Sonntag, 24. November 2019

das allgemeine Reich deiner unermeßlichen Majestät

Der letzte Sonntag im Jahreskreis ist das Hochfest „DOMINI NOSTRI IESU CHRISTI UNIVERSORUM REGIS“, „Unseres Herrn Jesu Christi, sämtlicher* König“, oder, wie man üblicherweise sagt „Christkönigssonntag“.

* Hier stock ich schon, wie Dr. Faust sagen würde, denn die üblichen Verdächtigen (deutsch- und englischsprachiges Messbuch) und manch andere übersetzen: König des Weltalls, was mich wundert, denn es will scheinen, dass Christus nicht der König eines eingegrenzten Raums in dieser Welt, sondern der König sämtlicher [Geschöpfe] ist.
Wenn man kurz guckt, wie „rex universorum“ üblicherweise gebraucht wird, findet man im (alten) deutschen Recht, dass – obwohl die Fürsten ihn wählen – der König nicht der König einzelner, sondern sämtlicher Untertanen ist, oder in den Worten eines historischen Romans: Er „sei nicht der König einzelner Fürsten, also kein rex singulorum, sondern der des gesamten Volks, ein rex universorum.“
In einem Gebet wird der „universorum Rex“ mit „familiarum Rex“ verbunden, also Christus als „König aller, aber besonders der Familien“ angesprochen.
Will man schließlich sichergehen, wie der Ausdruck im Names des Festes gemeint ist, schaut man in die Enzyklika „Quas primas“, mit der Pius XI. das Fest einsetzte:
11 Worauf nun die Würde und Macht unseres Herrn gründet, das zeigt treffend Cyrillus von Alexandrien: «Christus besitzt die Herrschaft über alle Geschöpfe nicht infolge gewaltsamer Aneignung, nicht aus fremder Hand, sondern auf Grund seines Wesens und seiner Natur».
[Weiter wird der geistliche Charakter des Reiches betont, das nicht von dieser Welt ist, also nix Weltall, sondern sämtlicher Geschöpfe.
Genauso:]
19 So umfaßt also das Reich unseres Erlösers alle Menschen
20 Auch ist in dieser Hinsicht kein Unterschied zu machen zwischen Einzelmenschen und häuslichen oder bürgerlichen Gemeinschaften, denn die in Gemeinschaften vereinigten Menschen stehen nicht minder unter der Herrschermacht Christi als die Einzelmenschen.
[Es gibt keinen Gegensatz zwischen „Rex universorum“ und „Rex singularum“ oder „Rex familiarum“.]
24 Was sodann die Eintracht und den Frieden anbelangt, ist folgendes einleuchtend: je weiter sich ein Reich ausdehnt und je vollständiger es die Gesamtheit des Menschengeschlechtes umfaßt, desto stärker werden sich die Menschen der Gemeinschaft bewußt, die sie eint. Und wie dieses Bewußtsein häufigen Streitigkeiten vorbeugt und sie unterdrückt, so nimmt es ihnen ihre Bitterkeit und ihre Härte. – Wenn also das Reich Christi tatsächlich alle umfassen würde, wie es sie von Rechts wegen umfaßt, warum sollten wir dann die Hoffnung auf jenen Frieden aufgeben, den der Friedenskönig auf die Erde gebracht hat?
Woraufhin ich im Ergebnis „König sämtlicher [Geschöpfe]“ übersetze.

Nach dem alten Kalender wurde das Christkönigsfest bereits am letzten Sonntag des Oktobers gefeiert.

Im Novus Ordo hätten wir:

Tagesgebet
Omnípotens sempitérne Deus, qui in dilécto Fílio tuo, universórum Rege, ómnia instauráre voluísti, concéde propítius, ut tota creatúra, a servitúte liberáta, tuæ maiestáti desérviat ac te sine fine colláudet.
Die markierte Einleitung gleicht der der Oratio zum alten Fest.

