Mittwoch, 9. Oktober 2019

dass der wahre Glaube immer und überall vorankomme

Zum 09. Oktober gibt es [und gab es schon immer] zwei Gedenken zur Auswahl, zum einen das des Priesters und Ordensgründers Johannes Leonardi, zum anderen das der Martyrer Dionysius (Bischof) und Gefährten, wobei man aus dem Namen des alten Festes erfährt, dass es sich bei den Gefährten um Rusticus und Eleutherius handelt.
Für beide Gedenken gibt es nur das Tagesgebet besonders, die anderen sind Commune-Gebete.

Der einfache Fall ist das Martyrerfest, weil hier altes, neues und deutsches Tagesgebet gewissen Ähnlichkeiten aufweisen:

Hl. Dionysius (Bischof) und Gefährten, Märtyrer
Tagesgebet
Deus, qui beátum Dionýsium eiúsque sócios ad prædicándam géntibus glóriam tuam misísti, eósque virtúte constántiæ in passióne roborásti, tríbue nobis, quǽsumus, ex eórum imitatióne próspera mundi despícere, et nulla eius advérsa formidáre.
Übersetzung
Gott, der du den seligen Dionysius und seine Gefährend gesendet hast, den Heiden deine Herrlichkeit zu verkündigen, und sie in der Tugend der Standhaftigkeit gestärkt hast, gewähre uns, bitten wir, kraft ihrer Nachahmung die Glücksumstände der Welt zu verachten und uns vor keiner ihrer Unglücke zu grausen.
Deutsches Messbuch
Gott, du hast den heiligen Dionysius und seine Gefährten gesandt, in Gallien deine Macht und Größe zu verkünden, und ihnen die Kraft zum Martyrium gegeben. Gib, dass wir über dem Irdischen stehen und keine Verfolgung fürchten, sondern im Leben und Sterben auf dich schauen.
Vergleich
  • den Heiden ⇒ in Gallien
    Jemand als „Heide“ zu verunglimpfen, nur weil er nicht an Gott glaubt, hat das DM anscheinend schon vor Erfindung der polical correctness nicht übers Herz gebracht.
  • deine Herrlichkeit ⇒ deine Macht und Größe
    „gloria“ kann zwar auch Ruhm, Ehre, Preis, Jubel heißen, aber normalerweise nicht „Macht und Größe“
  • in der Tugend der Standhaftigkeit gestärkt ⇒ die Kraft zum Martyrium gegeben
    „virtus“ heißt nicht nur „Kraft“, sondern auch „Tugend“; entweder betont also das Original doppelt (mit Kraft gestärkt), oder das DM unterschlägt etwas, indem es außerdem auf die Folge (Martyrium) statt auf die Tugend (Standhaftigkeit) abhebt.
  • gewähre uns, bitten wir, kraft ihrer Nachahmung ⇒ gib
    Apropos unterschlagen …
  • die Glücksumstände der Welt zu verachten ⇒ dass wir über dem Irdischen stehen
    Wer das „hassen, verabscheuen“ in Lk 14, 26 mit „gering achten“ übersetzt, muss natürlich auch das „verachten“ hier weiter herabmildern und möchte lediglich „über den Dingen stehen“. Wenn statt „despicere“ „non inquietari“ (nicht beunruhig zu werden) stünde, wäre das DM korrekt.
  • uns vor keiner ihrer Unglücke zu grausen ⇒ keine Verfolgung fürchten
    Zwar werden die „adversa“ (feindlichen, ungünstigen, widrigen Missgeschicke) im kirchlichen Zusammenhang oft benutzt, um eine Verfolgungssituation zu beschreiben, allerdings sind sie im Original ausdrücklich den „prospera“ (Glücksumständen wie Reichtum, Familie, Macht) entgegengesetzt, die zu verachten das Evangelium rät; das DM verengt hier also die Bitte sehr – wohl damit rechnend, dass eigentlich Verfolgung den Christen seinerzeit nicht drohte.
  • . ⇒ sondern im Leben und Sterben auf dich schauen.
    Den Punkt am Satzende hat das DM aber ziemlich ausgedeutet.
Das aktuelle Tagesgebet ist durch einige Auslassungen und Vertauschungen (vgl. die farblichen Markierungen) aus dem alten gewonnen worden, das lautete:

