Dienstag, 5. November 2019

Innozenz III.: Mysterien der Eucharistie erklärt (11)

Fortsetzung von hier

Lesung 
„Die Epistel, dem Evangelium vorangehend, bezeichnet das Amt des Vorläufers, welches vor Christo Johannes verwaltete, der ‚vor dem Angesicht des Herrn voranging, Seine Wege zu bereiten;’* wie er selbst bezeugte: ‚Ich bin die Stimme eines Rufenden in der Wüste: bereitet dem Herrn den Weg!’** Johannes war also gewissermaßen Subdiakon, Unterdiener, desjenigen, der von Sich Selbst sagt: ‚Ich bin nicht gekommen, Mir dienen zu lassen, sondern zu dienen.’*** Das Gesetz, gewissermaßen als Zuchtmeister das Volk Gottes aus den Händen Mosis in seine Obhut empfangend, lehrte der Ankunft desjenigen harren, welchen Johannes eben diesem, zu reiferen Jahren herangewachsenen Volk mit Mund und Finger zeigte, dass es Seiner Führung folge zum Himmelreich. ‚Siehe’, sagte er, ‚das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde hinwegnimmt.’**** Denn wie der Schatten dem Licht, so ging dem Evangelio das Gesetz voran, die Rute dem Geist, die Furcht der Liebe, der Anfang der Vollendung, das Gebot des Herrschenden dem Rat des Liebenden. ‚Denn das Gesetz ist durch Mosen gegeben worden, die Gnade und Wahrheit aber durch Christum.’*5 Die Epistel ist die Stimme des Gesetzes, welches seine Unzulänglichkeit durch Johannis Zeugnis selbst ankündigt, und auf die Vollkommenheit in dem Evangelium hinweiset, da er spricht: ‚Der ist derjenige, von dem ich zu euch geredet habe; der vor mir war und nach mir gekommen ist, und dessen Schuhriemem zu lösen ich nicht würdig bin. Ich muss abnehmen, Er aber muss wachsen.’*6 … ‚Denn das Gesetz führt niemanden zur Vollkommenheit.’*7 Das ist der Grund, warum den Diakon, der das Evangelium liest, sowohl der Subdiakon als der Akolyth begleiten, weil der Predigt Johannis nur wenige folgten, die Predigt des Evangeliums hingegen ihrer mehrere annahmen. Deswegen ist zu lesen, die Schüler hätten zu Johannes gesagt: ‚Rabbi, siehe, derjenige, der mit dir jenseit des Jordans war, und von dem du ein Zeugnis gegeben, der tauft, und viele kommen zu ihm.’*8 ‚Wie daher Jesus vernahm, dass die Pharisäer gehört hätten, Er selbst gewinne mehr Schüler als Johannes, verließ er Judäa.’*9
Weil aber Johannes die Scheidelinie zwischen den Vorangegangenen und den Nachfolgenden war, und zwischen den Propheten und den Aposteln in der Mitte steht (‚Das Gesetz und die Propheten gingen bis auf Johannes, und von ihm wird das Himmelreich verkündet, und jeder tut demselben Gewalt an’*10), deswegen wird die Epistel weder immerdar aus den Propheten, noch immerdar aus den Aposteln gelesen, sondern bisweilen aus dem Alten, bisweilen aus dem Neuen Testament genommen. Denn Johannes, dessen Stimme durch die Epistel vertreten wird, verkündete mit den Alten den kommenden Christus vorher (‚der nach mir kommt, war vor mir’*11) und zeigte mit den Neueren den gegenwärtigen Christus (‚siehe das Lamm Gottes, welches der Welt Sünde trägt’*12) Das griechische Wort Epistel heißt aber auf deutsch Sendschreiben oder Botschaft, welche Bennennung zu den apostolischen Briefen ganz trefflich paßt, da sie Botschaften über das Evangelium hinaus sind und häufiger gelesen werden.“
* Lk 1, 76
** Joh 1, 23
*** Mt 20, 28; Mk 10, 45
**** Joh 1, 29
*5 Joh 1, 17
*6 Joh 1, 30.27 plus Joh 3, 30
*7 Röm 3, 20; Gal 3, 11
*8 Joh 3, 26
*9 Joh 4, 1.3
*10 Lk 16, 16
*11 Joh 1, 15
*12 Joh 1, 29

