"Die Zeit ist vorbei, dass wir neutestamentliche Texte verkünden, die in einer kleinen Evangelistengruppe vorbereitet wurden", teilte der vielbeaufgabte Reinhard Marx über das katholische Fachmagazin Alte Zöpfe mit (FAZ-Interview).
Es gelte nicht zu jammern, sondern die Qualität der Caritas neu auszurichten: "Unsere Einrichtungen müssen nicht nur die kirchlichsten sein, sondern vor allem die besten."
Ehrlich gesagt hatte ich beim ersten Aufregen das "nur" überlesen, wohl auch weil das eher meinen persönlichen (d.h. in ihrer Objektivität stark eingeschränkten, aber dafür um so eindeutigeren) Erfahrungen entspricht.
Nähhhhmlich *jammermode* traf ich zum Beispiel bei der diesferienlichen RWK (für Außerossis: guckstu hier) auf die Erzieherinnen des gemeindlichen "katholischen" Horts, die Exempel des "Erziehung nützt nichts - die Kinder machen doch alles nach" statuierten. Unter scharfen Sanktionsdrohungen wurde das Schwätzen der Kinder während der Gruppenarbeit unterbunden, was die Damen jedoch nicht davon abhielt, selbst ein Pläuschchen zu halten, während andere sprachen. In einer Zentralveranstaltung ("Wallfahrt") wurde aufwendig ein Theaterstück inszeniert, dessen Moral "Worte können verletzen" weniger tiefsinnig als in den Wind gesprochen war, wie sich unmittelbar nach Aufführungsende vor der Türe zeigt, als die Jungs über einen kognitiv und motorisch eingeschränkten Teilnehmer übelst spotteten - im trauten Kreise mit einigen Betreuern als Wortführer. */jammermode*
Zwar war den Betreuern in der Vorbereitung aufgegeben worden, man wolle "so miteinander umgehen, dass die Liebe Gottes durchscheine", erreicht aber wurde letztlich bei bekanntem Tun-Reden-Zusammenhang (Wasser-/Wein-Problem) --- ja, was eigentlich?
Kirchlicher als andere Veranstaltungen war die Aktion nicht, aber möglicherweise besser? Ob die Kinder effizienter diszipliniert wurden oder nachhaltiger ihren Platz in der Hackordnung (wann man kuschen muss und wen man verspotten darf) kennenlernten als in "weltlichen" Ferienmaßnahmen vermag ich nicht zu beurteilen. Auch wenn Herr Marx möglicherweise mit dem Ablauf genau so zufrieden wäre wie der örtliche Pfarrer, schleicht sich bei mir das ungute Gefühl der Vergeblichkeit solchen Tuns ein.
Zugute halten muss man natürlich den Verantwortlichen, dass in der Diaspora kaum kirchlich orientiertes Personal zur Verfügung steht und man also mit den Leuten, die vor Kurzem noch den realsozialistischen Nachwuchs herangezogen hat, arbeitet. Oder wie der hiesige Alt-Bischof gesagt haben soll: "Ich muss halt mit den Ochsen pflügen, die ich habe".
Was es aber bringen soll, eine kirchliche Präsenz in der Öffentlichkeit um jeden Preis aufrechtzuerhalten, die nur dem Namen nach christlich ist, erschließt sich mir nicht.
Die von Herrn Marx erwartete Folge, dass "Menschen kommen und sagen: Starke Truppe, da will ich dazugehören, da gehe ich mit." -- sehe ich noch nicht unmittelbar eintreten.
Und da kommen wir gleich zum Eingangszitat zurück. Marx: "Wir müssen das Schweigen angesichts des Scheiterns überwinden, selbst Jesus hat schon über Scheitern und Scheidung gesprochen". Jesus spricht über das Scheitern: "Kehrt um und glaubt an das Evangelium" und "Geh und sündige nicht mehr"; über die Scheidung aber "Wer seine Frau entlässt, obwohl kein Fall von Unzucht vorliegt, und eine andere heiratet, der begeht Ehebruch". Daraus folgert(?) Marx einen Bedarf nach "Formen der Anerkennung einer solchen neuen Bindung".
Wenn es nicht ein von einer kleinen Expertenrunde verfasstes lehramtliches Schreiben, mit dem Herr Marx nichts mehr am Hut haben will, wäre, würde ihm die Lektüre von Gal 1,6f möglicherweise weiterhelfen.
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