Übersetzung
Allmächtiger ewiger Gott, der du in deinem geliebten Sohn, sämtlicher König, alles wiederherstellen wolltest*, gewähre gütig, dass alles Geschaffene, aus der Knechtschaft befreit**, deiner Majestät eifrig dient und dich ohne Ende lobt.
* Eph 1, 10
** Röm 8, 21

Deutsches Messbuch
Allmächtiger, ewiger Gott, du hast deinem geliebten Sohn alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden* und ihn zum Haupt** der neuen Schöpfung gemacht. Befreie alle Geschöpfe von der Macht des Bösen, damit sie allein dir dienen und dich in Ewigkeit rühmen.
* vgl. Mt 28, 18
** vgl. Eph 1, 10

Vergleich
  • sämtlicher König ⇒ alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden
    Das DM verweigert den Begriff „König“, der doch dem Fest seinen Namen gibt, und umschreibt ihn lieber (mit einer anderen als im Original angespielten Schriftstelle) in seiner Funktion („alle Gewalt …“)
  • alles wiederherstellen ⇒ ihn zum Haupt der neuen Schöpfung
    Der Unterschied ist die Folge eines Übersetzungsproblem von Eph 1, 10. Dort steht nämlich „anakephalaiosasthai“. Laut Wörterbuch ist ana-kephal-aioo = „vereinen“, zergliedert aber: wieder-haupt-en. Die Vulgata betont die Vorsilbe ana- (wieder) und versteht: wieder-vereinen, wiederherstellen, übersetzt „instaurare“, was deutsch oft „erneuern“ wird wie in „in Christus alles erneuern“. Die Einheitsübersetzung (und in der Folge das DM) betont den Mittelteil: vereinen = unter ein Haupt stellen; und „übersetzt“ „zum Haupt gemacht“.
    Bei Paulus ist Christus das Haupt „der Kirche“ (Eph 1, 22; 4, 15; 5, 23; Kol 1, 18) oder „aller Herrschaft und Macht“ (Kol 2, 10), von „neuer Schöpfung“ spricht er an anderen Stellen (2 Kor 5, 17; Gal 6, 15), aber das DM war so frei, hier zu kombinieren.
  • alles Geschaffene, aus der Knechtschaft befreit ⇒ befreie alle Geschöpfe von der Macht des Bösen
    Das Original bittet um das Dienen und Loben in der Fülle der Zeit, wenn die Schöpfung aus der Knechtschaft befreit sein wird; das DM bittet um die Befreiung selbst und zerstört den Bezug zu Röm 8, 21.
  • gewähre gütig, dass [alles Geschaffene] deiner Majestät eifrig dient ⇒ damit sie allein dir dienen
    Dass das DM neben dem König auch die Majestät abschafft, verwundert hier nicht.
    Das „deservire“ im Original ist ein verstärktes Dienen (eifrig oder ergeben dienen, sich abmühen); das DM verstärkt durch Zusatz von „allein“. (Oder soll das ein bißchen von der verlorenen Majestät wiederherstellen?)
  • dich ohne Ende lobt ⇒ dich in Ewigkeit rühmen
    Das Originale „sine fine“ schließt nicht nur zeitliche Grenzen aus, sondern (insbesondere da das „loben“ ein „mitloben“ ist) auch alle anderen: jedes Geschöpf lobt mit; das Lob Gottes kennt kein Maß: unermeßliches Lob wird geleistet.
    Übrigens kommt sine fine auch in der Präfation und im Schlussgebet vor. Recht passend beim Übergang zum neuen Kirchenjahr …

Gabengebet
Hóstiam tibi, Dómine, humánæ reconciliatiónis offeréntes, supplíciter deprecámur, ut ipse Fílius tuus cunctis géntibus unitátis et pacis dona concédat.
Das Gebet wurde im wesentlichen durch Kürzung, inhaltlich unbedeutende grammatische Änderungen und dem Austausch von „supplíciter deprecámur“ für „praesta quaesumus“ aus der alten Sekreta zum Fest erhalten.

