Donnerstag, 19. Dezember 2019

die Schuld der eigenen Tat betrübt

Am 19. Dezember lässt die Kirche das unaussprechliche Seufzen des Geistes (s. Röm 8, 26) hören:

Tagesgebet
Deus, qui splendórem glóriæ tuæ per sacræ Vírginis partum mundo dignátus es reveláre, tríbue, quǽsumus, ut tantæ incarnatiónis mystérium et fídei integritáte colámus, et devóto semper obséquio frequentémus.
Übersetzung
Gott, der du den Glanz deiner Herrlichkeit durch der geweihten* Jungfrau Gebären der Welt geruht hast zu offenbaren**: wir bitten, dass wir der so großen*** Einfleischung Mysterium sowohl durch des Glaubens Unversehrtheit**** ehren als auch mit immer ergebenem Gehorsam*5 besuchen*6.
* Neben anderen zweifelhaften Entscheidungen hat der Gebetsdichter hier „sacrae“ statt des üblichen „sanct(issim)ae“ oder „beatae“ gewählt.
** deutscher: Gott, du hast den Glanz deiner Herrlichkeit der Welt zu offenbaren geruht, indem die geweihte Jungfrau ein Kind gebiert (vgl. Jes 7, 14).
*** Man würde denken, dass das Mysterium „so groß“ ist, nicht die Fleischwerdung, weshalb der Gebetsdichter „tantum“ statt „tantae“ hätte schreiben sollen. Oder besser gleich „immensum“, „mirabile“ oder „ineffabile“, wie man das normalerweise tut.
**** Das Gebet zieht zwei Parallelen zwischen Maria und dem Beter: die erste ist hier die Unversehrtheit (der Jungfräulichkeit bzw. des Glaubens)
*5 Die zweite Parallele: der immer ergebene Gehorsam Mariens zeigt sich im Fiat, also „Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast.“ (Lk 1, 38)
*6 Der Gebetsdichter hätte mit „das Mysterium besuchen“ möglicherweise „die Messe feiern“ meinen wollen, das aber nicht ausdrücken können.

Deutsches Messbuch
Ewiger Gott, durch die Geburt deines Sohnes aus der Jungfrau Maria hast du vor der Welt deine Herrlichkeit offenbar gemacht. Lass uns das unfassbare Geheimnis der Menschwerdung in unverfälschtem Glauben bewahren und in liebender Hingabe feiern.

Vergleich
  • Gott ⇒ ewiger Gott
  • den Glanz deiner Herrlichkeit ⇒ deine Herrlichkeit
    Ein Detail ist dem DM durchgeflutscht …
  • durch der geweihten Jungfrau Gebären - durch die Geburt deines Sohnes aus der Jungfrau Maria
    Der im DM unterschlagene Glanz zeigt sich darin, dass die Jungfrau ein Kind gebiert; das DM – an Details generell desinteressiert – hält an seiner Standardphrase fest, die die Blickrichtung umdreht (weg von der Mutter, vom Kind aus gesehen).
    Aber ergänzt dafür wichtige Details (deines Sohnes, Maria), denn man weiß ja nie, ob der Herr Gott mitdenkt oder besser präzise gebeten wird.
    Das die Jungfrau zudem besonders (oder „geweiht“) ist, entfällt im DM ebenfalls.
  • geruht hast zu offenbaren ⇒ offenbar gemacht
    Das von mir gerne mit „geruhen“ wiedergegebene göttliche Wollen hat einen Anklang von „nicht unter seiner Würde halten“, was sehr passend den Gegensatz von göttlicher Herrlichkeit und Geburt im Stall unterstreicht. Aber das DM hat es nicht so mit Förmlichkeiten im Umgang mit dem Herrn.
  • wir bitten, dass wir ⇒ lass uns
  • der so großen Einfleischung Mysterium ⇒ das unfassbare Geheimnis der Menschwerdung
    Angesichts des seltsamen Originals (vgl. unter *** oben) kann man dem DM nicht verübeln, nicht in jedem Detail zu folgen.
  • durch des Glaubens Unversehrtheit ehren ⇒ in unverfälschtem Glauben bewahren
    Das DM unterschlägt mit der „Unversehrtheit“ den Bezug zu Maria (wie es ja auch das Gebären der Jungfrau zu einer Geburt des Sohnes gemacht hat), und das „ehren“ – also eigentlich alles, was das Original aussagen will.
    Dass das Geheimnis „bewahrt“ wird, ist doppelt seltsam. [Falls das DM eigentlich meinte, dass „der Glauben bewahrt“ wird, wie es gerne standardfloskelig sagt, hat es das nicht ausgedrückt, und zudem steckt das schon in der Unversehrheit drin, wird im Original also mehr oder weniger vorausgesetzt.]
  • mit immer ergebenem Gehorsam besuchen ⇒ in liebender Hingabe feiern
    Man mag dem DM sein übliches „feiern“ statt des eigentlichen „(häufig) besuchen“ durchgehen lassen, weil der nur gelegentlich Messbesuch eine hiesige Lebenswirklichkeit ist. Aber. Das „devotus“ ist „bereitwillig, ergeben; andächtig, Gott ergeben“; wenn man an das zugehörige Hauptwort „devotio“ denkt, kann meinetwegen auch „hingegeben, gehorsam“ dazukommen. „Obsequio“ ist ebenfalls „Gehorsam; Hingebung, Hingabe; Verehrung, Huldigung“. Man kann also – wenn man das wollte – „gehorsamen Gehorsam“ oder „hingegebene Hingabe“ übersetzen. Das DMliche „liebende Hingabe“ unterschlägt allerdings einen wesentlichen Aspekt des angemessenen Verhältnisses Gott gegenüber. Außerdem fällt das „immer“ weg.

