Samstag, 12. Oktober 2019

Innozenz III.: Mysterien der Eucharistie erklärt (8)

Am Altar angekommen, beginnt der Bischof die Messe.
[Fortsetzung von hier]

Stufengebet
„Weil der Gerechte im Anfang seiner Rede zum Ankläger seiner selbst wird, so bekennt der Pontifikant, wenn er zum Altare gelangt und sich in sich selbst versammelt, bevor er das heilige Amt beginnt, samt den Umstehenden seine Sünden und lässt jenen Psalm vorangehen, von welchem offen erkannt wird, dass er ganz auf ihn sich beziehen und von ihm angewendet werden müsse: ‚Richte mich Gott’* Hiermit soll er, geschieden von den Unheiligen und frei von dem sündigen Menschen, würdig den Altar des Herrn betreten. In Bezug auf dieses Bekenntnis ist aber zu bemerken, dass die Sünden nicht (wie unvorsichtigerweise einige tun) im einzelnen, sondern im allgemeinen bekannt werden sollen, weil dies nicht eine geheime, sondern eine offene Beichte ist. Indem wir aber die Sünde bekennen, schlagen wir an die Brust, damit wir - nach dem Vorbilde jenes Zöllners, der an seine Brust schlug und sagte: ‚Herr! sei mir Sünder gnädig’** - gerechtfertigt in das Haus des Herrn eintreten. Bei dem Schlag vereinigt sich dreierlei: der Schlag, der Schall, die Berührung. Dadurch werden jene drei zur wahren Büße erforderlichen Dinge bezeichnet: die Zerknirschung des Herzens, das Bekenntnis des Mundes, das Gutmachen durch die Tat. Denn wie wir in dreifacher Weise sündigen: mit dem Herzen durch Gedanken, mit dem Mund durch Worten, mit der Tat im Begehen, so müssen wir auch in dreifacher Weise Buße tun: im Herzen durch Schmerz, mit dem Munde durch Beschämung und in der Tat durch Anstrengung.“
* Ps 43; mehr Details zu diesem Teil des alten Ritus’
** Lk 18, 13

Altarinzenz
„Indem der Bischof den Altar betreten will, wirft er Weihrauch in das Rauchfaß, und zeigt damit an: ‚dass der Engel gekommen sei und vor den Altar sich gestellt habe, ein goldenes Weihrauchfaß in der Hand haltend, welches er vom Feuer des Altars füllte; es es wurde ihm viel Weihrauch geboten, dass er ihn gäbe von den Gebeten der Heiligen.’* Der Engel ist Christus, das goldene Weihrauchfaß sein unbefleckter Leib, der Altar die Kirche, das Feuer die Liebe, der Weihrauch das Gebet, gemäß dem Prophetenwort: ‚Mein Gebet walle auf, wie der Weihrauch vor deinem Angesicht.’** Es kam also der Engel, das ist Christus, und stellte sich an den Altar, d.h. angesichts der Kirche, und hatte ein goldenes Rauchfaß, nämlich seinen unbefleckten Leib, mit Feuer, d.h. Liebe, angefüllt; und viel Weihrauch wurde ihm gegeben von den Gläubigen, nämlich Gebete, dass er sie gäbe, vielmehr darböte, dem Vater von den Gebeten der Heiligen. Es heißt bloß Gebete [und nicht: alle Gebete], weil Christus nicht alle Gebete erhört, sondern jene, welche auf das Heil abzielen. Als daher Paulus den Herrn dreimal angefleht hatte, dass er den Stachel des Fleisches von ihm nehmen möge, antwortete ihm der Herr: ‚Meine Gnade möge dir genügen.’*** Denn die Tugend wird in der Schwachheit vollkommen.
Der Bischof legt also Weihrauch in das Rauchfaß, weil Christus dem Gemüte die Gebete einhaucht, damit durch Ihn Selbst ein würdiger Wohlgeruch dargeboten werde in lieblichem Duft. Er Selbst kommt uns entgegen in dem Segen der Süßigkeit, dass Sein Geschenk zum eigenen Verdienst werde, weil Er nicht empfängt, als was Er zuvor gegeben hat. ‚Ohne Mich’, sagt er, ‚könnt ihr nichts tun; weil die Ranke keine Frucht aus sich selbst tragen kann, es sei denn, dass sie am Weinstock bleibe.’**** Der Priester aber bietet dem Bischof den Weihrauch an, weil das Gesetz [für das der Priester steht, s. https://friedlon.blogspot.com/2019/09/innozenz-iii-mysterien-der-eucharistie_27.html] jenen kostbaren Wohlgeruch bereitet, der zu lieblichem Duft dem Allerhöchsten dargeboten wird, wovon im Buche Exodus der Herr zu vernehmen gibt: ‚Solche Mischung sollt ihr nicht bereiten zu eurem eigenen Gebrauch, denn sie soll heilig sein dem Herrn. Der Mann also, der eine ähnliche bereiten würde, dass er ihres Duftes genösse, soll umkommen unter seinem Volk.’ *5 Es hat solche gegeben, welche den Satz aufstellten: wenn das Rauchfaß vom Altar herabgetragen werde, müsse man anderen Weihrauch ohne Segen in dasselbe werfen, und solchen den Menschen darbieten, weil jenes zum Gottesdienst, dieses zur Ehrenbezeugung gehöre. Es ist aber besser, die Stellen nach dem Geist als nach dem Buchstaben auszulegen. Denn ‚der Buchstabe tötet, der Geist aber macht lebendig.’*6“
* Offb 8, 3-5
** Ps 141, 2
*** 2 Kor 12, 7-9
**** Joh 15, 4f.
*5 Ex 30, 37f.
*6 2 Kor 3, 6