Oratio (1962)
Deus, qui hodierna die beatum Dionysium, Martyrem tuum atque Pontificem, virtute constantiae in passione roborasti, quique illi, ad praedicandum gentibus gloriam tuam, Rusticum et Eleutherium sociare dignatus es: tribue nobis, quaesumus; eorum imitatione, pro amore tuo prospera mundi despicere, et nulla eius adversa formidare.
Übersetzung
Gott, der du am heutigen Tag den seligen Dionysius, deinen Martyrer und Bischof, in der Tugend der Standhaftigkeit gestärkt hast, und der du ihm, um den Heiden deine Herrlichkeit zu verkünden, Rustikus und Eleutherius beizugesellen geruht hast: gewähre uns, bitten wir, kraft ihrer Nachahmung um deiner Liebe willen die Glücksumstände der Welt zu verachten und uns vor keiner ihrer Unglücke zu grausen.
Schwieriger ist das andere Gedenken, da drei verschiedene Gebete vorgesehen sind:

Hl. Johannes Leonardi (Priester, Ordensgründer)

Tagesgebet
Bonórum ómnium largítor, Deus, qui per beátum Ioánnem presbýterum pópulis Evangélium nuntiári fecísti, eius intercessióne concéde, ut fides vera semper et ubíque profíciat.
Übersetzung
Aller Güter Schenker, Gott, der durch den seligen Priester Johannes den Völkern das Evangelium verkünden ließest, auf seine Vermittlung gewähre, dass der wahre Glaube immer und überall vorankomme.
Deutsches Messbuch
Gott, du Spender alles Guten, du hast den heiligen Johannes Leonardi zum Diener deines Wortes bestellt. Gib uns auf seine Fürsprache Erzieher und Prediger, die deine Wahrheit lehren und sie durch ihr Leben bezeugen.
Vergleich
  • den Völker das Evangelium verkünden ließest ⇒ zum Diener deines Wortes bestellt
    Das DM hat hier nicht einmal eine Umschreibung des Originals, sondern eine Phrase, die nicht erahnen lässt, was der Tagesheilige eigentlich getan hat.
  • der wahre* Glaube immer und überall vorankomme ⇒ gib uns Erzieher und Prediger, die deine Wahrheit lehren und sie durch ihr Leben bezeugen
    Es ist einfach ein anderes Gebet, was das DM präsentiert. Man vermeidet (wie oben bei der Heiden-Umbenennung) den „wahren Glauben“, weil das gleich impliziert, dass es auch verfälschten Glauben geben kann; in der toleranten Welt des DM eine Unmöglichkeit. Außerdem kann das DM in seiner Erzählung noch „uns“ einbringen, um die sich alles dreht.
    * Johannes wirkte in Lucca in der Glaubensunterweisung von Kindern und Erwachsenen nach den Beschlüssen des wenige Jahre zuvor abgeschlossenen Konzils von Trient. Sein Augenmerk galt besonders der Bekämpfung aller reformatorischen Bestrebungen. (Quelle)
Oratio (1962)
Deus, qui beatum Ioannem Confessorem tuum ad fidem in gentibus propagandam mirabiliter excitare dignatus es, ac per eum in erudiendis fidelibus novam in Ecclesia tua familiam congregasti: da nobis famulis tuis, ita eius institutis proficere; ut praemia consequamur aeterna.
Übersetzung
Gott, der du deinen seligen Bekenner Johannes zur Verbreitung des Glaubens unter den Heiden wunderbar anzufachen geruht hast, und durch ihn für die zu unterrichtenden Gläubigen* eine neue Familie** in deiner Kirche versammelt hast: gib uns, deinen Dienern, so durch seine Lehren*** voranzukommen, dass wir die ewigen Belohnungen erlangen.
* Auf Deutsch würde man sagen: zur Unterrichtung der Gläubigen
** Johannes gründete die "Gesellschaft der christlichen Lehre" zur Erziehung Jugendlicher und 1574 die Kongregation der "Reformierten Priester", die späteren "Regularkleriker der Mutter Gottes", deren Ziel vor allem die schulische Unterweisung der Bevölkerung war. (Quelle)
*** oder Einrichtungen (falls man sich auf die Orden bezieht, oder den Katechismus, den er herausgegeben hat)

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