Warum war es wesentlich, dass „außerhalb der Kirche Feuer aus einem Stein geschlagen“ wird, um das Osterfeuer zu entzünden, wie bei der Betrachtung der einschlägigen Rubriken gesehen?
Zunächst ein kurzer Rückblick, wie es dazu kam, gemäß den Darstellungen von Johann Kutschker (1843) in seinem Buch „Die heiligen Gebräuche, welche in der katholischen Kirche (ritus latini) vom Sonntage Septuagesimä bis Ostern beobachtet werden“:
„Damals“, schreibt er und bezieht sich auf eine ziemlich entfernte Vergangenheit, da die Neuerungen, auf die wir zusteuern, im 8. Jhd. stattgehabt haben, also „damals“ jedenfalls „war es noch nicht im Gebrauche, daß fortwährend Lampen in der Kirche brannten“. Man wollte abends die Kerzen in der Kirche nicht mit „profanem“ Feuer (etwa aus dem Küchenherd) anzünden, sondern „schlug neues aus einem Stein, welches dann einige mystische Bedeutung erhielt mit Rücksicht auf Jesus, der in der h. Schrift Lux, Lapis angularis, Petra solida genannt wird.“ In Klöstern bekam diese täglich vor der Vesper durchgeführte Verrichtung gerade zum Wochenende hin einen zunehmend feierlichen Rahmen, mit Prozession und so weiter. War in einigen Gegenden dann natürlich auch zur Osternacht dran.
In Rom aber wurde ein neues Feuer schon am Gründonnerstag angezündet und in Öllampen aufbewahrt, die zur Verbrennung der übriggebliebenen heiligen Öle aus dem Vorjahr verwendet wurden, weil ja in der Chrisammesse neues geweiht worden war. Die Feuersegnung in der Osternacht wurde wohl erst vom Papst Zacharias im 8. Jhd. in Rom eingeführt.
„Veranlassung zur Anordnung der Feuerweihe soll ein wunderbares Ereigniß gegeben haben, welches sich zu Jerusalem zutrug, wo im Angesichte der zur Auferstehungsfeier in der Kirche versammelten Gläubigen Feuer vom Himmel herabkam und die seit dem grünen Donnerstage wegen der Trauer über das Leiden Christi ausgelöschten Kirchenlampen wunderbar entzündete. Aus Veranlassung dieses Ereignisses wurde die Feuerweihe am Charsamstage angeordnet und befohlen, daß von diesem neuen Feuer bei dem Anfange des Gottesdienstes die Lampen und Kerzen in der Kirche angezündet werden.“
„Durch die Weihe des Feuers will uns die Kirche mehrere geheimnißvolle Wahrheiten darstellen.
1) Die vorzüglichste derselben ist die Auferstehung des Leibes Christi aus dem Grabe. So wie aus einem kalten Steine der Feuerfunke geschlagen wird, so erglänzte auch der Leib Jesu Christi, aus seinem steinernen Grabe vom Tode lebendig und glorreich erstanden, von einem neuen Lichte umstrahlt. Es wird also aus einem Steine frisches Feuer geschlagen und die durch dasselbe bereiteten Kohlen werden gesegnet, weil von Christus, dem mystischen Ecksteine, bei der glorreichen Auferstehung ein neuer wunderbarer Glanz ausging, durch welchen er die Kohlen, d.i. die durch die Traurigkeit wegen dem Leiden des Herrn erloschenen Herzen der Gläubigen wieder anzündete und mit himmlischen Affecten und Freuden entflammte.“
„2) Bei Beendigung des das Leiden und den Tod Jesu Christi betreffenden Gottesdienstes wird in den Kirchenlampen das alte Licht ausgelöscht; bei der Feierlichkeit der glorreichen Auferstehung des Heilandes aber werden diese Lampen wieder angezündet von dem aus einem Steine frisch geschlagenen Feuer. Denn bei dem Tode Jesu erlosch, oder wurde beendiget das alte Gesetz, das Gesetz der Furcht; bei der Auferstehung aber begann das neue Gesetz, welches ein Gesetz der Liebe ist, die Herzen der Gläubigen entzündend mit dem neuen Feuer der Liebe, das aus Christus strömt.“
Hervorhebung nicht im Original; zur Erläuterung siehe den Beitrag zur Lesung aus Deuteronomium 31, insbesondere die zugehörige Oratio.
Das alte Gesetz wurde im Tod Christi erfüllt (und kann als beendet angesehen werden); vom (Eck)Stein, nämlich Christus, wird durch den Schlag mit dem Kreuz der Heilige Geist uns ausgegossen. Es beginnt also ein neuer Bund. Deshalb sagt Christus selbst: Ich kam, Feuer auf die Erde zu werfen; ein neues Gebot gebe ich euch, daß ihr einander liebt.
„Das dritte Geheimniß, welches unter der Feuerweihe verborgen ist, deutet die Kirche an in der zweiten Oration dieser Weihe, wo von Gott, ‚dem unvergänglichen Lichte und Schöpfer alles Lichtes, der die ganze Welt erleuchtet hat,’ gebeten wird, ‚daß er dieses Feuer segne, damit wir durch dasselbe entzündet und durch das Licht der göttlichen Klarheit erleuchtet werden; daß Gott, wie er Moysis, da er aus Egypten zog, durch das Licht geführet hat, auch unsere Herzen und unsere Sinne erleuchte, daß wir würdig werden, zum ewigen Lichte und Leben zu gelangen.’ So wie also Gott im A.T. auf die Fürbitte des Moyses unter dem Voranschreiten der Feuersäule das israelitische Volk in das verheißene Land führte: so leitet er auch im N.T. durch das aus den Verdiensten Jesu Christi strömende Licht der Gnade und durch das Feuer der Liebe das christliche Volk zum himmlischen Vaterlande.“
Die Details zu der dem hervorgehobenen Text korrespondierenden Lesung waren bereits betrachtet worden.
„4) Endlich wird durch diese Weihe vorgebildet die einstige Auferstehung der Menschen am Ende der Welt, besonders aber der Gerechten. Das Vorbild dieser Auferstehung ist die Auferstehung Jesu Christi. Denn so wie durch das aus dem Steine geschlagene Feuer die schon ausgelöschten Lampen wieder angezündet werden: so werden auch die todten Leiber der Gerechten durch die Verdienste des Ecksteines Jesu Christi wieder auferstehen und das Licht der Unsterblichkeit erlangen.
„Überhaupt zeigt das aus dem Steine geschlagene und durch die Weihe geheiligte Feuer vorzüglich das Feuer der Gottes- und Nächstenliebe an, welche im A.T. beinahe erloschen, im N.T. durch Christus den Eckstein erneuert worden ist.“
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