Übersetzung
Das Opfer der menschlichen Versöhnung dir, Herr, darbringend flehen wir demütig, dass dein Sohn selbst den gesamten Völkern die Gaben der Einheit und des Friedens gewähre.
Deutsches Messbuch
Herr, unser Gott, wir bringen das Opfer deines Sohnes dar, das die Menschheit mit dir versöhnt. Er, der für uns gestorben ist, schenke allen Völkern Einheit und Frieden.
Vergleich
  • das Opfer der menschlichen Versöhnung ⇒ das Opfer deines Sohnes, das die Menschheit mit dir versöhnt
  • dir darbringend ⇒ wir bringen dar
    Das „dir“ ist im DM irgendwie zum „versöhnt“ oben gerutscht, aber dafür steht das wichtige „Wir“ ganz weit vorne.
  • Herr ⇒ Herr, unser Gott
  • flehen wir demütig, dass dein Sohn selbst ⇒ er, der für uns gestorben ist
    Sieht seltsam aus, aber das ist, was im DM statt einer Übersetzung steht.
  • den gesamten Völkern ⇒ allen Völkern
    Das Missale benutzt heute eine Menge verschiedener Wörter, die alle „alle“ bedeuten, was aus dem DM-Text so nicht deutlich wird.
  • die Gaben der Einheit und des Friedens ⇒ Einheit und Frieden
    Das Original ist deutlicher darin, dass Einheit und Friede nicht selbst gemacht, sondern Gaben Gottes sind.
  • gewähre ⇒ schenke 
    Natürlich.

Præfatio
De Christo universorum Rege
Vere dignum et iustum est, æquum et salutáre, nos tibi semper et ubíque grátias ágere: Dómine, sancte Pater, omnípotens ætérne Deus:
Qui Unigénitum Fílium tuum, Dóminum nostrum Iesum Christum, Sacerdótem ætérnum et universórum Regem, óleo exsultatiónis unxísti: ut, seípsum in ara crucis hóstiam immaculátam et pacíficam ófferens, redemptiónis humánæ sacraménta perágeret: et, suo subiéctis império ómnibus creatúris, ætérnum et universále regnum imménsæ tuæ tráderet maiestáti: regnum veritátis et vitæ; regnum sanctitátis et grátiæ; regnum iustítiæ, amóris et pacis.
Et ídeo cum Angelis et Archángelis, cum Thronis et Dominatiónibus, cumque omni milítia cæléstis exércitus, hymnum glóriæ tuæ cánimus, sine fine dicéntes: Sanctus …
Diese Präfation wurde auch schon im alten Messbuch an Christkönig gebetet.

Übersetzung
Von Christus, dem König sämtlicher
Wahrhaft würdig und recht ist, schicklich und heilsam, dass wir dir immer und überall Dank abstatten: Herr, heiliger Vater, allmächtiger ewiger Gott:
Der du deinen einziggezeugten Sohn, unseren Herrn Jesus Christus, ewigen Priester* und sämtlicher König, mit dem Öl des Jubels gesalbt hast**: damit er, sich selbst auf dem Altar des Kreuzes als makelloses und Frieden stiftendes Opfer darbringend, die Sakramente der menschlichen Erlösung vollende***: und, nachdem alle Geschöpfe seinem Befehl unterworfen sind, das ewige und allgemeine Reich deiner unermeßlichen Majestät übergebe****: das Reich der Wahrheit und des Lebens; das Reich der Heiligkeit und Gnade; das Reich der Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens.
Und siehe! mit den Engeln und Erzengeln, mit Thronen und Herrschaften und mit allen Streitern des himmlischen Heeres, singen wir den Hymnus deiner Herrlichkeit, ohne Ende sagend: Heilig …
* vgl. z.B. Hebr 5, 5-10
** Ps 45, 8
*** Konzil von Trient, 21. Sitzung, Kapitel 2 (DH 1740): „Er also, unser Gott und Herr, hatte ein einziges Mal sich selbst auf dem Altar des Kreuzes, den Tod erleidend, Gott Vater geopfert, damit er die ewige Erlösung bewirke“. Der Absatz setzt fort mit der Erläuterung, wie dieses Opfer im Altarssakrament vergegenwärtigt wird.
**** 1 Kor 15 27f.

Deutsches Messbuch
Christus als Priester und König
In Wahrheit ist es würdig und recht, dir, Herr, heiliger Vater, immer und überall zu danken.
Du hast deinen eingeborenen Sohn, unseren Herrn Jesus Christus, mit dem Öl der Freude gesalbt zum ewigen Priester und zum König der ganzen Schöpfung. Als makelloses Lamm und friedenstiftendes Opfer hat er sich dargebracht auf dem Altar des Kreuzes, um das Werk der Erlösung zu vollziehen. Wenn einst die ganze Schöpfung seiner Herrschaft unterworfen ist, wird er dir, seinem Vater, das ewige, alles umfassende Reich übergeben: das Reich der Wahrheit und des Lebens, das Reich der Heiligkeit und der Gnade, das Reich der Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens.
Durch ihn rühmen dich Himmel und Erde, Engel und Menschen und singen das Lob deiner Herrlichkeit: Heilig …

Schlussgebet
Immortalitátis alimóniam consecúti, quǽsumus, Dómine, ut, qui Christi Regis universórum gloriámur oboedíre mandátis, cum ipso in cælésti regno sine fine vívere valeámus.
Die markierten Stellen haben sich aus der alten Postcommunio ins neue Missale rübergerettet.

Übersetzung
Der Unsterblichkeit Nahrung erhalten habend, bitten wir, Herr, dass wir, die wir uns rühmen, Christi, des Königs sämtlicher, Geboten zu gehorchen, mit ihm im himmlischen Reich ohne Ende leben können.
Deutsches Messbuch
Allmächtiger Gott, du hast uns berufen, Christus, dem König der ganzen Schöpfung, zu dienen. Stärke uns durch diese Speise, die uns Unsterblichkeit verheißt, damit wir Anteil erhalten an seiner Herrschaft und am ewigen Leben.
Das DM verdreht das Gebet in so viele Richtungen, dass es schwierig sein wird, das auseinanderzudröseln.

Vergleich
  • der Unsterblichkeit Nahrung ⇒ diese Speise, die uns Unsterblichkeit verheißt
    Die Nahrung verheißt nicht, sondern ist bereits ein Unterpfand. Aber die erste Verdrehung erlaubt dem DM, das wichtige „Uns“ unterzubringen.
  • erhalten habend ⇒ stärke uns durch
    Das Original beschreibt in der Einleitung die Situation der Betenden, nämlich nach der Kommunion. Das DM verdreht in eine Bitte, und zwar so, als ob aus der Stärkung ein „Anteil erhalten“ resultierte. Das Original sieht da andere Voraussetzungen.
  • bitten wir, Herr ⇒ allmächtiger Gott
  • die wir uns rühmen ⇒ du hast uns berufen
    Es ist was ganz anderes, ob Gott uns für eine bestimmte Aufgabe berufen hat (und unklar ist, wie weit dem nachgekommen wird), oder ob wir tun, was Gott vorsieht, und stolz darauf sind.
  • Christi Geboten zu gehorchen ⇒ Christus zu dienen
    Es ist unklar, was das „Dienen“, zu dem das DM sich berufen fühlt, meinen sollen, weil es ständig für alles möglich gebraucht wird. „Den Geboten gehorchen“ ist ganz klar – und wohl etwas, das dem DM nicht recht über die Zunge will. 
  • des Königs sämtlicher ⇒ dem König der ganzen Schöpfung
    Hier ist es doch einigermaßen korrekt; kein Weltall.
  • dass wir mit ihm ohne Ende leben können ⇒ damit wir Anteil erhalten am ewigen Leben
    Im Original die eigentliche Bitte, im DM eine Folge der erbetenen „Stärkung“.
    Auch drückt sich das DM ziemlich geschwollen aus, während das Original sehr schlicht und verständlich „mit ihm leben“ sagt.
    Das sine fine wird im DM ein Standard-„ewig“.
    Das „können“ des Original ist ein „Wert sein, verdienen“, das im DM ganz unterschlagen wird.
  • im himmlischen Reich ⇒ [Anteil erhalten] an seiner Herrschaft
    Oben wurde das Gehorchen gestrichen, und hier wird ein Anteil der Herrschaft erbeten? Das DM zielt aber ganz schön hoch hinaus, dafür dass es nur den Minimaleinsatz eines unbestimmten „Dienens“ leisten will.

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