Donnerstag, 31. Oktober 2019

die uns erwünschte Überfülle deiner Huld

Das Hochfest Aller Heiligen gibt etlichen Anlass, die Texte im Deutschen Messbuch zu kommentieren.

Tagesgebet
Omnípotens sempitérne Deus, qui nos ómnium Sanctórum tuórum mérita sub una tribuísti celebritáte venerári, quǽsumus, ut desiderátam nobis tuæ propitiatiónis abundántiam, multiplicátis intercessóribus, largiáris.
Dieses Tagesgebet wurde auch schon im alten Missale benutzt.

Übersetzung
Allmächtiger ewiger Gott, der du uns aller deiner Heiligen Verdienste unter einer Festlichkeit zu verehren verliehen hast: wir bitten, dass du die uns erwünschte Überfülle deiner Huld, durch die vermehrten Vermittler, schenkst.
Deutsches Messbuch
Allmächtiger, ewiger Gott, du schenkst uns die Freude, am heutigen Fest die Verdienste aller deiner Heiligen zu feiern. Erfülle auf die Bitten so vieler Fürsprecher unsere Hoffnung und schenke uns dein Erbarmen.
Vergleich
  • der du uns verliehen hast ⇒ du schenkst uns die Freude
    Bekanntlich kann im DM alles Handeln Gottes als „schenken“ enden; die Konnotation von tribuere ist mehr wie [eine Ehre] verleihen, [eine Aufgabe] zuweisen oder [ein Recht] einräumen. Von Freude keine Spur im Original.
  • unter einer Festlichkeit ⇒ am heutigen Fest
    Das Original betont die „eine“ Festlichkeit (im Gegensatz zu den vielen Heiligen); das DM hat nur das „heutige“ Fest.
  • zu verehren ⇒ zu feiern
    Ein Details scheint in der Übersetzung verlorengegangen zu sein.
  • wir bitten, dass du schenkst ⇒ schenke
    Ach ja, der DMliche Kommandoton. Und noch ein Schenken.
  • durch die vermehrten Vermittler ⇒ auf die Bitten so vieler Fürsprecher
  • die uns erwünschte Überfülle deiner Huld [schenkst] ⇒ erfülle unsere Hoffnung und [schenke] uns dein Erbarmen
    propitiatio ist „Versöhnung“ oder „Huld, Gnade“; es gibt echt viele Wörter für Erbarmen, aber hier steht keins davon. Man mag die „erwünschte“ Überfülle als „Hoffnung“ wiedergeben, aber wo bleiben „Überfluss, Fülle; Wohlstand, Glück“ im DM?
Gabengebet
Grata tibi sint, Dómine, múnera, quæ pro cunctórum offérimus honóre Sanctórum, et concéde, ut, quos iam crédimus de sua immortalitáte secúros, sentiámus de nostra salúte sollícitos.
Die markierten Wörter kommen in der ein oder anderen Form in der alten Secreta (vgl. u.) vor.
Die neue Bitte lehnt sich an das an, was Cyprianus* in seinem Buch über die Sterblichkeit sagt: „Sanctos defunctos jam de suâ immortalitate securos adhuc de nostrâ salute esse sollicitos.“ – „dass die verstorbenen Heiligen sich schon ihrer Unsterblichkeit gewiss, bis jetzt aber um unser Heil besorgt sind“ (Zitiert nach dieser Quelle)
* Bekannt ist dieser Bischof von Karthago (†258) vornehmlich für seine Mitteilung extra ecclesiam salus non est – „Außerhalb der Kirche gibt es kein Heil“

Übersetzung
Angenehm seien dir, Herr, die Gaben, die wir zur Ehre sämtlicher Heiligen darbringen, und gewähre, dass wir merken, dass die wir schon ihrer Unsterblichkeit gewiss glauben*, um unser Heil besorgt sind.
* die, von denen wir glauben, dass sie schon ihrer Unsterblichkeit gewiss sind

