Tagesgebet
Omnípotens sempitérne Deus, qui abundántia pietátis tuæ et mérita súpplicum excédis et vota, effúnde super nos misericórdiam tuam, ut dimíttas quæ consciéntia métuit, et adícias quod orátio non præsúmit.Dieses Tagesgebet wurde früher am elften Sonntag nach Pfingsten genommen.
Übersetzung
Allmächtiger ewiger Gott, der du in der Überfülle deiner Güte über die Verdienste und Wünsche der Flehenden hinausgehst, gieße über uns deine Barmherzigkeit aus, damit du aufgibst, was das Gewissen fürchtet*, und hinzufügst, was das Gebet nicht [zu erbitten] wagt.* Furcht „als Wirkung der inneren Vorstellung eines drohenden Übels“ zielt auf die Strafe für die begangene Sünde, welche der Herr „aufgeben“, „wegschicken“ oder „verzeihen“ möge, wobei das letzte eher auf die Schuld als auf die Strafe passen würde.
Deutsches Messbuch
Allmächtiger Gott, du gibst uns in deiner Güte mehr, als wir verdienen, und Größeres, als wir erbitten. Nimm weg, was unser Gewissen belastet, und schenke uns jenen Frieden, den nur deine Barmherzigkeit geben kann.Vergleich
- allmächtiger ewiger Gott ⇒ allmächtiger Gott
- in der Überfülle deiner Güte ⇒ in deiner Güte
- der du hinausgehst ⇒ du gibst uns
- über die Verdienste [der Flehenden] ⇒ mehr, als wir verdienen
- [über die] Wünsche der Flehenden ⇒ Größeres, als wir erbitten
Das zentrale „Wir“ steht natürlich auch anstelle der „Flehenden“. - gieße über uns deine Barmherzigkeit aus ⇒ den nur deine Barmherzigkeit geben kann
Im Original ist das Ausgießen der Barmherzigkeit die Grundlage des Wegschickens und Hinzufügens, im DM kommt die Barmherzigkeit nur als eine nähere Bestimmung eines „Friedens“ vor. - damit du aufgibst, was das Gewissen fürchtet ⇒ nimm weg, was unser Gewissen belastet
Da man hierzulande von der „Drohbotschaft“ der Höllenqualen (vgl. Mt 8,12; 13,42.50; 22,12; 24,51; 25,30) abgekommen ist, braucht das Gewissen nichts zu fürchten und der Herr die in seiner Gerechtigkeit vorgesehene Bestrafung nicht aufzugeben; vielmehr muss im DM nur die Gewissenqual weggenommen werden, und die ist auch nur eine „Belastung“, wie etwas Störendes, aber nicht etwa etwas Ernstzunehmendes. - hinzufügst, was das Gebet nicht [zu erbitten] wagt ⇒ schenke uns jenen Frieden
Ach ja, kaum ist die Gewissenqual ignoriert, hat der DM-Texter „jenen Frieden“. Dass – wie in so vielen alten Gebeten immer wiederholt – der Beter eigentlich zu unwürdig ist, um zu wagen, seine Augen überhaupt zu Gott zu erheben (Esr 9,6; Lk 18,13) und Bitten vorzubringen, so dass Gott selbst wissen muss, wessen wir bedürfen (Mt 6, 8; Röm 8, 26) – kann im DM nicht vorkommen.
Súscipe, quǽsumus, Dómine, sacrifícia tuis institúta præcéptis, et sacris mystériis, quæ débitæ servitútis celebrámus offício, sanctificatiónem tuæ nobis redemptiónis dignánter adímple.Übersetzung
Nimm an, bitten wir, Herr, die durch deine Vorschriften eingesetzten Opfer, und durch die heiligen Mysterien, die wir in Pflichterfüllung des geschuldeten Dienstes* feiern, vollende wohlwollend für uns die Heiligung deiner Erlösung**.* Das „officium servitutis“ war schon am Fest der kleinen Terese betrachtet worden und kam auch an Laurentius und Martha vor. Ergänzend könnte noch auf ein Buch hingewiesen werden, in dem das „officium servitutis“ als die Befolgung der Klosterregel, oder allgemein das Ausleben der Gottes-Knechtschaft [Hervorherbung im Original] als Gemeinmerkmal des Mönches (und Menschen) erläutert wird.
