Sonntag, 22. September 2019

in des Glaubens Frömmigkeit bekennen

Am 25. Sonntag im Jahreskreis betet die heilige Mutter Kirche:

Tagesgebet
Deus, qui sacræ legis ómnia constitúta in tua et próximi dilectióne posuísti, da nobis, ut, tua præcépta servántes, ad vitam mereámur perveníre perpétuam.
Übersetzung
Gott, der du alle Bestimmungen des heiligen Gesetzes zu deiner und des Nächsten Liebe* festgelegt hast, gib uns, dass wir, deinen Vorschriften dienend, zum ewigen Leben zu gelangen verdienen.
* 1. Die Liebe hier (dilectio) ist wie Hochachtung, Wertschätzung. 2. Gemeint ist: die Vorschriften des Gesetzes wurden mit der Absicht erlassen, die Liebe zu Gott und dem Nächsten zu fördern oder wenigstens zu ihr entsprechendem Handeln anzuhalten.

Deutsches Messbuch
Heiliger Gott, du hast uns das Gebot der Liebe zu dir und zu unserem Nächsten aufgetragen als die Erfüllung des ganzen Gesetzes. Gib uns die Kraft, dieses Gebot treu zu befolgen, damit wir das ewige Leben erlangen.
Im Original hat Gott das Gesetz so gestaltet, dass seine Bestimmungen die Liebe zu Gott und dem Nächsten ausdrücken und ihr dienen. Im DM ist von hinten gedacht und das Gesetz so interpretiert, dass es durch die Liebe erfüllt wird. Das entspricht zwar der Antwort Jesu an den Gesetzeslehrer in Mt 22, 37-40, ist aber nicht das, was das Gebet sagt.
Im Original ist das „den Vorschriften dienen“ vorausgesetzt, gebetet wird um die Gnade, die immer zusätzlich nötig ist, dann auch das Heil zu erlangen. Im DM wird dagegen um „Kraft“ gebetet, die Vorschriften zu befolgen, während (pelagiansch) daraus das ewige Leben unmittelbar folgend gedacht ist.
Das Gebet kam im alten Missale nicht vor; der Anfang ist aus einem Gebet des Sacramentarium Leonianum, das anders weiter geht:
Deus, qui sacræ legis ómnia constitúta in tua et próximi dilectióne posuísti, da nobis horum propitius efficientiam mandatorum quia impossibile (esse) sibi nullus excusat quod tanta brevitate concluditur tanta aequitate praecipitur.
Übersetzung
Gott, der du alle Bestimmungen des heiligen Gesetzes zu deiner und des Nächsten Liebe festgelegt hast, gib uns gnädig die Wirksamkeit dieser Gebote*, denn nichts entschuldigt, dass es aus sich heraus unmöglich ist**, weil es in so solcher Kürze zusammengefasst, in so großer Gerechtigkeit vorgeschrieben wurde***.
* d.h. dass wir die Gebote umsetzen können
** dass der Mensch ohne die Gnade Gottes das Gesetz nicht erfüllen kann, ist keine Entschuldigung
*** die Gebote der Gottes- und Menschenliebe sind die Kurzzusammenfassung, das ganze Gesetz strotzt von Gerechtigkeit (wie in Gleichheit vor dem Gesetz; gerechtes Verfahren)

Gabengebet
Múnera, quǽsumus, Dómine, tuæ plebis propitiátus assúme, ut, quæ fídei pietáte profiténtur, sacraméntis cæléstibus apprehéndant.
Übersetzung
Die Gaben, bitten wir, Herr, deines Volkes nimm versöhnt* an, damit sie [die Teile des Volkes], was sie in des Glaubens Frömmigkeit bekennen, durch die himmlichen Sakramente erfassen.
* geneigt gemacht, besänftigt, gnädig gestimmt, verzeihend, … Es ist aus irgendeinem Grund propitiatus, nicht das übliche propitius (gnädig).
Das „erfassen“ ist im Original (apprehendant) genauso doppeldeutig wie im Deutschen: das Geheimnis, das wir im Glauben bekennen (oder preisen), das aber den Verstand übersteigt, mögen wir durch die Hilfe des Sakraments besser verstehen; oder das Heil, für welches das Sakrament das Unterpfand ist, mögen wir durch den Empfang des Sakraments erhalten.
Das Gebet wurde unverändert aus dem Sacramentarium Leonianum übernommen.

Deutsches Messbuch
Herr, unser Gott, nimm die Gaben deines Volkes an und gib, dass wir im Geheimnis der heiligen Eucharistie empfangen, was wir im Glauben erkennen.
Das DM erkennt schon im Glauben – es nimmt die Schwierigkeit des Verstehens, die zu ihrer Überwindung der übernatürlichen Hilfe bedarf, weg. Und wozu braucht es im DM ein „Geheimnis der Eucharistie“, wenn schon erkannt ist? Und was genau soll das im Glauben Erkannte sein, welches wir empfangen – es ist nicht das ewige Heil, das im Original mitschwingt.

Schlussgebet
Quos tuis, Dómine, réficis sacraméntis, contínuis attólle benígnus auxíliis, ut redemptiónis efféctum et mystériis capiámus et móribus.
Das Gebet war im alten Missale als Postcommunio bei der Messe zur Priesterweihe vorgesehen.

Übersetzung
Die du, Herr, durch deine Sakramenten erneuerst, richte wohlwollend mit fortwährenden Hilfen auf, damit wir die Wirkung der Erlösung gewinnen sowohl in den Geheimnissen als auch im Lebenswandel.
Deutsches Messbuch
Allmächtiger Gott, du erneuerst uns durch deine Sakramente. Gewähre uns deine Hilfe und mache das Werk der Erlösung, das wir gefeiert haben, auch in unserem Leben wirksam.
So wie im Original die Geheimnisse den Sitten gegenübergestellt sind, ist vom übernatürlichen und vom natürlichen Leben die Rede. Die Wirkung der Erlösung im ewigen Leben ist das Heil, im zeitlichen ein erlösteres Betragen. Das erstere und wichtigere ist im DM weggelassen. Dafür wird von einem „Werk der Erlösung, das wir gefeiert haben“ geredet, während im Original lediglich von der einen Erlösung, die von unserem Herrn Jesus Christus gewirkt wurde, die Rede ist. Die Mysterien (im DM als „das wir gefeiert haben“ wiedergegeben), gehört eindeutig nicht zu effectum, sondern (wie am entsprechenden Kasus erkenntlich und nicht zuletzt durch das et … et verdeutlicht wird) zu den moribus. Ziemlicher Grammatik-Klops; da hätte noch mal jemand drüber gucken sollen, der im Lateinunterricht aufgepasst hat.

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