„Wie an dem Weihrauchfass der untere und der obere Teil durch drei Kettchen vereinigt ist, so besteht in Christo eine dreifache Einigung, wodurch Gottheit und Menschheit verbunden werden. Die Einigung des Fleisches mit der Seele, die Einigung der Gottheit mit dem Fleisch, und die Einigung der Gottheit mit der Seele. Einige nehmen noch eine vierte Einigung an, nämlich des göttlichen Wesens mit dem aus Seele und Leib bestehenden Verbundenen. Denn das Rauchfass hat wohl auch vier Kettchen. Von diesem Rauchfass insbesondere sagt Moses zu Aaron: ‚Hebe das Rauchfass, und hast du Feuer vom Altar genommen, so lege den Weihrauch hinein.’* Außer dem mystischen Grund wird der Altar auch deswegen noch beräuchert, damit wir hierdurch alle böse Luft des Teufels verscheuchen; denn es wird geglaubt, der Dampf des Weihrauchs habe Kraft, die Teufel zu verjagen. Als daher Tobias den Engel gefragt hatte, was dasjenige, was er auf sein Geheiß von dem Fisch aufbewahren solle, wirken könne, erhielt er zur Antwort: ‚Wenn du ein Stücken seines Herzens auf glühende Kohlen legst, wird dessen Rauch alle Arten Dämonen vertreiben.’**“
* Num 17, 11
** Tob 6, 8 [bzw. nach anderer Verszählung Tob 6, 9]

Introitus
„Inzwischen stimmt der Chor zum Eingang die Antiphon an, die er mit eingelegtem Lobwort auf die Dreieinigkeit wiederholt. Wie der Auftritt des Priesters auf den Altar die Ankunft Christi bezeichnet, so bezeichnet die Antiphon, welche zu demselben gesungen wird, das Sehnen nach dieser Ankunft; worüber zu den Aposteln der Herr sagt: ‚Viele Könige und Propheten hätten gerne gesehen, was ihr seht, und haben es nicht gesehen; und gerne gehört, was ihr höret, und haben es nicht gehört.’* Der Chor aber erweitert sein Herz und singt frohlockend den Eingang [Introitus]; weil Propheten, Patriarchen, Könige und Priester und alle Gläubigen der Ankunft Christi mit großem Sehnen harrten und riefen und flehten: ‚Sende, Herr! das Lamm, den Beherrscher der Erde, vom Felsen der Wüste zum Berge der Tochter Sion! Komm, o Herr, säume nicht, zu erleichtern die Bürde Deines Volkes Israel!’** Darum pries der greise Simeon, jener Gerechte, Gott und sagte: ‚Nun wollest Du Deinen Diener in Frieden entlassen, denn meine Augen haben Deinen Heiland gesehen.’*** Im Namen derjenigen wird der Eingang gesungen, durch welche Christus der Welt angekündigt worden ist, nach des Apostels Wort: ‚und als Er den Eingebornen auf den Erdkreis einführte, sagte Er: Ihn sollen alle Engel anbeten.’**** Die Wiederholung der Antiphon bedeutet die öftere Wiederholung des Rufens. Daher der Prophet sagt: ‚Heische, heische wieder, harre, harre wieder, ein wenig hier, ein wenig dort; wenn Er sich verspäten sollte, so erwarte Ihn, denn allernächstens wird Er kommen und nicht säumen.’*5 Das Zwischeneinlegen des Lobwortes bezeichnet das Gewinnen seines Wohlwollens. Denn um das, was sie erwarteten, sicherer zu erlangen, riefen sie lobpreisend zu der gesamten Dreifaltigkeit: ‚Zeige uns, Herr, Deine Barmherzigkeit, und gib uns Deinen Heiland. Der Du sitzest über den Cherubim, erscheine vor Ephraim, Benjamin und Manasse“’*6 Deren Rufen endlich der heilige Geist erhörte, ‚indem Er Ihn salbte mit der Öl der Freuden vor seinen Genossen, und Ihn bestimmte, das Evangelium den Armen zu predigen;’*7 wie der Menschensohn durch den Propheten Selbst bezeugt: ‚Der Geist des Herrn ist über Mir, darum hat Er Mich gesalbt, und hat Mich gesandt, den Armen das Evangelium zu predigen.’*8 Dieses Sehnen der Vorväter bezeichnet der Eingang [Introitus] nicht dem Wortsinne nach, sondern in dem Jauchzen des Gesanges.
Papst Cölestin [†432] ordnete, dass vor dem Opfer der 150ste Psalm Davids in Wechselstimmen von allen sollte gesungen werden, was vorher nicht geschah, indem bloß die Epistel und das Evangelium gelesen wurden. Aus den Psalmen sind ausgehoben der Eingang, das Stufengebet*9 und das Gebet bei der Darbringung [Antiphon ad Offertorium], auch bei der Kommunion, welche bei der Messe in Melodien zu singen die römische Kirche anfing.
Antiphon heißt auf Griechischen ‚die erwiederte Stimme’, weil antwortende Chöre wechselweise die Melodien singen.“
* Lk 10, 24
** Der erste Satz entspricht der Vulgata-Übersetzung von Jes 16, 1; der zweite ist aus dem Graduale des vierten Adventssonntages (Veni, Domine, et noli tardare: relaxa facinora plebis tuae Israel)
*** Lk 2, 29f.
**** Hebr 1, 6
*5 Jes 28, 10 plus Hab 2, 3
* 6 Ps 85, 8 plus Ps 80, 2f.
*7 Ps 45, 8 plus Jes 61, 1
*8 Lk 4, 18
*9 Details s. hier

Fortsetzung hier 

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