Montag, 16. September 2019

Das Wesen der Erlösung und des Lebens

Eine weitere Protion schöner Gebete aus dem Sacramentarium Leonianum
1) Nimm an, Herr, das Opfer des Wohlgefallens und des Lobes*, das uns, während die Heiligen vermitteln, sowohl zur Vergebung führe als auch einsetze zur ewigen Danksagung**.
* oder: das wohlgefällige, lobende Opfer
** luja, sog i.

2) Gesättigt mit der Speise* der Wiederherstellung und des Lebens, bitten wir, Herr unser Gott, dass du durch diese, welche du uns als himmlische Gaben darzureichen geruht hast, durch eben dieselben uns die Himmlischen [Güter] zu erben gewährest.
* substantia, was wohl „Speise“, aber auch „Wesen“ heißt; was da also gegessen wurde, ist das Wesen, die Natur der Wiederherstellung (Erlösung) und des Lebens selbst.

3) Beschützer der auf dich Hoffenden, Gott, heile dein Volk, hüte, ordne; dass es von Sünden frei, vorm Feinde sicher, in deiner Gnade immer bleibe.
Nett zusammengestellt: heilen – von Sünden frei, hüten – vorm Feinde sicher, ordnen (disponieren) – in der Gnade beharren.

4) Deines Lobes*, Herr, Opfergaben bereiten** wir, durch welche aus gegenwärtigen und zukünftigen Übeln herausgerissen zu werden wir vertrauen.
* die Opfergaben zu deinem Lob
** immolare heißt zuerst: das Opfertier vor dem Schlachten mit dem von den Vestalinnen bereiteten gesalzenen Mehl (mola salta) bestreuen, was zu jeder Art Opfer dazugehörte, so dass immolare (wie so vieles) „opfern“ heißt. Um da eine Unterscheidung zu erlauben, und weil das Bestreuen dem eigentlichen Opfervorgang vorausgeht, hab ich hier „bereiten“ geschrieben.

5) Wahrhaft würdig … Deine Größerheit* demütig anflehend, dass du nicht zulässt, dass vergehen, welchen du so große Heilmittel vorgesehen hast; und die gesammelten Schutzmittel** mögen nicht den Angeklagten zum Zuwachs der Verdamnis*** ausschlagen, sondern vielmehr zur Wirkung der Erlösung hinzutreten.
* Majestät
** collata praesidia; „vereinigte“ oder „verliehene“ Hilfen, oder „zusammengezogene Schutztruppen“. Bleibt mir schwer verständlich, ist aber keine unübliche Verbindung. Beispiel:
Weil auch dies zu den größten Gaben des Heiligen Geistes zu zählen ist, dass wir gegen die Lockungen des Fleisches und Listen des Teufels die gesammelten Schutzmittel der Fasten haben, mit denen wir, wenn Gott hilft, alle Versuchungen besiegen.
Hier ist – weil ja von Gaben des Geistes die Rede ist – „verliehene Hilfestellung durch das Fasten“ sinnvoll. Oder aus den Propria Sanctorum der Diözese Böhmen :
Allmächtiger ewiger Gott, der du dieses Tages angenehme und heilige Freude zum Hochfest deines heiligen Dieners Oswald geheiligt hast: gib unseren Herzen Zuwachs deiner Liebe und Wertschätzung [Nächstenliebe], damit wir, wessen Vergießung des heiligen Blutes auf Erden wir feiern, dessen gesammelten Schutzmittel im Himmel mit aufrichtigem Geist spüren mögen.
Es gibt einen Bezug zur Feier der Eucharistie; ist also gemeint, dass wir durch Teilnahme an den Sakramenten Pluspunkte sammeln, und die uns vor dem Richter schützen? Die Gegenüberstellung von Verdamnis und Erlösung im vorliegenden Gebet scheint in diese Richtung zu gehen, ähnlich dem alten Gebet vor dem Kommunizieren:
Der Empfang deines Leibes, Herr Jesus Christus, den ich Unwürdiger zu unternehmen mir anmaße, gereiche mir nicht zu Gericht und Verdammnis, sondern durch deine Gnade nütze mir als Schutzmittel des Geistes und Körpers und als Heilmittel, das aufgenommen werden muss.

*** gesteigerte Höllen-Pein; der cumulus damnationis scheint eine stehende Wendung gewesen zu sein (so oft wie Google das findet …). Beispielsweise schreibt Augustinus: „Sed tunc illa confessio, non ad remedium malorum, sed ad cumulum damnationis valebit.“ – „Aber dann [beim jüngsten Gericht] gereicht dieses [Sünden]Bekenntnis nicht [mehr] zum Heilmittel für die Schlechten, sondern zur Strafverschärfung [oder halt: Zuwachs der Verdamnis]“

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