„Dass aber nach gelesener Epistel der Subdiakon mit dem Akolythen vor den Priester hintritt, deutet darauf, dass Johannes, da er in den Banden von Christi Werken hörte, zwei seiner Jünger zu ihm sandte und ihm sagen ließ: ‚Bist Du der, der da kommen soll, oder müssen wir auf einen anderen warten?’* Da sie aber an den gesehenen Wundern erkennen sollten, Christus sei schon gekommen, antwortete ihnen Jesus: ‚Geht und berichtet Johannes, was ihr gehört und gesehen habt: Blinde sehen, Lahme gehen; Aussätzige werden rein und Taube hören; Tote stehen auf und Armen wird das Evangelium verkündet.’** Und weil ‚die Rechte des Herrn große Dinge getan hat’*** Da aber jene aus den geschehenen Wundern erkennen mochten, das sei derjenige, welchen der Meister angekündet habe: ‚der nach mir kommt, ist vor mir gewesen, dem ich nicht würdig bin die Schuhriemen aufzulösen’,**** so beugt sich der Subdiakon vor dem Papst zu dessen Füßen und küßt seine Schuhe; der Priester aber segnet den Subdiakon, weil Christus den Johannes anpries, da Er sagte: ‚Was seid ihr ausgegangen in die Wüste zu sehen? Einen Propheten? Ja, Ich sage euch, mehr als einen Propheten. Wahrlich, Ich sage euch unter allen, die von Weibern geboren sind, ist kein Größerer aufgestanden als Johannes der Täufer.’*5 Der Subdiakon tritt also am Ende, der Diakon aber am Anfang des Lesestücks vor den Priester und verneigt sich vor ihm, weil das Gesetz in Christo sein Ende erreichte, das Evangelium aber in Ihm seinen Anfang nahm. Denn das Gesetz und die Propheten gehen bis auf Johannes, das Evangelium und die Apostel beginnen von Johannes an.*6“
* Mt 11, 2f.
** Mt 11, 4f.
*** Ps 118, 16
**** Joh 1, 30 plus Joh 1, 27
*5 Mt 11, 9.11
*6 vgl. Lk 16, 16

Graduale
„Weil Johannes Buße predigte: - ‚Tut Buße, das Himmelreich ist herangenaht’* und abermals: ‚Tragt würdige Früchte der Buße’** - beginnt angemessener Weise nach der Epistel das Staffelgebet [Graduale, Stufengebet], welches die Klagen der Buße bezeichnet. Darum wird es in den Pfingsttagen aus dem Officium weggenommen, weil jene Tage den glücklichen Zustand der Kirche in dem künftigen Reich Gottes vorbilden, wenn die Tenne Christi durch die Worfschaufel, welche in Seinen Händen sich befindet, gereinigt und der Weizen in die Scheune ewiger Seligkeit gesammelt sein wird***. Es wird Stufengebet genannt von den Stufen der Demut, als demjenigen angemessen, welcher von Tugend zu Tugend noch nicht sich erhoben hat, sondern, annoch im Tränental weilend, doch in seinem Herzen hinanzusteigen sich anschickt.Zweckmäßig darum handeln diejenigen, welche das Stufengebet nicht in festlicher und melodischer Weise singen, sondern als bei einem ernsten und rauhen Gesang, mehr eine einfache Klageweise annehmen. Man kann auch die Wechselstimmen, welche Stufengebet genannt werden, auf die Berufung der Apostel beziehen, wo Christus ruft: ‚Folgt mir nach’, und sie nicht bloß mit dem Wort, sondern durch die Tat antworten, weil sie „alles verließen und Ihm folgten.’**** Und deswegen wird das Stufengebet g e s u n g e n, weil die Apostel Christo nach der Predigt des Johannes folgten, wie Johannes, der Evangelist, schreibt: ‚Johannes stund mit zweien seiner Jünger und sah Jesum vorüberwandeln und sagte: Siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt. Diese Rede hörten zwei seiner Jünger und folgten Jesu. Es war aber Andreas, Simon Petri Bruder, einer der zwei, welche von Johannes gehört hatten und Ihm folgten.’*5 Dieser sang das Stufengebet, als er seinen Bruder Simon fand und ihm sagte: ‚Wir haben den Messias gefunden, welcher verdolmetscht wird Christus, und führte ihn zu Jesu.’*6 Auch Philippus sang das Stufengebet, als er den Nathanael fand und zu ihm sprach: ‚Wir haben Jesum, den Sohn Josephs, in Nazareth gefunden, komm und sieh!’*7“
* Mt 3, 2
** Mt 3, 8
*** Mt 3, 12; Lk 3, 17
**** Lk 5, 11
*5 Joh 1, 35-40
* 6 Joh 1, 41f.
*7 Joh 1, 45

Fortsetzung hier

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen