Donnerstag, 14. November 2019

Innozenz III.: Mysterien der Eucharistie erklärt (12)

Fortsetzung von hier

Halleluja
„Nach der Trauer kommt die Tröstung; denn: ‚selig sind die Leidtragenden, sie sollen getröstet werden.’* Deswegen wird nach dem Stufengebet das Halleluja gesungen, welches ausdrückt die unaussprechliche Freude der Engel und Menschen, die ewiger Seligkeit sich erfreuen, d.h. immerdar Gott loben. Denn: ‚Selig sind, die in Deinem Hause wohnen, Herr! Von Ewigkeit zu Ewigkeit werden sie Dich preisen. In der Stimme des Frohlockens und des Bekenntnisses, der Schall desjenigen, der beim Mahl sitzt.’** Was aber das Wort Halleluja bedeute, legt der 112. Psalm dar, der überschrieben ist ‚Halleluja’ und mit den Worten beginnt: ‚Lobet, ihr Knaben, den Herrn.’*** Solche unaussprechliche Freude verdient die Dürftigkeit des gegenwärtigen Lebens keineswegs, sondern, in Hoffnung sie vorauskostend dürstet und hungert es nach dem, was es gekostet hat, bis die Hoffnung in die Sache, der Glaube in das Schauen übergeht. Deswegen blieb dieses hebräische Wort unverdolmetscht, es wurde nicht übersetzt, damit die diesem Leben fremde Freude durch ein fremdes Wort mehr angedeutet als ausgedrückt würde; welches Geheimnis, gleichsam als ein Herabträufeln der Freude aus der reichen Fülle des himmlischen Jerusalem, erst in die Gemüter der Patriarchen und Propheten, hierauf in vollerem Strom auf den Mund der Apostel floss. Weil aber das Halleluja gewissermaßen die eigentümliche Bezeichnung zukünftiger Seligkeit ist, so bedient man sich desselben mit Recht häufiger zu derjenigen Zeit, in welcher Christus durch Seine Auferstehung uns die Hoffnung und die Teilnahme an jener Freude dargeboten hat.
Dass es somit zu anderer Zeit bei der Messe gesungen würde, war ehemals nicht Brauch der römischen Kirche, sondern ward erst von dem heiligen Gregor aufgestellt, vielmehr wieder hergestellt. Derselbe war älter, seit den Zeiten Papst Damasus [†384; in seine Zeit fiel ein Trend zum Lateinischen als Kultsprache] aber in Verfall gekommen. Als er sodann über dieses und über einiges andere, als folge man hierin der Gewohnheit der konstantinopolitanischen Kirche, murren hörte, nahm er keinen Anstand, darüber Rechenschaft zu geben, indem er sagte: in nichts Derartigem richten wir uns nach einer anderen Kirche. Es wird auch versichert, die Gewohnheit, das Halleluja nicht zu sprechen, habe der heilige Hieronymus zur Zeit des Papsts Damasus, seligen Andenkens, der Kirche von Jerusalem entnommen; und deswegen haben wir jener Gewohnheit um so mehr entsagt, da sie von den Griechen hierher überliefert worden. So singen wir nun das Halleluja nach dem Stufengebet, den Freudengesang nach der Bußklage, und bestreben uns vorzüglich, die Größe des Trostes, welcher den Trauernden wiederfahren ist, dadurch auszudrücken, dass wir es mehr jubeln als singen, und das eine, kurze, aber inhaltsschwere Wort durch verschiedene Absätze verlängern, damit das gespannte Gemüt mit Wohllaut erfüllt und hingerissen werde dahin, wo Leben ohne Tod, Tag ohne Nacht, ein Gewiß ohne Vielleicht, Freude ohne Schmerz, Sicherheit ohne Furcht, Ruhe ohne Mühsal, Kraft ohne Schwäche, Gerades ohne Krümmung, Schönheit ohne Entstellung, Wahrheit ohne Täuschung, Liebe ohne Arglist, Glückseligkeit ohne Elend ewiglich sein wird. Man kann aber das Halleluja auch auf das Frohlocken derjenigen beziehen, welche der Wunder Christ sich freuten, den Herrn priesen und sagten: ‚Heute haben wir Seine Wunder gesehen, der Herr hat sein Volk besucht.’**** Denn da wurde frohlockend Halleluja gesungen, da alles Volk, als es solches sah, Gott pries und alles Volk sich freute in demjenigen allen, was glorreich durch denselben verrichtet ward. Die Zweiundsiebenzig kehrten ebenfalls mit Freuden um und sagten: ‚Herr, auch die Teufel sind uns in Deinem Namen untertan.’*5
Darum wird von der Septuagesima bis Ostern das Halleluja nicht gesungen, weil zur Zeit der Trauer kein Freudengesang ertönen soll, nach jenem Prophetenwort: ‚Wie sollen wir dem Herrn ein Lied singen im fremden Lande?’*6 Denn geistlich stellt die Septuagesima [Vorfastenzeit; insbesondere der 70. Tag vor dem Ende der Osterwoche als ihr Beginn] die babylonische Gefangenschaft vor, in welcher sie, an den Strömen Babylons sitzend und weinend, ihre Harfen an die Weidenbäume hingen*7. Dann aber wird gezogen gesungen, was mit dem Rauhen der Stimme und der Dehnung der Wörter das Elend der gegenwärtigen Ansiedlung bezeichnet; wovon der Psalmist sagt: ‚Ach wie sehr ist meine Verbannung verlängert worden? Ich habe gewohnt bei den Bewohnern Kedar, sehr war meine Seele in der Verbannung.’*8“
* Mt 5, 4
** Ps 84, 5; Den letzten Satz kann ich nicht zuordnen.
*** Ps 113 (112), 1
**** Lk 7, 16
*5 Lk 10, 17
*6 Ps 137, 4
*7 Ps 137, 1f.
*8 Ps 120, 5f.

„Das aber mit eingeschobenem Gesang das Halleluja zwei Mal gesungen wird, zeigt an, dass die Heiligen in zwischenein sich mischender Freude das zweifache Gewand der Herrlichkeit empfangen sollen, des Geistes und des Fleisches, des Herzens und des Körpers. Denn infolge des Gewandes des Geistes ‚werden die Heiligen frohlocken in Herrlichkeit, und sich freuen in ihren Gemächern’;* infolge des Gewandes des Fleisches ‚werden die Gerechten leuchten wie die Flammen über den Stoppeln.’** Der Gesang darf daher nicht klagend und trauernd tönen, sondern freudig und lieblich soll er klingen. Das wird auch dadurch angedeutet, dass in einigen Kirchen nach dem Halleluja die Sequenz gesungen wird, mit frohem Schall und in lieblicher Tonweise.
Noch ist zu bemerken, dass bei der Messe drei verschiedene Sprachen vorkommen, damit jede Zunge bekenne, ‚dass Christus der Herr sei in der Herrlichkeit Gottes des Vaters.’*** Was auch an der Überschrift des Kreuzes zu ersehen war, auf welcher in hebräischer, griechischer und lateinischer Sprache stand: ‚Jesus von Nazareth, König der Juden.’****“
* Ps 149, 5
** Weish 3, 7
*** Phil 2, 11
**** Joh 19, 19

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