Mittwoch, 16. Oktober 2019

die Genüsse der Welt mit Füßen treten

Am 16. Oktober gedenkt die Kirche (schon immer) der heiligen Hedwig, und neuerdings der heiligen Margareta Maria Alacoque, deren Gedenktag sonst am 17. Oktober begangen wurde.

Hl. Hedwig
Hedwig wurde mit 13 Jahren die Frau des Herzogs von Schlesien. „Hedwig arbeitete an der Einwurzelung christlichen Gedankengutes, diente hingebungsvoll Armen und Kranken, gründete Frauenklöster, unterstützte verschiedene Orden bei der Gründung von Niederlassungen. […] Danach lebte sie ganz in ihrem Kloster. Sie habe sich selbst im Winter durch Barfußgehen kasteit; der Bischof verordnete ihr Schuhe, aber sie habe ihn überlistet, indem sie die Schuhe wohl gehorsam trug, aber in der Hand.“ (Quelle)

Für die heilige Hedwig gibt es im Deutschen Messbuch nicht nur den vollständigen Satz Eigengebete, sondern sogar eine eigene Präfation („Hedwig als Vorbild demütigen Dienens“). Von all dem finde ich im Missale nur ein (deutlich anderes) Tagesgebet:

Tagesgebet
Concéde, quǽsumus, omnípotens Deus, ut veneránda nobis beátæ Hedvígis intercéssio tríbuat cæléste subsídium, cuius vita mirábilis ómnibus humilitátis præstat exémplum.
Übersetzung
Gewähre, bitten wir, allmächtiger Gott, dass uns die ehrwürdige Vermittlung der seligen Hedwig himmlische Hilfsmittel erwirke, deren Leben allen ein Beispiel wunderbarer Demut gibt.
Deutsches Messbuch
Allmächtiger Gott, du hast die heilige Herzogin Hedwig zu einer Botin des Friedens gemacht und ihr die Gnade geschenkt, inmitten weltlicher Aufgaben ein Beispiel barmherziger Liebe zu geben. Hilf auf ihre Fürsprache auch uns, für Versöhnung und Frieden unter den Menschen zu wirken und dir in den Notleidenden zu dienen.
In alter Zeit betete man:
Oratio (1962)
Deus, qui beatam Hedwigem a saeculi pompa ad humilem tuae Crucis sequelam toto corde transire docuisti: concede; ut eius meritis et exemplo discamus perituras mundi calcare delicias, et in amplexu tuae Crucis omnia nobis adversantia superare.
Übersetzung
Gott, der du die selige Hedwig von weltlichem Prunk zur demütigen Nachfolge deines Kreuzes mit ganzem Herzen überzugehen gelehrt hast: gewähre, dass wir durch ihre Verdienste und [ihr] Vorbild lernen, die Genüsse der Welt, die untergehen werden, mit Füßen zu treten*, und in der Umarmung deines Kreuzes alle uns widerstrebenen** [Umstände] zu überschreiten***.
* Man könnte auch „die vergänglichen Genüsse der Welt zu verachten“ sagen, aber das hat der Gebetsdichter ja auch nicht getan.
** „Ihr privates Leben war von persönlichem Leid überschattet“ (Quelle), Details siehe dort
*** oder „besiegen“. Man könnte beim „mit Füßen treten“ und „überschreiten“ den Eindruck gewinnen, der Autor wolle auf die Barfüße der Heiligen anspielen.

Hl. Margareta Maria Alacoque
Die Heilige „erhielt den Auftrag, die Verehrung des heiligen Herzens Jesu zu verbreiten. Die Einführung der Herz-Jesu-Freitage und des Herz-Jesu-Festes geht auf ihre Bemühungen zurück.“ (Schott Messbuch)

Tagesgebet
Effúnde super nos, quǽsumus, Dómine, spíritum, quo beátam Margarítam Maríam singuláriter ditásti, ut scire valeámus supereminéntem sciéntiæ caritátem Christi, et impleámur in omnem plenitúdinem tuam.
Übersetzung
Gieße aus über uns, bitten wir, Herr, den Geist, mit dem du die selige Margarita Maria einzigartig bereichert hast, damit wir die über das Verstehen herausragende Liebe Christi verstehen können und in deiner ganzen Fülle vollendet werden.
Deutsches Messbuch
Barmherziger Gott, du hast die heilige Margareta Maria Alacoque die Liebe deines Sohnes schauen lassen, die alles Begreifen übersteigt. Schenke auch uns deinen Geist, damit wir die Größe deines Erbarmens erkennen und am Reichtum deines göttlichen Lebens teilhaben.
Vergleich
  • giesse aus über uns den Geist ⇒ schenke auch uns deinen Geist
    1) „Ausgießen“ ist das typische Verb für das Geben des Geistes, „schenken“ ist das typische Verb für alles im DM.
    2) Der Geist, um den im Original gebetet wird, ist durch den Relativsatz spezifiert; das DM will einfach „deinen“ Geist.
  • bitten wir, Herr ⇒ barmherziger Gott
  • die selige Margarita Maria ⇒ die heilige Margareta Maria Alacoque
  • [Geist,] mit dem du einzigartig bereichert hast ⇒ du hast schauen lassen
    „Mit dem Geist einzigartig bereicht“ ist deutlich weiter als „schauen lassen“. Den „Reichtum“ liefert das DM später nach, allerdings nicht im Zusammenhang mit der Tagesheiligen, sondern – mit dem Leben, dessen Teilhabe für Uns erbeten wird. Es scheint so, als habe es das DM nicht so mit Heiligenverehrung.
  • die über das Verstehen herausragende Liebe Christi ⇒ die Liebe deines Sohnes, die alles Begreifen übersteigt
    Inhaltlich korrekt, aber original Teil der Bitte, im DM Teil der Beschreibung der Heiligen. Deshalb muss das DM die Aussage doppeln und in der Bitte als „Größe deines Erbarmens“ wiedergeben.
  • in deiner ganzen Fülle vollendet werden ⇒ am Reichtum deines göttlichen Lebens teilhaben
    Da ist er, der DM-Reichtum.
Noch anders plazierte das alte Tagesgebet den Reichtum:
Oratio (1962)
Domine Iesu Christe, qui investigabiles divitias Cordis tui beatae Margaritas Marias Virgini mirabiliter revelasti: da nobis eius meritis et imitatione; ut, te in omnibus et super omnia diligentes, iugem in eodem Corde tuo mansionem habere mereamur.
Übersetzung
Herr Jesus Christus, der du den unerforschlichen Reichtums deines Herzen der seligen Jungfrau Margarita Maria wunderbar offenbart hast: gib uns durch ihre Verdienste und Nachahmung, dass wir, dich in allem und über alles liebend, beständig in deinem besagten Herzen Wohnung zu haben verdienen.

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