Sonntag, 13. Oktober 2019

deine Majestät flehen wir demütig an

Zum 28. Sonntag im Jahreskreis betet die Kirche:

Tagesgebet
Tua nos, quǽsumus, Dómine, grátia semper et prævéniat et sequátur, ac bonis opéribus iúgiter præstet esse inténtos.
Das Gebet war früher für den 16. Sonntag nach Pfingsten vorgesehen.

Übersetzung
Deine Gnade, bitten wir, Herr möge uns immer sowohl zuvorkommen* als auch folgen, und gewährleisten, dass wir zu guten Werken allzeit bereit sind.
* wie in: eine Abkürzung nehmen

Deutsches Messbuch
Herr, unser Gott, deine Gnade komme uns zuvor und begleite uns, damit wir dein Wort im Herzen bewahren und immer bereit sind, das Gute zu tun.
Vergleich
  • bitten wir, Herr ⇒ Herr, unser Gott
  • folgen ⇒ begleite
    Erstens falsche Vokabel, zweitens zerstört es das Bild der Vor- und Nachhut, welche die Gnade auf unserem Lebensweg bildet.
  • und gewährleisten ⇒ damit wir dein Wort im Herzen bewahren
    Waah? praestare hat zwei Bedeutungsrichtungen, weil es von zwei Wurzeln kommen kann: prae-stare (voran-stehen), also „übertreffen“ oder „vorsetzen“ (wie in: auftischen), oder praes+stare (als Bürge einstehen): gewähren, geben, verrichten, besonders in der Wendung fidem praestare = die Treue halten, sein Versprechen halten. Die Gnade behütet uns also nicht nur von vorne und von hinten, sondern 1) übertrifft alles und 2) steht bei uns (anders als der Lohnknecht, der die Schafe im Stich ließe) und 3) stellt sicher, dass wir zu guten Werken allzeit bereit sind.
Gabengebet
Súscipe, Dómine, fidélium preces cum oblatiónibus hostiárum, ut, per hæc piæ devotiónis offícia, ad cæléstem glóriam transeámus.
Dieses Gebet war früher anscheinend sehr beliebt und vorgesehen für: den Dienstag in der Osteroktav, den 5. Sonntag nach Ostern, in der Vigil zur Himmelfahrt.

Übersetzung
Nimm an, Herr, der Gläubigen Gebete mit den Opferungen der Opfergaben, damit wir, durch diese Dienste frommer Hingabe, zur himmlischen Herrlichkeit übergehen.
Deutsches Messbuch
Herr und Gott, nimm die Gebete und Opfergaben deiner Gläubigen an. Lass uns diese heilige Feier mit ganzer Hingabe begehen, damit wir einst das Leben in der Herrlichkeit des Himmels erlangen.
Vergleich
  • Herr ⇒ Herr und Gott
  • mit den Opferungen der Opfergaben ⇒ und Opfergaben
    Im Original ist vom Vorgang des Opferns, der die Gebete begleitet, die Rede, im DM von zwei Dingen (Gebeten, unabhängig davon: Gaben)
  • der Gläubigen ⇒ deiner Gläubigen
  • damit wir ⇒ lass uns
    Im Original ist das Übergehen eine Folge der erbetenen Annahme der Gebete und Opfer; im DM folgt eine zweite Bitte um die Art des Begehens, welches im Original als gegebenes Mittel vorausgesetzt wird.
  • durch diese Dienste frommer Hingabe ⇒ diese heilige Feier mit ganzer Hingabe begehen
    Die „ganze“ statt „frommer“ Hingabe mag ja noch als sinngemäße Variante gelten. „officium“ ist zwar auch „offizielle Zeremonie“; es klingt aber „Ehrenbezeigung“, „Pflichterfüllung“ und „Gehorsam“ mit, was in den „Diensten“ eher erhalten bleibt. Vorallem qualifiziert das Attribut „fromme Hingabe“ den Dienst – oder eben die „Pflichterfüllung“, da sich aus der frommen Hingabe die „Pflicht“ zur Danksagung (Eucharistie) ergibt. Im DM muss selbst um diese Einstellung erst noch gebeten werden.
  • zur himmlischen Herrlichkeit übergehen ⇒ einst das Leben in der Herrlichkeit des Himmels erlangen
    Wenn man „Herrlichkeit des Himmels“ für „himmlischer Herrlichkeit“ setzt, bleibt „einst das Leben erlangen“ für „übergehen“. Im Original ist der Überzeugung des „Ich werde nicht sterben, sondern leben“ (Ps 118, 17) Ausdruck gegeben, dass die Seele, wenn sie die körperliche Hülle abwirft, zum ewigen Leben übergeht (wobei die Schriften zum Transitus Mariae sogar den Übergang des Leibes in die himmlische Herrlichkeit beschreiben). Im DM ist von einem „einst“ die Rede, und von einem „erlangen“, als ob das irdische und himmlische Leben zwei getrennte Dinge seien.
Schlussgebet
Maiestátem tuam, Dómine, supplíciter deprecámur, ut, sicut nos Córporis et Sánguinis sacrosáncti pascis aliménto, ita divínæ natúræ fácias esse consórtes.
Das Gebet steht sowohl im Sacramentarium Leonianum als auch im S. Gelasianum.

Übersetzung
Deine Majestät, Herr, flehen wir demütig an, dass du uns, wie du uns mit der Nahrung des hochheiligen Leibes und Blutes gespeist hast, so zu Teilhabern der göttlichen Natur machen mögest.
Deutsches Messbuch
Allmächtiger Gott, in der heiligen Opferfeier deine Gläubigen mit dem Leib und dem Blut deines Sohnes. Gib uns durch dieses Sakrament auch Anteil am göttlichen Leben.
Vergleich
  • Herr ⇒ allmächtiger Gott
  • du hast mit der Nahrung gespeist ⇒ du nährst
    Das Original nutzt zwei Wörter: pascere (weiden, hüten, führen; hier also: speisen), um das Wirken Gottes zu charakterisieren, und alimentum (Nahrungsmittel), um das Empfangene näher zu beschreiben (wie in: „mein Fleisch ist wahrhaft eine Speise und mein Blut ist wahrhaft ein Trank“, Joh 6, 55). Das DM mäht alles mit einem „nährt“ nieder und wechselt auch noch die Zeit.
  • uns ⇒ deine Gläubigen
  • des hochheiligen Leibes und Blutes ⇒ mit dem Leib und dem Blut deines Sohnes
    Der Zusatz „deines Sohnes“ wird für manche sehr wichtig sein, besonders wenn man nicht präsent hat, wessen Leib und Blut als Nahrung dient. Dass dafür „hochheilig“, welches das Verhältnis der Betenden zu Leib und Blut näher bestimmt, wegfällt, zeigt einen Mangel an Ehrfurcht im DM.
  • wie … so ⇒ in der heiligen Opferfeier … durch dieses Sakrament auch
    Da das DM den originalen Vergleich von der Speisung und zu Teilhabern machen aufgibt, muss es umständlich und wortreich einen Zusammenhang konstruieren.
  • deine Majestät flehen wir demütig an, dass du machen mögest ⇒ gib
    Es ist eine andere Religion.
  • zu Teilhabern der göttlichen Natur ⇒ Anteil am göttlichen Leben
    Die „Teilhaber der göttlichen Natur“ sind biblisch (2 Petr 1, 4) und haben den Kirchenvätern Anlaß zu tiefen Einsichten gegeben (s. hier). Das DM kappt alle Verbindungen zu Schrift und Tradition.

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