Deutsches Messbuch
Herr, unser Gott, nimm die Gaben entgegen, die wir am heutigen Fest darbringen. Wir glauben, dass deine Heiligen bei dir leben und dass Leid und Tod sie nicht mehr berühren. und lass uns erfahren, dass sie uns nahe bleiben und für uns eintreten.
Vergleich
  • angenehm seien dir ⇒ nimm entgegen
    Das DMliche „Friss oder stirb“ fragt nicht viel nach Annehmlichkeiten.
  • Herr ⇒ Herr, unser Gott
  • zur Ehre sämtlicher Heiligen ⇒ am heutigen Fest
    Ein weiteres Details scheint in der Übersetzung verlorengegangen zu sein. Dafür aber erneut eine Referenz auf das heutige Fest. Was macht das DM, wenn die Messe als Votivmesse gelesen wird?
  • gewähre, dass wir merken ⇒ lass uns erfahren
  • die wir schon ihrer Unsterblichkeit gewiss glauben ⇒ Wir glauben, dass deine Heiligen bei dir leben und dass Leid und Tod sie nicht mehr berühren. Erhöre ihr Gebet
    Wenn man den Nebensatz verselbständigen will, sagte man: „Wir glauben, dass sie schon ihrer Unsterblichkeit gewiss sind“. Was darüber hinausgeht, ist von Übel (Mt 5, 37).
  • um unser Heil besorgt sind ⇒ dass sie uns nahe bleiben und für uns eintreten
    Mich deucht, es möchte schwerfallen, im DMlichen Gesülze das Zitat des heiligen Cyprian wiederzuerkennen.
Präfation
Vere dignum et iustum est, æquum et salutáre, nos tibi semper et ubíque grátias ágere: Dómine, sancte Pater, omnípotens ætérne Deus:
Nobis enim hódie civitátem tuam tríbuis celebráre, quæ mater nostra est, cælestísque Ierúsalem, ubi iam te in ætérnum fratrum nostrórum coróna colláudat. Ad quam peregríni, per fidem accedéntes, alácriter festinámus, congaudéntes de Ecclésiæ sublímium glorificatióne membrórum, qua simul fragilitáti nostræ adiuménta et exémpla concédis. Et ídeo, cum ipsórum Angelorúmque frequéntia, una te magnificámus, laudis voce clamántes:
Sanctus, Sanctus, Sanctus
Übersetzung
Von der Herrlichkeit unserer Mutter Jerusalem
Wahrhaft würdig und recht ist, schicklich und heilsam, dass wir dir immer und überall Dank abstatten: Herr, heiliger Vater, allmächtiger ewiger Gott:
Du hast uns nämlich verliehen, heute deine Stadt zu feiern, die unsere Mutter ist, und das himmlische Jerusalem, wo schon der Sieg unserer Brüder dich in Ewigkeit lobt. Zu welchem pilgernd, durch den Glauben herantretend, wir entschlossen eilen, uns mitfreuend über die Verherrlichung der erhabenen Glieder der Kirche, die du als Hilfsmittel und Beispiel zugleich unserer Schwäche gibst. Und siehe, zusammen mit ihrer und der Engel Menge preisen wir dich, mit Lobesstimme rufend:
Heilig, heilig, heilig
Deutsches Messbuch
Das himmlische Jerusalem, unsere Heimat
In Wahrheit ist es würdig und recht, dir, allmächtiger Vater, zu danken und dich mit der ganzen Schöpfung zu rühmen.
Denn heute schauen wir deine heilige Stadt, unsere Heimat, das himmlische Jerusalem. Dort loben dich auf ewig die verherrlichten Glieder der Kirche, unsere Brüder und Schwestern, die schon zur Vollendung gelangt sind. Dorthin pilgern auch wir im Glauben, ermutigt durch ihre Fürsprache und ihr Beispiel und gehen freudig dem Ziel der Verheißung entgegen. Darum preisen wir dich in der Gemeinschaft deiner Heiligen und singen mit den Chören der Engel das Lob deiner Herrlichkeit:
Heilig, heilig, heilig
Anmerkung
Wenn schon „Mutter“ mit „Heimat“ wiedergegeben wird, erübrigt sich eine detaillierte Gegenüberstellung.

