtiger Gott, über diesen Weihrauch die reichliche Eingießung deines Segens: und diesen nächtlichen Glanz, unsichtbarer Erneuerer, entzünde; damit das Opfer, das in dieser Nacht glücklich dargebracht wurde, nicht allein durch die geheime Beimischung deines Lichtes zurückstrahle, sondern an jedwedem Ort, zu dem etwas vom Geheimnis seiner Heiligung gebracht wird, nachdem die Nichtsnutzigkeit der teuflichen List verbannt wurde, die Kraft deiner Majestät herantrete.
[Nebenbei bemerkt: haben diese letzten beiden Gebete gegen die feurigen Geschosse des Feindes und die teufliche List nicht etwas von Exorzismus? Wie das erst bei der Taufwasserweihe wird 😆😇]

Die Einfügung der Weihrauchkörner in die Kerze geschieht erst seit 1955 direkt im Anschluss; früher erledigte der Diakon das während des Exsultets, an der Stelle, die beginnt
In dieser gesegneten Nacht, heiliger Vater,
nimm an das Abendopfer unseres Lobes,
nimm diese Kerze entgegen als unsere festliche Gabe!
Aus dem köstlichen Wachs der Bienen bereitet,
wird sie dir dargebracht von deiner heiligen Kirche durch die Hand ihrer Diener.
Es fragt sich natürlich, warum die Wunden im verklärten Leib nicht verschwinden, sondern beibehalten und so auch an der Christus verkörpernden Osterkerze gezeigt werden. Dazu erklärt Johann Kutschker*
Es werden also fünf Weihrauchkörner geweiht, die dann in der Osterkerze, durch welche auf eine mystische Weise Christus bezeichnet ist, zu befestigen sind. Diese fünf Weihrauchkörner bedeuten die fünf Wunden des Heilandes, welche er aus mehreren Ursachen nicht vertilgen, sondern beibehalten wollte, und zwar a) zum Zeichen seines über den Tod errungenen Triumphes, indem er den Tod durch sein Sterben vernichtete und durch seine Auferstehung das Lebens uns brachte. So zeigen auch die tapfer kämpfenden Soldaten nach dem Siege freudig die Narben ihrer Wunden zum Zeichen des glorreichen Kampfes; b) um seine Jünger in dem Glauben an seine Auferstehung zu bekräftigen. Denn von dem h. Thomas lesen wir in der h. Schrift: Nisi videro in manibus ejus fixuram clavorum, non credam [Wenn ich nicht in seinen Händen die Male der Nägel sehen werde, werde ich nicht glauben.] und bald darauf: vidit et credidit [er sah und glaubte]. … Endlich auch zu dem Zwecke, damit die Wundenmale des Herrn für uns ein Sporn seyen zur Liebe und zur Treue gegen Jesus Christus, ein Zufluchtsort in Drangsalen, eine Schutzwehre in unseren Kämpfen, ein Ruheplatz nach unserer Arbeit, ein schattiger Ort in der Hitze, ein Trost in unsern Bedrängnissen. Auf daß aber Niemand sich fürchte, in diese heiligen Wundenmale einzugehen, so ladet uns Jesus selbst ein, in dieselben unsere Zuflucht zu nehmen. Denn cantic. 2 [Hoheslied Kapitel 2] lesen wir: Veni columba mea in foraminibus petrae, in caverna maceriae [Komm meine Taube in die Öffnungen des Felses, in die Höhlen der Lehmwand], über welche Worte der h. Bernhard schreibt: Et revera ubi tuta firmaque infirmis securitas et requies, nisi in vulneribus Salvatoris; tanto illic securior habito, quanto ille potentior ad salvandum [Und tatsächlich, wo (sind) geschützt und fest des Schwachen Sicherheit und Ruhe, wenn nicht in der Wunden des Heilands; ich wohne dort umso sicherer, desto mächtiger jener (ist) zum Retten] …“
Eine ausführlichere Darstellung dieser Betrachtung der Taube in der Felsenhöhle geschah hier.

* Johann Kutschker (1843) aus dem Buch „Die heiligen Gebräuche, welche in der katholischen Kirche (ritus latini) vom Sonntage Septuagesimä bis Ostern beobachtet werden“

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