** die durch die Erlösung für uns bewirkte Heiligmachung möge durch die Mysterien vollendet werden, d.h. wir heil gemacht werden.
Deutsches Messbuch
Allmächtiger Gott, nimm die Gaben an, die wir nach deinem Willen darbringen. Vollende in uns das Werk der Erlösung und der Heiligung durch die Geheimnisse, die wir zu deiner Verherrlichung feiern.Vergleich
- nimm an, bitten wir ⇒ nimm an
- Herr ⇒ allmächtiger Gott
- die durch deine Vorschriften eingesetzten Opfer ⇒ die Gaben an, die wir nach deinem Willen darbringen
1. Opfer sind Messopfer, die Feier; nicht die Gaben. 2. „Vorschriften“ sind deutlich konkreter als ein „Wille“, der noch interpretiert werden müsste. 3. Das DM schafft es auch hier wieder, das wichtige „Wir“ dazuzufantasieren. - durch die heiligen Mysterien ⇒ durch die Geheimnisse
Ein Artikel (den ich gerade nicht mehr zur Hand habe und daher nicht verlinken kann) erklärt, warum die Bedeutung von „Mysterium“ unzureichend durch „Geheimnis“, das als etwas bloß Unverständliches oder vor der Öffentlichkeit Verborgenes missverstanden werden kann, übersetzt ist, und besser (weil es als Fachwort, das dem allgemeinen Publikum unbekannt sein könnte, nicht einfach stehen gelassen werden kann) als „Sakrament“ verdeutscht wird. - die wir in Pflichterfüllung des geschuldeten Dienstes feiern ⇒ die wir zu deiner Verherrlichung feiern
Pflicht, geschuldet und Knechtschaft definieren ein Verhältnis der Betenden zu Gott, das das DM natürlich(?) nicht akzeptieren kann. - vollende wohlwollend ⇒ vollende
- die Heiligung deiner Erlösung ⇒ das Werk der Erlösung und der Heiligung
Die Heiligung ist die Frucht der Erlösung; was das DM mit den (zusätzlichen) „Werk der Heiligung“ meinen könnte, muss dahingestellt bleiben.
Concéde nobis, omnípotens Deus, ut de percéptis sacraméntis inebriémur atque pascámur, quátenus in id quod súmimus transeámus.Übersetzung
Gewähre uns, allmächtiger Gott, dass wir von den empfangenen Sakramenten her* getränkt und gespeist** werden, damit wir zu dem, was wir empfangen, übergehen***.* Wenn wir vom Sakrament (also dem Leib Christi) gespeist würden, bräuchte kein „de“ zu stehen; da es aber da ist, meint es ein „von … her“ oder „gemäß“ oder „über“.
** ganz wörtlich: berauscht und geweidet
*** Allgemein wird verstanden: dass wir uns in den Leib Christi verwandeln, oder in ihn [die Kirche] eintreten. Ich hatte zuerst (weil „sumere“ auch „vollziehen“ heißen kann) verstanden, das wir zu dem, was wir vollziehen [nämlich unsere Vereinigung mit den Heiligen, mit Engeln und Mächten im Lob und Anbetung Gott durch das eine Opfer], übergehen, d.h. dass – wie sooft – um Zielerreichung, den Eintritt in die ewige Herrlichkeit usw. gebetet wird.
Deutsches Messbuch
Gott und Vater, du reichst uns das Brot des Lebens und den Kelch der Freude. Gestalte uns nach dem Bild deines Sohnes, der im Sakrament unsere Speise geworden ist.Vergleich
Entfällt, weil der DM-Text so vom Original verschieden ist, das eine Gegenüberstellung einzelner Passagen nicht möglich ist. Wie sehr sich das DM bemüht hat, die Haltung des Originals einzufangen, lässt sich allerdings schon aus der Ersetzung von „allmächtiger Gott“ durch „Gott und Vater“ erahnen.
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