Schlussgebet
Mirábilem te, Deus, et unum Sanctum in ómnibus Sanctis tuis adorántes, tuam grátiam implorámus, qua, sanctificatiónem in tui amóris plenitúdine consummántes, ex hac mensa peregrinántium ad cæléstis pátriæ convívium transeámus.
Übersetzung
Dich Wunderbaren, Gott, und einzig Heiligen in allen deinen Heiligen anbetend, erflehen wir deine Gnade, durch welche, die Heiligung in der Fülle deiner Liebe erreichend, wir von diesem Tisch der Pilgerschaft zum Gastmahl des himmlischen Vaterlandes übergehen mögen.
Deutsches Messbuch
Gott du allein bist heilig, dich ehren wir, wenn wir der Heiligen gedenken. Stärke durch dein Sakrament in uns das Leben der Gnade und führe uns auf dem Weg der Pilgerschaft, wo du selbst die Vollendung der Heiligen bist.
Vergleich
  • dich Wunderbaren anbetend ⇒ dich ehren wir
    Ehren kann man auch den Sieger der Karnikelzüchtervereinsschau. Das Original geht mehr auf die Einzigartigkeit Gottes.
  • einzig Heiligen ⇒ du allein bist heilig
  • in allen deinen Heiligen ⇒ wenn wir der Heiligen gedenken
  • erflehen wir deine Gnade ⇒ Stärke durch dein Sakrament in uns das Leben der Gnade.
    „Gnade“ kommt in der Übersetzung und im DM vor. Mehr ist dazu nicht zu sagen.
  • die Heiligung in der Fülle deiner Liebe erreichend ⇒ wo du selbst die Vollendung der Heiligen bist
    Fällt hier wieder die Fülle wie oben der Überfluss aus? Wo bleibt die Liebe?
  • von diesem Tisch der Pilgerschaft ⇒ auf dem Weg der Pilgerschaft
    Ich nehme an, der hier ausgelassene „Tisch“ ist für das „durch dein Sakrament“ oben verantwortlich.
  • zum Gastmahl des himmlischen Vaterlandes übergehen mögen ⇒ führe uns zum ewigen Gastmahl
Anmerkung
Im Original ist die Gnade der Angelpunkt, von welcher die Heiligmachung und das Übergehen zum Vaterland abhängen. Im DM ist alles durcheinander, und „das Leben der Gnade in uns“ ist nur eine Nebenfloskel zu „stärke“. Das Gefühl, das mich beim Lesen des DM überkommt, ist – mangels eines besseren Wortes – nahe bei Ekel.

Früher betete man zu diesem Hochfest:

Oratio wie das aktuelle Tagesgebet (s.o.)

Secreta
Munera tibi, Domine, nostrae devotionis offerimus: quae et pro cunctorum tibi grata sint honore iustorum, et nobis salutaria, te miserante, reddantur.
Die markierten Wörter wurden ins neue Gabengebet übernommen.

Übersetzung
Die Gaben unserer Hingabe bringen wir dir, Herr, dar, welche sowohl dir zur Ehre sämtlicher Heiligen angenehm seien als auch uns als Gnadenmittel durch dein Erbarmen* zurückgegeben werden mögen.
* schulmäßig: während du dich erbarmst

Postcommunio
Da, quaesumus, Domine, fidelibus populis omnium Sanctorum semper veneratione laetari: et eorum perpetua supplicatione muniri.
Übersetzung
Gib, bitten wir, Herr, deinen gläubigen Völkern, durch die Verehrung aller Heiligen immer erfreut und durch deren durchgängige Fürbitte geschützt zu werden.

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