Gabengebet
Propítius intuére múnera, Dómine, quǽsumus, quæ tuis altáribus exhibémus, ut, quod nostra fragilitáte defértur, tua virtúte sacrétur.
Übersetzung
Gnädig blicke auf die Gaben, Herr, bitten wir, die wir deinen Altären überreichen, damit, was durch unsere Schwäche überbracht wird, durch deine Kraft geheiligt wird.
Deutsches Messbuch
Herr, unser Gott schau gütig auf die Gaben, die wir auf deinen Altar legen. Wir schwache Menschen bringen sie dar; heilige du sie durch deine Kraft.
Schlussgebet
Grátias de collátis munéribus referéntes, fac nobis propítius, omnípotens Deus, quæ ventúra sunt desideráre præstánda, ut nativitátem Salvatóris nostri purificátis suscipiámus méntibus honorándam.
Übersetzung
Dank für die erteilten Gaben zurückbringend, lass uns gnädig*, allmächtiger Gott, welche zukünftig gegeben werden sollen ersehnen, damit wir das zu ehrende Geburtsfest unseres Erlösers mit reinen Herzen aufnehmen.
* Weil die Zuordnung nicht direkt klar ist: Die Beter bringen Dank zurück, und Gott sei gnädig.

Deutsches Messbuch
Allmächtiger Gott, wir danken dir für die empfangenen Gaben und bitten dich: Reinige unser Herz und schenke uns Verlangen nach dem kommenden Heil, damit wir in der rechten Weise das Fest der Geburt unseres Erlösers begehen.

In einem längeren Advent betet die Kirche am Donnerstag der dritten Adventswoche:

Tagesgebet
Indígnos, quǽsumus, Dómine, nos fámulos tuos, quos actiónis própriæ culpa contrístat, Unigéniti tui advéntu salutári lætífica.
Das Gebet ist die dritte Oratio vom Quatember-Samstag im Advent.

Übersetzung
Deine unwürdigen Diener, uns, bitten wir, Herr, welche die Schuld der eigenen Tat betrübt, erfreue durch die heilbringende Ankunft deines Einziggezeugten.
Deutsches Messbuch
Heiliger Gott, wir sind vor dir schuldig geworden, und die Sünde belastet uns. Schenke deinen unwürdigen Dienern die Freude wieder durch die heilbringende Ankunft deines Sohnes.
Vergleich
  • Herr ⇒ heiliger Gott
  • welche die Schuld betrübt ⇒ die Sünde belastet uns
    Die im Original angesprochene Betrübung ist die Zerknirschung (neudeutsch: Reue), der zwischen dem Sündenbekenntnis und der Absolution Ausdruck verliehen wird. Ich bin nicht sicher, ob der Beichtvater genauso sicher losspricht, wenn man von seinem Gefühl der Belastung erzählt …
  • der eigenen Tat ⇒ wir sind vor dir schuldig geworden
    Ein bisschen weitschweifig, und man vermeidet, die Schuld als eigene anzuerkennen (wie in „mea maxima culpa“).
  • erfreue ⇒ schenke die Freude wieder
    Natürlich.

Gaben- und Schlussgebet sind die gleichen wie am ersten Adventssonntag.

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